Rezension: Dagmara Dominczyk, Wir träumten jeden Sommer

Mit Schauspielern, die sich als Autoren ausprobieren, ist es ja oft so wie mit Sängern, die plötzlich große Kinohits produzieren wollen: Viel heiße Luft und jede Menge Selbstbeweihräucherung. Nun hat Dagmara Dominiczyk ihren Debütroman vorgelegt.

Zur Autorin
1976 in Polen geboren, emigrierte die Autorin im Alter von sieben mit ihrer Familie nach New York. Später studierte sie am renommierten Carnegie Mellon University Dramaturgie, spielte unter anderem am Broadway, bis sie schließlich 2001 eine kleinere Rolle in Rock Star erhielt. Es folgten weitere Auftritte in Kinsey und Running with Scissors. Heute lebt Dagmara Dominczyk mit ihrem Mann und zwei Kindern in New Jersey.

Quelle: www.suhrkamp.de
Quelle: www.suhrkamp.de

Die Sommer einer Jugend
Für Anna ist es wie ein Traum, als sie nach vielen Jahren endlich wieder ihren Heimatort wiedersehen kann. Nachdem ihre Familie aus politischen Gründen in die USA geflüchtet war, sieht sie 1989 endlich ihre Großeltern wieder und findet mit ihrem Exotenstatus als Mädchen aus Amerika sofort auch viele Freunde unter den Kindern in ihrem Ort. Sie kehrt im nächsten Jahr zurück und verbringt von nun an die Sommer gemeinsam mit ihren zwei besten Freundinnen, der schüchternen Kamila und der schönen Justyna, am See und in den Hügeln der Umgebung. Typische Mädchenthemen und Eifersucht adoleszente Eifersüchteleien kreisen stetig zwischen ihnen, bis der Sommer kommt, in dem Anna ihre Unschuld verliert. Sie wird von einem der Jungen aus der Gruppe vergewaltigt, traut sich aber nicht darüber zu reden. Daraufhin wendet Anna ihrer Heimat den Rücken zu.

Viele Jahre später steht das Leben der drei Freundinnen, die sich schon lange aus den Augen verloren haben, am Scheideweg: Anna ist eine berühmte Schauspielerin geworden. Sie versteckt sich vor ihrem Manager und vor allem dem Ende ihrer Beziehung. Nach dem schockierenden Geständnis ihres Ehemannes flüchtet Kamila zu ihren Eltern in die USA und Justyna sitzt mitten in der Nacht mit ihrem kleinen Sohn in dem Haus, in dem soeben ihr Mann von ihrem Schwager ermordet wurde. Können diese Schicksalsschläge die Freundinnen nach so langer Zeit wieder zusammenführen…

Frauenroman oder Entwicklungsroman?
Dagmara Dominczyk schreibt sicher und nüchtern sowohl über die Jugendepisoden der drei Protagonistinnen als auch über die Ereignisse in folgenden Jahren. Durch den stetigen Sprung zwischen den vergangenen Sommern in Polen und den aktuellen Geschehnissen schaffst sie es, die Handlung interessant und spannend zu halten. Sofort fallen die Verbindungen zur eigenen Biographie der Autorin ins Auge, womit besonders die Figur Anna sehr plastisch und lebensecht wirkt. Ihre beiden Freundinnen hingegen erstarren in ihren Stereotypen: Justyna als gefallene Schönheit, Kamilla als die pummelige und ewig graue Maus. Genau wie diese beiden Gegensätze steckt der Roman zwischen leichter Sommerlektüre und Coming of Age-Drama fest. Für ersteres ist der Roman zu ernst und für letzteres streift er die wichtigen Themen zu oberflächlich.

Mein Fazit
Ein sehr gelungenes Debüt, das meine Erwartungen übertroffen, aber leider zu viele interessante Aspekte der Geschichte übergangen hat. Der Roman hat bei mir kein wirkliches Echo hinterlassen, nachdem er wieder im Regal stand.

Dagmara Dominczyk, Wir träumten jeden Sommer
Insel Verlag, 2014
Dagmara Dominczyk in der Darian Library 2013 (englisches Original): https://www.youtube.com/watch?v=RxxKqrJ66ZU
Online bestellen: https://www.buchhandel.de/buch/Wir-traeumten-jeden-Sommer-9783458175940
Autorin der Rezension: Jasmin Beer