Gastkommentar: Mein jüdischer Abend auf der Leipziger Buchmesse 2015

Heute geht es ins Ariowitsch Haus, Zentrum jüdischer Kultur im Leipziger Waldstraßenviertel.

Um 19 Uhr beginnt die Lesung von Michael Degen. Er stellt seinen Roman „Der traurige Prinz“ vor.
Der Saal füllt sich, alle Plätze sind bereits besetzt. Michael Degen steht noch immer auf der Theaterbühne, und das mit 82 Jahren. Bemerkenswert. Schon die ersten Passagen machen Lust, weiter zuzuhören. Es ist spannend und dabei so bildhaft, dass man glauben könnte, man sei selbst bei der Begegnung von Michael Degen und Oskar Weber dabei. Die Lesung macht Lust auf mehr von diesem Buch.

20 Uhr. Die witzigste Stunde des Abends beginnt: Josef Joffe und Professor Hellmuth Karasek erzählen Witze.
Josef Joffe: Mach dich nicht so klein, du bist nicht so groß!
Hellmuth Karasek: Das find ich aber gar nicht komisch!
Der Saal ist brechend voll, selbst auf den Stufen zum Saal und am Rand der Bühne wird noch Platz genommen, damit auch alle hineinpassen. Zugegeben: Ich verstehe nicht viel von Witzen und meist muss man mir Witze auch erklären, aber hier war es einfach ein Erlebnis. Ich habe jeden Witz verstanden und musste, wie jeder andere auch im Saal, die ganze Stunde einfach nur herzhaft lachen. Ich hatte noch ein Buch zum Signieren dabei. Auch dafür fand sich nach der Lesung noch Zeit, und so bin ich nun stolz auf ein Autogramm von Professor Karasek.

Um 21 Uhr sollte die Lesung von André Herzberg beginnen. Sie verzögert sich um eine halbe Stunde. Angekündigt ist die Buchvorstellung „Alle Nähe fern“ mit Musikbegleitung. Der Saal hat sich nach Karasek, dem Zugpferd des Abends, leider schon etwas geleert. Herzbergs Buch erzählt die Familiengeschichte von drei Generationen vom Ersten Weltkrieg über Migration bis heute, von Fremdheit zwischen Vätern und Söhnen. Als es zur Musik übergeht, hören wir den Titel „Märchen der Freiheit“, vorgetragen von André Herzberg mit Gitarre und Mundharmonika. Hier muss ich leider sagen: Die Musik gefällt mir besser als der Text. Das liegt vielleicht daran, dass mich Herzbergs Geschichte nicht wirklich mitnimmt. Was bleibt, ist sein Satz „Musiker sind wie die Sonne. Sie gehen im Osten auf und im Westen unter.“

Vielen Dank für den Text an Sandra Gräfenstein!