Der britische Bestseller-Autor Paul Pickering liefert in seinem fünften Roman alles, was man sich von einem unterhaltsamen Buch wünschen kann: Spannung, Liebe, Verrat, Gewalt, traumhafte Bilder und Absurdität, die zur Komik gereicht – und zur Verwirrung.
Ein Mann, eine Frau, ein Klavier und der Kongo
Im Kongo herrscht Bürgerkrieg. Nicht ganz unschuldig daran ist Lola, die „kongolesische Helena von Troja“, Frau des Generalmajors Xavier – auch genannt Chui, „der Leopard“ – und Geliebte von dessem Bruder. Mit ihren gerade mal 17 Jahren hat sie jedoch beide Beziehungen bereits hinter sich gelassen und verliebt sich nun in den Hauptcharakter des Buches: einen britischen Pianisten namens Smiles, welcher ihr freilich auch vom ersten Moment an verfällt. Dabei kam Smiles eigentlich nur in den Kongo, um dort seinem alten Freund und Lehrer Lyman Andrew zu begegnen und gemeinsam mit ihm ein Friedenskonzert zu geben. Dies wird dadurch erschwert, dass beide Pianisten für tot erklärt werden – sie seien einem Bombenanschlag im Konzertsaal zum Opfer gefallen – und sich Lyman Andrew im Dschungel versteckt. Kurzerhand wird der Plan gefasst, das Konzert dann eben im Urwald zu geben und im Radio zu übertragen. Man muss ja nur Smiles flussaufwärts kuttern – ihn und das Klavier: einen Konzertflügel aus dem 18. Jahrhundert. Mit an Bord ist natürlich auch Lola und während sie und Smiles auf den diversen Zwischenstopps der Reise turteln, heiraten und immer wieder flüchten (vor wem genau, ist nie ganz klar), liest Lolas kleiner Bruder Smiles‘ Briefe über seine Internatszeit in England und seine damalige Freundschaft mit Lyman Andrew…
Zwei Geschichten, eine Moral
Obwohl ich bis zum Schluss des Buches nicht wirklich schlau daraus werde, wer hier eigentlich gegen wen kämpft, genieße ich diese abenteuerliche und wundervoll bildhafte Reise durch den Kongo – man merkt, dass Pickering hier als Augenzeuge berichtet. Ich fiebere mit den beiden Protagonisten Lola und Smiles, die sich ganz offensichtlich in höchster Gefahr befinden, wenngleich auch hier nicht ganz klar ist, warum und wovon diese Gefahr ausgeht. Vieles in Pickerings Roman schert sich nicht um ein „Warum“ und ist dennoch nicht weniger real. Ich begegne menschlichen Abgründen und unfassbaren Gewaltakten, sowohl im Reich der Mosquitos und Krokodile, als auch an Smiles‘ noblem Freimaurer-Internat in England. Was sich dort abspielt bildet eine eigene Geschichte, die den Ereignissen im Kongo an Heftigkeit in nichts nachsteht. Die Moralität der Romanfiguren lässt sich nicht so einfach bestimmen wie deren Hautfarbe. Nicht einmal beim Hauptakteur Smiles, der neben Lola vor allem zwei Dinge liebt: Das Klavier und die Quitte seiner Mutter.
Mein Fazit
Pickering hat mir mit dieser turbulenten und abstrusen Erzählung mehr als ein Stirnrunzeln entlockt. Auch den Prolog verstand ich erst, als ich ihn als Epilog las. Kurzum: Das Buch war für mich ein Abenteuer – in jeder Hinsicht.
Paul Pickering, Die Frau des Leoparden
Bertelsmann, 2014
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Autorin der Rezension: Katja Weber