Rezension: Marina Gärtner, SPACES. Freie Kunsträume in Deutschland

Nach wie vor ist der Begriff Alternativkultur mit einem negativen Beigeschmack behaftet. Ein Grund dürfte darin liegen, dass sich die freie Kulturszene in der Vergangenheit meist an ein jüngeres Publikum richtete und oft aus dem Umfeld der Punks oder Hausbesetzer-Szene stammte. Dass sich in den vergangenen Jahren hier ein massiver Wandel vollzogen hat, beweist die Fotografin Marina Gärtner mit dem vorliegenden Buch.

© Marina Gärtner / Deutscher Kunstverlag
© Marina Gärtner / Deutscher Kunstverlag

Das bietet Spaces
„SPACES – Freie Kunsträume in Deutschland“ ist ein reiner Städteguide, in dem ausschließlich die freien Kunsträume der Republik dargestellt werden. Die Locations liegen mal in einem Keller, mal in einer privaten Wohnung oder haben in einem leerstehenden Gebäude ein Refugium gefunden. Marina Gärtner stellt diese freien Kunsträume kurz vor und markiert sie auf einem Stadtplan, sodass interessierte Besucher leicht den Weg finden.

Eine hervorragende Idee mit einem großen Aber
Grundsätzlich ist die Idee, freie Kunsträume zu präsentieren, hervorragend. Schließlich werden diese von offiziellen Stellen, Feuilletons und herkömmlichen Stadtführern meist nicht berücksichtigt, weil viele Locations nur Insidern bekannt sind.

© Marina Gärtner / Deutscher Kunstverlag
© Marina Gärtner / Deutscher Kunstverlag

Allerdings ist Marina Gärtner mit ihrem Vorhaben etwas überambitioniert ans Werk gegangen. Denn obwohl dieser Städteführer nahezu 400 Seiten umfasst, kann er nur einen groben Überblick über die freie Kunstszene in Deutschland bieten. So sind das Ruhrgebiet und Berlin aufgrund des großen Angebotes deutlich überrepräsentiert, während etwa aus ganz Bayern lediglich vier Locations in drei Städten vorgestellt werden. Alte Kulturstädte wie Regensburg, Passau oder Landsberg am Lech, wo sich eine freie Kunstszene schon seit den ausgehenden 1970ern etabliert hat, fehlen komplett.

Raum.Weisz in Leipzig. © Katarína Dubovská / Raum.Weisz, Leipzig“
Raum.Weisz in Leipzig. © Katarína Dubovská / Raum.Weisz, Leipzig

Eine bessere Lösung?
Für eine Folgeauflage von SPACES sollte über eine Regionalisierung des Kunstführers nachgedacht werden. In der aktuellen Form kann er lediglich die grobe Vielfalt des kulturellen Lebens und des Engagements in Deutschland wiedergeben. Dabei müssen fast zwangsläufig auch hochkarätige Einrichtungen auf der Strecke bleiben, weil der Führer ansonsten zu unhandlich und wohl auch in der Herstellung zu teuer wäre. In der vorliegenden Form ist SPACES in erster Linie also nur für Reisende, die ganz Deutschland bereisen wollen oder für Kulturschaffende auf der Suche nach Locations interessant. Der klassische Städtereisende jedoch möchte sich möglichst umfassend über das eigentliche Ziel und die nähere Umgebung informieren, während ihn der Rest der Republik eher nicht interessiert.

Mein Fazit
Inhaltlich lässt SPACES keine Wünsche offen. Marina Gärtner beschreibt die freien Kunsträume Deutschlands kurz und informativ, sodass der Leser einen guten Überblick bekommt und manche Anregung erhält. Allerdings erscheint das Konzept verbesserungswürdig, weil hier zahlreiche nennenswerte Kunsträume nicht berücksichtigt werden.

Marina Gärtner, SPACES. Freie Kunsträume in Deutschland
Deutscher Kunstverlag, 2015
Online bestellen: https://www.buchhandel.de/buch/Spaces-9783422073104
Autor der Rezension: Harry Pfliegl