Um sieben Uhr morgens ist nicht ihre Zeit. Um acht auch nicht. Um halb neun vielleicht. Aber um zehn ganz sicher. Dann beginnt nach Tee und Mailcheck die produktive Zeit von Karen Köhler. Jetzt, da sie nicht mehr im weitläufigen Atelier zwischen Leinwänden, Stoffen und Illustrationen arbeitet, steht der Laptop auf einem winzigen IKEA-Klapptisch in der Küche. So etwa bis um zwei reicht die Energie, ein Überbleibsel aus der Theaterzeit. In den Erholungsphasen wird gesurft. „In der Schreibzeit bin ich aber zuverlässig wie ein Handwerker“, beschwichtigt Karen Köhler. Nächtliche Schreibepisoden gibt es nur, wenn eine Deadline naht.
50 Lesungen seit Erscheinen ihres Debuts „Wir haben Raketen geangelt“ zwingen zu endlosen Bahnfahrten. Auch die wollen genutzt werden. „Aber Prosa im Zug geht nicht“, hat Karen Köhler festgestellt. „Ich brauche Raum um mich und die Möglichkeit, mich zu konzentrieren. Aber Dramatisches und Reden klappen ganz gut.“ Immerhin entstanden auf Reisen Fragmente zu einer Auftragsproduktion für das Nationaltheater Weimar und zu einer Erzählung für den SWR, die auf der Leipziger Buchmesse Premiere hatte.
Karen Köhler lebt in Hamburg. Ja, in St. Pauli. Sie liebt die Offenheit des Hafens, die bunte Mischung zwischen Alten, die hier seit ihrer Geburt leben, jungen Kreativen und jungen Familien. Dass die Menschen hier, wie in ihren Geschichten, eher ein vielseitiger denn ein geradliniger Lebenslauf kennzeichnet, findet Karen Köhler ganz normal: „Wer hat denn heute noch eine straighte Karriere? Das betrifft doch höchstens alle, die erst nach 11/9 jung waren.“
Zwei Fragen kann Karen Köhler nur noch schwer ertragen: Ob denn das alles autobiografisch sei und wann denn als nächstes Buch komme. Ihr Verlag Hanser hat diese Frage bisher nicht gestellt. Man lässt sie einfach in Ruhe. „Cool“, sagt Karen Köhler. „Ich liebe mein Rudel.“ Und signiert mit entwaffnendem Lächeln das letzte von 40 Büchern mit einer schwungvollen Rakete.