Die „Lesemesse“ präsentiert sich auf einer Fläche etwa so groß wie eine Etage in der Leipziger Spinnerei. Wir sind auf der Messe Dresden. Dies ist die sächsische Landeshauptstadt. „Einen Blick hinter die Kulissen eines Verlages, einer Buchbinderei, Druckerei oder anderer Gewerke“ zu eröffnen, ist der Anspruch der Veranstalter. Versprochen wird der „Charme einer qualitativ hochwertigen Verkaufsausstellung“ mit dem „Anreiz, sich mit Literaturschaffenden intensiv zu beschäftigen, Bücher hautnah zu erleben und vielleicht auch selbst sein eigenes Schriftgut zu kreieren“. Das wird eingelöst mit Lesungen, Autoren zum „Anfassen“ und Mitmachaktionen für die ganze Familie. Und so wäre der Vergleich mit der Leipziger Buchmesse auch nicht angebracht. Ich treffe drei Aussteller mit ganz unterschiedlicher Motivation, die auf der schriftgut den Kontakt zu ihrem Zielpublikum suchen.
[Alle Fotos: Detlef M. Plaisier]
„Ich bin besessen.“ Walter Staufenbiel gesteht es freimütig. Seine Leidenschaft sind Miniaturbücher. Rund 13.000 Schätze mit einem Buchblock von maximal 10 cm im Quadrat füllen jede Ecke seiner DDR-Neubauwohnung in Dresden aus, dazu gibt es noch Leporellos und Werbehefte. Als Walter Staufenbiel Ende der 1970er Jahre zu sammeln begann, war er fasziniert von der handwerklichen Präzision der Minibücher mit Fadenheftung. So griff er überall zu und versäumte es, sich zu spezialisieren. „Erotik war damals besonders begehrt“, erinnert sich Walter Staufenbiel schmunzelnd. „Und heute laufen alle an der Mutzenbacher vorbei.“ Nach mehreren Jahrzehnten gibt es immer noch Begehrlichkeiten, etwa die internen Minibücher des Ministeriums für Staatssicherheit. Natürlich gibt es auch einen Sammlerverein, dessen Vorsitzender Staufenbiel seit 2010 ist: Der „Sammlerkreis Miniaturbuch“ zählt bundesweit rund 90 Mitglieder, Durchschnittsalter 69 Jahre, Verjüngung nicht absehbar. Und auch um die Zukunft von Staufenbiels Sammlung ist es schlecht bestellt: Töchter und Enkel winken ab, Gemeinden und Museen haben kein Budget. „Um in einem Museumskeller zu verstauben, sind die Kleinode zu schade“. Möge der Stoßseufzer erhört werden.
„Sie ist ein ziemlicher Wildfang und liebt das freie Leben. Mit ihrer Schönheit und Leichtigkeit verdreht sie den Männern reihenweise den Kopf. Auch der Sergeant Don José erliegt ihrem Charme…“. Kennen Sie? Kurz nachgedacht… Genau: Das ist Bizets „Carmen“. Den frechen Text mit passenden Illustrationen hat sich Petra Sprenger von der Dresdner Werbeagentur Kampagner ausgedacht und im Westentaschenformat veröffentlicht. 64 vergnügliche Seiten mit angenehmer Haptik und Fadenheftung gibt’s zum Einführungspreis von 7,90 Euro. „Der Freischütz“ und „Turandot“ komplettieren das bisherige Trio, sieben weitere populäre Opern stehen bis Ende 2016 auf dem Plan. Die Reihe heißt „Opern einfach erklärt“, richtet sich an Einsteiger und Liebhaber von 8 bis 80 und vereint erstmals Graphic Novel mit augenzwinkernder Musikpädagogik. Europas größtes Opernmagazin „Der Opernfreund“ zeigt sich von der Newcomerin begeistert. Ich werde jetzt „Carmen“ neu kennenlernen und freue mich auf „Die Zauberflöte.“
„MitteDeutschland – Das Mehrgenerationen Brettspiel“. Was etwas sperrig klingt, ist eine pfiffige Projektidee mit fünf Jahren Entwicklungszeit in der Leipziger Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK). Dahinter steckt ein traditionelles Brettspiel, das mit allen Sinnen die Region Mitteldeutschland vorstellt. Die Regeln sind bewusst an bekannte Spielvarianten angelehnt: Jeder Mitspieler würfelt sich mit seiner Spielfigur aus Holz (Elisabeth von Thüringen, August der Starke, Luther oder Goethe) durch Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen und beantwortet Wissensfragen in vier Kategorien (Technik, Geschichte, Kultur, Natur). Als Ergänzung muss bei einigen Fragen gezeichnet, geraten, gepfiffen, gebrummt oder geschätzt werden. In der Premium-Edition mit zusätzlichen Fragekarten vermittelt ein Begleitbuch außerdem Infos zu den erwürfelten Stationen. Ideengeber Prof. Rüdiger Ulrich (HTWK, im Foto rechts): „Preisgekrönte Spiele des Jahres sind schnell vergessen. Wir haben Inhalte entwickelt, die zeitlos sind.“ Das Entwicklerteam an der HTWK tüftelt an zusätzlichen thematischen Frageeditonen, etwa über Wein und Eisenbahngeschichte. „MitteDeutschland“ ist auf Messen und über die Internetseite erhältlich.