Rezension: Anthony Phelps, Wer hat Guy und Jacques Colin verraten?

Durch das Werk von Anthony Phelps zieht sich wie ein roter Faden die Titelfrage: Wer hat Guy und Jacques Colin verraten? In seinem Werk gibt der Autor einen eindrucksvollen Einblick in das Leben auf Haiti unter der Diktatur von Papa Doc, der die Bevölkerung mit seiner Todesschwadron tontons macoute von 1957 bis 1971 in Angst und Schrecken versetzte.

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Der Inhalt
Wie jeden Tag begibt sich Claude, der Erzähler, schon morgens auf seinen Balkon, wo er den Tag verbringt. Im Schutz seines Muskatnussbaums, der vor neugierigen Blicken schützt, beobachtet Claude die Umgebung und die gesellschaftlichen Veränderungen auf Haiti. Im Lauf der Erzählung vermischt sich die Realität mit den Erinnerungen und Träumen des Protagonisten. Immer wieder fragt er sich, wer es wohl gewesen sein mochte, der Guy und Jacques Colin an die Schergen des Diktators verraten haben mochte.

Ein einfaches und doch raffiniertes Verwirrspiel
Der Autor bedient sich einer einfachen, leicht zugänglichen Sprache und Erzählstruktur, um ein kriminalistisches Verwirrspiel vom Feinsten zu erschaffen. Ebenso, wie die Grenzen zwischen Realität und Traum, zwischen Vergangenheit und Gegenwart verschwimmen, so wechseln auch die Rollen von Täter und Opfer mehrfach.

Ein Werk mit persönlichem Touch
Wer sich als Leser einlässt, spürt in jeder Zeile, dass Anthony Phelps selbst in die Geschichte verwoben ist. Als Gegner des Duvalier-Regimes wurde er inhaftiert und hatte im Jahr 1964 die Chance, Haiti zu verlassen. Wie in allen anderen Werken steht auch in „Wer hat Guy und Jaques Colin verraten?“ die große Frage nach dem Widerspruch zwischen Menschenwürde und Widerstand im Vordergrund.

Mein Fazit: Zu Recht ein moderner Klassiker der Weltliteratur. Eine Erzählung, die unter die Haut geht.

Anthony Phelps, Wer hat Guy und Jacques Colin verraten?
Aus dem Französischen von Ingeborg Schmutte
literadukt Literatureditionen, Trier 2016
Autor der Rezension: Harry Pfliegl