Der französische Autor Jean-Baptiste Del Amo, Jahrgang 1981, wurde für seinen Debütroman „Die Erziehung“ 2009 mit dem „Prix Goncourt du Premier Roman“ ausgezeichnet.
Der Inhalt
Der Epilog schildert Sequenzen aus der Sicht einiger Figuren des Romans. Zu Armand, dem Mann, um den sich die Erinnerungen aller Personen in diesem Roman drehen, heißt es: „So ist es nun mal, die Lebenden verformen das Gedächtnis der Toten, nie sind sie weiter von ihrer Wahrheit entfernt.“ Wer ist also dieser Armand, der verstorbene Mann von Louise, die für ihre Kinder und deren Familien ein Essen ausrichten will, wirklich?
Armand wird jeweils aus den verschiedenen Perspektiven der Kinder und seiner Ehefrau geschildert, und von ihm wird gesagt: „Armand konnte nicht Vater sein…“ (S. 72). Geschildert werden all jene Dinge, die schon vielfach in der Literatur beschrieben wurden: Missachtung, psychische und physische Gewalt, Ignoranz und Abwesenheit. Der Autor vermag es jedoch nicht, die Figuren und das Zusammenleben mit ihrem Vater für mich so interessant werden zu lassen, dass mich ihr Schicksal wirklich berührte. Weder die drei Kinder und deren Angehörige noch Louise wecken mein Interesse. Oft erzählt Del Amo ein Ereignis aus den verschiedenen Perspektiven der handelnden Personen doch diese Wiederholungen waren für mich einfach nur langweilig. Ich hätte mir den Verzicht auf zu schnellen Perspektivwechsel gewünscht und dafür den Mut, sich auf eine Figur tiefer einzulassen.
Die Form
Der erste Teil, Nona, ist stringent komponiert. Die einzelnen (oft sehr kurzen) Kapitel sind mit dem Namen des jeweiligen Perspektivträgers versehen.
Im zweiten Teil, Decima, geht es wild durcheinander. Die Perspektiven springen, manchmal inmitten eines einzelnen Absatzes, zwischen verschiedenen Personen hin und her, was mich extrem gestört hat.
Während die Erzählzeit im ersten Teil fast durchgängig Präteritium ist, wechselt der Autor im Rest des Buches munter zwischen Perfekt, Präsens und Imperfekt. Manchmal wird ein Satz in der Vergangenheit begonnen und ohne ersichtlichen Grund im Präsens beendet. Ob dies ein Problem der Übersetzung ist?
Dem Lektorat/Korrektorat sind einige Mängel vorzuwerfen. Es finden sich Sätze wie: „Kurz nach der Geburt von Jonas‘ (der Apostroph ist hier völlig fehl am Platze) sind sie einmal zum Hafen hinuntergegangen waren, …“ (S. 90) oder als vorletzten Satz des Buches: „Sie scheint ihnen eigenartig stark und unverwüstlich vor.“ (S. 298). Solche groben Fehler darf es höchstens bei einem Erzeugnis aus dem Berg des Selfpublishingmülls geben.
Eigenwillig auch die Art, wörtliche Rede anzuzeigen. Es werden keine Anführungszeichen verwendet, sondern am Anfang der entsprechenden Zeile wird ein Bindestrich gesetzt.
Mein Fazit
Was die auf der Umschlagseite zitierte Huldigung von Julien Bisson „Auf halbem Weg zwischen Patrick Süskind und dem Marquis de Sade…“ mit dem Buch zu tun haben soll, hat sich mir nicht erschlossen. Auch der Ursprung des Buchtitels „Das Salz“ bleibt im Dunkeln.
Von mir gibt es nur eine sehr bedingte Leseempfehlung. Ich fand das Buch zähflüssig und wenig originell. Der sehr eigenwillige Umgang mit der deutschen Sprache hat mich mehr als einmal aus der ohnehin nicht sehr spannenden Handlung herauskatapultiert.
Jean-Baptiste Del Amo, Das Salz
Btb Verlag, München 2014
Online bestellen: https://www.buchhandel.de/buch/Das-Salz-9783442747566
Autorin der Rezension: Cornelia Lotter
www.autorin-cornelia-lotter.de