Gibt es einen ruhigeren Job als den einer Friedhofsgärtnerin auf dem Zentralfriedhof von Frankfurt am Main? Für Alice ist er genau richtig, und keiner der anderen Mitarbeiter ahnt, dass die ungelernte Hilfskraft Alice, die meist still und zurückhaltend daherkommt und sich für keine Arbeit zu schade ist, ein ganz anderes Leben hinter sich hat. Alice leitete früher erfolgreich eine Künstleragentur, bis sie dem Neid und der Missgunst einiger Kollegen zum Opfer fiel. Sogar Selbstmordgedanken hatte sie gehegt, bis der Hilfsjob auf dem Friedhof kam, der ihr wieder neuen Lebensmut gab – auch und gerade weil sie sich in der Mitte ihrer ausländischen Kollegen sehr wohl fühlt.
Kriegsgräber als Wendepunkt
Alles könnte also so schön sein, wäre da nicht der Kollege Kollbrand. Er wählt stramm rechts und die ausländischen Kollegen sind ihm ein Dorn im Auge. Seine Stunde schlägt, als Alice und ihre Kollegen sich freiwillig melden, um ein Ehrenmal für die Gefallenen der beiden Weltkriege wieder auf Vordermann zu bringen. Sie finden dort einige Haschischpflanzen, was Kollbrand zufällig mitbekommt. Er schwärzt die Kollegen bei der Verwaltung an. Der fristlosen Kündigung folgt eine Medienhetze. Doch während die anderen kämpfen, zieht Alice sich in ihr Schneckenhaus zurück, verlässt die Wohnung kaum noch und fällt wieder in ein schwarzes Loch. Schließlich hatte sie all das schon einmal erlebt. Erst ihr Vermieter, der ihr auch finanziell unter die Arme greift, schafft es, ihr wieder neuen Lebensmut zu geben. Schließlich arbeitet Alice wieder als Gärtnerin. Einer ihrer früheren Kollegen hat mittlerweile eine erfolgreiche Firma gegründet. Statt in den Gärten der Toten arbeitet Alice nun in den Gärten der Lebenden. Fast scheint dies am Ende des Buches ein Symbol dafür zu sein, wie Alice wieder ins Leben zurückfindet. Und Kollbrand? Er gewinnt am Ende deutlich weniger als erhofft und ist geschlagen.
Prädikat: Unbedingt lesenswert
Für mich ist „Die Friedhofsgärtnerin“ ein unbedingt lesenswertes Buch. Eingebettet in eine wunderbare Geschichte über Freundschaft, Solidarität und Lebensmut wird der Leser immer wieder dazu veranlasst, sich Gedanken über die Gesellschaft und die eigene Rolle darin zu machen. Dabei kommt das Buch von Monika Carbe nicht als moralinsaure Epistel mit erhobenem Zeigefinger daher, wie es bei deutschen Autoren sonst oft der Fall ist. Schmunzeln und Mitfiebern ist hier durchaus erlaubt, und wer sich ein wenig in Frankfurt auskennt, der wird sogar manche Schauplätze wiedererkennen.
Monika Carbe, Die Friedhofsgärtnerin
Größenwahn Verlag Frankfurt am Main, 2014
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Link zur Autorin: http://monika-carbe.de/
Autorin: Yvonne Giebels