Nachdem Nina Blazon bereits großen Erfolg in der Fantasy-Literatur feierte, stellt sie nun ihren ersten Roman für ein erwachsenes Publikum vor, der beinahe ohne mythologische Gestalten auskommt.
Zur Autorin
1969 in Slowenien geboren, wuchs Nina Blazon in Bayern auf und studierte in Würzburg Germanistik und Slawistik. Nachdem sie bereits als Journalistin und Werbetexterin arbeitete, veröffentlichte sie 2003 ihren ersten Fantasy-Roman, den sie zu einer Reihe ausbaute. Knapp 30 Bücher hat sie bis heute geschrieben und erhielt unter anderem 2003 den Wolfgang-Hohlbein-Preis für fantastische Literatur sowie 2013 die „Kalbacher Klapperschlange“, ein Literaturpreis, der von einer Kinderjury vergeben wird. Nina Blazon lebt mit ihrer Familie in Baden-Württemberg.
Familien und andere Katastrophen
Was kann alles schief gehen, wenn man das erste Mal der Familie des neuen Freundes vorgestellt wird? Gäbe es in dieser Rubrik eine Katastrophenskala, Mo hätte eine volle 10 erreicht. Erst wird sie von ihrer eigenen Schwester vorgeführt, dann tötet sie den Kanarienvogel ihrer Schwiegereltern in spe. Und das sind nur zwei der traurigen Höhepunkte eines Nachmittags. Am Ende flieht die junge Fotografin vor dem Chaos mit dem Wagen ihres nun Ex-Freundes Leon und hat dessen eigensinnige Großmutter Aino gleich mit im Gepäck. Die beiden haben eines gemeinsam: Sie wollen weg und Aino hat auch schon einen Plan. Mit einigen Schwierigkeiten und vielen Streitereien begeben sich die ungleichen Frauen in auf die Spuren von Ainos Vergangenheit. Immer dabei: Ein mysteriöser Karton, der die Geheimnisse um Mos Kindheit birgt.
Durch die Linse
Wem vertrauen wir unsere Geheimnisse an und welche behalten wir ganz für uns? Diese Frage zieht sich durch das ganze Buch und Nina Blazon achtet sehr darauf, keine ihrer Figuren zu schnell zu entblättern. Im Mittelpunkt stehen die beiden auf ihre jeweils eigene Art und Weise eigenwilligen Frauen Mo und Aino. Die besondere Fähigkeit der jungen Mo besteht darin, hinter die zurechtgemachte Fassade von Familienbildern zu blicken. So wird der gesamte Roman aus ihrem Blickwinkel erzählt, während sie sich bemüht, hinter die Vergangenheit Ainos zu kommen. Dabei deckt sie aber ihre eigene Geschichte nur häppchenweise für den Leser auf, ebenso wie die alte Finnin ihre Beweggründe und die Geschehnisse in Helsinki während des Zweiten Weltkriegs nur ungern preisgibt.
Mein Fazit
Nina Blazon verwebt mit viel Feingefühl Familiendrama mit finnischer Geschichte und hat immer wieder ein Ass im Ärmel, wenn der Leser alle Geheimnisse entschlüsselt zu haben glaubt. Zugegeben: Der etwas kitschige Einband des Romans hat mich zu Beginn doch etwas abgeschreckt. Doch zwischen den Buchdeckeln steckt ein fesselnder Roman mit vielschichtigen Figuren und spannenden Wendungen. Nina Blazon zeigt, dass sie mehr als Fantasy kann.
Nina Blazon, Liebten wir
Ullstein, 2015
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Autorin der Rezension: Jasmin Beer