Er kommt verspätet und wirkt gehetzt, und auch die Technik will nicht funktionieren. Buchmesse-Direktor Oliver Zille ist in der Bloggerlounge angekündigt für ein Gespräch mit den akkreditierten Bloggern. Aus dem Gespräch wird ein Monolog, gewürzt mit drei Zwischenfragen, gedrängt auf zwölf Minuten. Zu fremd sind sich beide Seiten. Aufschlussreich ist es dennoch.
„Ich habe großen Respekt vor der Arbeit der Blogger, vor allen, die versuchen, den großen Literaturmarkt mit jährlich 80.000 Titeln zu vermitteln.“ Guter Einstieg, doch es lohnt sich, genauer hinzuhören. „Unser Job als Messe ist es, die Vermittlung von Literatur zu organisieren. Es war an der Zeit, den Bloggern auf der Buchmesse einen eigenen Arbeitsort einzurichten und ihre Arbeit für Leser und Verlage sichtbar zu machen. Wir stellen die Lounge als neutrale Plattform hin, und jeder Verlag hat ganz individuelle Strategien, wie er mit Bloggern zusammenarbeitet. Und ja, es ist erstmal ein Experiment. Sagen Sie uns als Blogger, was Sie brauchen.“
An anderer Stelle spricht Zille davon, es gehe um neue Wege, „wie wir bestimmte Botschaften oder bestimmte Inhalte an die Öffentlichkeit bringen“. Dafür sei die Aktion Bloggerpaten „ein probates Mittel“. Eine Vorlage für heftige Reaktionen, so wie für den Bloggerpaten Thomas Hummitzsch auf seiner Seite intellectures.de, wo er rückblickend bitter resümiert, er habe sich „in naiver Pose kaufen lassen“.
Ich teile diese Einschätzung nicht. Ich halte es eher für naiv, für Blogger den Status einer geschützten Spezies zu reklamieren und die berechtigten wirtschaftlichen Interessen der Messe auszublenden. Es geht hier um eine Annäherung, ein Kennenlernen und Ausloten, wozu auch Irrwege und Missverständnisse auf beiden Seiten gehören. Ich gebe zu: Es ist nicht einfach, Oliver Zille auf den ersten Blick ins Herz zu schließen. Sein Herz für Blogger schlägt jedoch laut hörbar. Im eigenen Interesse sollten Literaturblogger, ob bisher auf der Buchmesse akkreditiert oder nicht, ihre Bedürfnisse äußern. Annäherung braucht Geduld. „Auch wir müssen noch lernen, bei Bloggern Strukturen und Qualitäten zu erkennen“, gesteht Oliver Zille ein. Selbst einen Preis der Leipziger Buchmesse für Literaturblogger habe man „scharf im Blick“. Sollte das nicht Ermutigung genug sein für einen offenen Dialog?
Privat liest Oliver Zille übrigens keine Blogs, um sich Anregungen für neue Lektüre zu holen. „Schenken Sie mir nie Bücher. Ich traue niemandem zu, meinen literarischen Geschmack einzuschätzen. Als Leser ist es mir komplett schnurz, was andere über Bücher denken. Ich lese lieber ein Buch als eine Rezension über ein Buch, denn Lebenszeit ist knapp.“
Foto Bloggerlounge: Detlef M. Plaisier