COMPACT-Magazin auf der Buchmesse: „Da haben wir keine Wahl“

Cb5Yj05UAAARZ-2UPDATE 09. März 2016: In einem Offenen Brief haben sich zwischenzeitlich verschiedene Organisationen und Politiker dafür ausgesprochen, „Compact“ von der Buchmesse auszuladen. Seit seiner Gründung vor fünf Jahren verbreite das Magazin „völkisch-nationalistische, verschwörungsideologische und homophobe Hetze“, heißt es in dem Schreiben. Unterzeichnet haben unter anderem das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“, die Kulturfabrik Werk 2, der Verein Rosa Linde, die Politiker Monika Lazar (Bündnis 90/Grüne), Juliane Nagel (Linke), Katharina Schenk (SPD) und der ehemalige Thomaskirchen-Pfarrer a.D. Christian Wolff. Auch wenn es keine rechtliche Handhabe gibt, halte ich dies für ein wichtiges Signal und habe den Aufruf mit unterzeichnet. Der volle Wortlaut steht unter www.nocompact.de

Im Untertitel nennt es sich „Magazin für Souveränität“. Die Auflage stieg nach eigenen Angaben in den letzten 12 Monaten von 33.000 auf 80.000 Exemplare, und allein im Jahr 2016 wurden über 2.000 neue Abonnenten gewonnen. Die Rede ist vom COMPACT-Magazin, dem „erfolgreichsten Monatsmagazin der letzten Jahre“ (Selbstdarstellung). Dahinter steht mit Jürgen Elsässer als Chefredakteur einer der schärfsten Kritiker der „Diktatur Merkel“. Die Urteile über Elsässer sind breit gefächert: Sie reichen von Bewunderung für seinen scharfen Intellekt bis zur Verehrung für das Festhalten an deutsch-konservativen Tugenden. Andere führen Elsässers Nähe zu Pegida-Führer Lutz Bachmann und zur AfD sowie seinen Auftritt bei der Leipziger LEGIDA-Kundgebung vom Januar 2015 ins Feld. Zu den Geschehnissen in der Kölner Silvesternacht twitterte Elsässer: „Merkels Invasoren machen Jagd auf Frauen“.  Elsässer polarisiert, und er taugt zum Feindbild, nicht nur, wenn er wie in Leipzig behauptet: „Mein Herz schlägt heute noch links“. COMPACT berichtet am 23. februar 2016, dass Elsässers privates Umfeld ausgespäht worden sei. Seine Wohnung, so COMPACT, wurde überwacht und anschließend von Personen belagert, „die nicht in friedlicher Absicht gekommen waren“. Dies sei allerdings kein Grund zur Sorge: „Dazu ist seine COMPACT-Security zu stark.“

Auf der Leipziger Buchmesse 2016 wird das COMPACT-Magazin wieder mit einem Stand vertreten sein, „noch größer“, wie compact-online stolz verkündet. Es sind zwei Veranstaltungen vorgesehen, beide mit Beginn um 17 Uhr, was die Vermutung nahelegt, dass so die Aufmerksamkeit potentieller politischer Gegner reduziert werden soll. Ich habe Julia Lücke, Pressesprecherin der Leipziger Buchmesse, gefragt, warum die Leipziger Messe dem COMPACT-Magazin eine Plattform bietet. Die Antwort ist eindeutig und für mich ernüchternd:

„Wir haben ein Warenverzeichnis. Wer dem entspricht und nicht verfassungsfeindlich auftritt, der muss als Aussteller zugelassen werden. Da haben wir keine Wahl.“

Quelle: www.bpd.de
Quelle: www.bpd.de

Ich lese nach. In den Anmeldeunterlagen für die LBM heißt es:

„Der Veranstalter führt keinerlei Zensur durch. Unzulässig ist die Ausstellung solcher Werke, deren Herstellung, Verbreitung und Einfuhr durch Gerichte der Bundesrepublik Deutschland verboten ist oder bei Vorliegen entsprechender ausländischer Gerichtsentscheidungen, wenn diese durch Gerichte der Bundesrepublik Deutschland für vollstreckbar erklärt sind. Für von der Ausstellung ausgeschlossene Werke darf auch nicht geworben werden…“

Eine politische Meinung zu äußern, so Julia Lücke weiter, sei natürlich über die ausgestellten Publikationen erlaubt. Nur wer auf dem Index stehe, dürfe nicht ausstellen. Dass Jürgen Elsässer in Leipzig auf der LEGIDA-Kundgebung als Privatmann aufgetreten sei, aber nicht als Vertreter des COMPACT-Magazins, mache rechtlich einen Unterschied aus. Im übrigen werde es während der Buchmessetage vereinzelte Sichtkontrollen an den Ständen der Aussteller geben, ob die ausgestellten Werke verfassungskonform seien.