Rezension: Christian Schwetz, mails & love – ein wienerisch-verwirrendes Lesevergnügen

Quelle: ARAVELL Verlag / Covergestaltung: Paul Jaeg

Auf ein spannendes Abenteuer hat sich der österreichische Autor Christian Schwetz, der sich nach einigen literarischen Ausflügen in den 1980er Jahren für den Beruf des Steuerberaters entschieden hat und erst seit 2008 publiziert, mit seinem Roman „mails & love“ eingelassen: Er setzt mit seinem E-Mail-Roman die Tradition des Briefromans mit modernen Mitteln fort. Dabei entführt er den Leser in die chaotisch-verwirrende Gedankenwelt des frisch getrennten Protagonisten F.

F. steckt nach seiner Scheidung in der schwierigen Phase der Neuorientierung, weil ihn Broterwerb, die Halbzeitvaterschaft und seine ersten literarischen Erfolge nicht wirklich erfüllen. Er verliebt sich in schneller Folge, teilweise sogar gleichzeitig, in verschiedene Frauen, bis er die eine trifft, die scheinbar zu ihm passen könnte. Allerdings sucht F. nicht wirklich nach einer neuen Beziehung, sondern genießt vielmehr das rasch wiederkehrende Gefühl des Verliebtseins, welches schnell wieder abflaut.

Christian Schwetz erzählt die Geschichte in Form von E-Mails, die er an eine zunächst mysteriöse M. schickt. Wer hinter dieser Abkürzung steckt, erfährt der Leser erst im Verlauf des Romans. Ergänzt wird der E-Mail-Verkehr durch Gedankensplitter, Ereignisse, die F. widerfahren, und Lyrik. Die einzelnen Textpassagen sind kurz und oft nicht zusammenhängend, was den Leser förmlich dazu aufruft, das Buch nach dem fortlaufenden Durchgang erneut in die Hand zu nehmen und einzelne Passagen mehrfach oder nur Teile dieses kaleidoskopartigen Romans zu lesen.

Experiment geglückt?

Weil die Handlung nicht fortlaufend, sondern nur facettenhaft erzählt wird, verlangt Christian Schwetz ein hohes Maß an Konzentration vom Leser. Insofern hat er mit seinem dritten Werk nach dem Kurzgeschichtenband „Zwischen Brot und Spiel“ sowie dem Roman „Traanbecks Ausnahmezustand“ eine interessante Herausforderung geschaffen.

Allerdings, und das ist der Wermutstropfen im Lesevergnügen, grenzt Schwetz, der eine gelungene Wortakrobatik betreibt, die Leserschaft im deutschsprachigen Raum sehr stark ein. Dass die lyrischen Elemente in „mails & love“ auf Wienerisch geschrieben sind, mag der Leser außerhalb des österreichisch-bayerischen Sprachraums noch verzeihen. Allerdings verwendet Schwetz ohne nähere Erklärung Wiener Lokalkolorit, der so manchen Leser verschrecken könnte. Beispielsweise spricht er von einer Lesung in der VHS Favoriten und meint damit die Bildungseinrichtung im zehnten Wiener Stadtbezirk. Dieses Hintergrundwissen kann Schwetz jedoch von einem Nicht-Wiener nicht erwarten – erst recht nicht von einem Nicht-Österreicher.

Christian Schwetz, mails & love
AROVELL Verlag, 1. Auflage Januar 2014
Link zu Amazon: http://amzn.to/1rzKoOz

Autor: Harry Sochor
www.wildere-welten.de