Vorab: Ich verabscheue es, mich für meinen Glauben rechtfertigen zu müssen. Und ich werde ihn auch nicht erklären. Er gehört zu mir, und ich erwarte, dass Menschen in meinem Umfeld dies akzeptieren.
Im vergangenen Jahr durfte ich zum 500jährigen Reformationsjubiläum eine Bibelausstellung im Gemeindehaus der Rhauderfehner Hoffnungskirche kuratieren. Mir wurde klar: Dieses Thema betrifft mich über das Feierjahr hinaus. In diesem Jahr, zu 500+1, stand der Gottedienst unter dem Motto „Reformationstag feiern?“. Ja, mit Fragezeichen. Der Anlass lag auf der Hand: Erstmals war der Reformationstag in diesem Jahr auch in Niedersachsen Feiertag. Was steht hinter dieser Entscheidung? Hätte es geeignetere Tage gegeben?
Zu einem kleinen Gedankenaustausch im Rahmen des Gottesdienstes hatte die Kirchengemeinde die Regionalpolitiker Johanne Modder, Ulf Thiele und Geert Müller eingeladen. Bei allen trennenden politischen Grundeinstellungen wurde schnell klar: Hinter dem Reformationstag als zusätzlichem Feiertag stehen alle, trotz gangbarer Alternativen wie dem Tag der Verfassung, dem Europatag, dem Tag der Menschenrechte oder dem Buß- und Bettag. „Ein Tag, an dem man sich reiben kann und der dauerhaft zur Diskussion anregt“, meinte Ulf Thiele. Johanne Modder rief zur Einkehr auf, „was die Reformation mit uns gemacht hat.“
Nachdenklicher äußerte sich Rhauderfehns Bürgermeister Geert Müller. Man müsse den Sinn des Reformationstages sicher noch lange erklären, so seine Einschätzung, „weil viele Menschen eben recht einfach denken“. Sein Wunsch sei es, immer das Verbindende zwischen den Menschen und den Religionen zu erkennen: „Wenn wir im Geist von Matthäus 7,12 leben, entsteht ein christliches Schneeballsystem, und das hilft uns allen.“
Und der Gottesdienst? Ostfriesland ist anders im Glauben. Rhauderfehn auch. Und die Hoffnungskirche erst recht. Ohne Soli Deo Gloria (wie es zum Beispiel in Ihren auf der Orgel in der Kapelle der Evangelisch-freikirchlichen Gemeinde Westoverledingen steht und wie Johann Sebastian Bach jede seiner Kompositionen zeichnete), ohne „Eine feste Burg ist unser Gott“, ohne Talare fehlt mir etwas an diesem Tag. Ich kann mich mit Gospel und modernen Kirchenliedern nur schwer anfreunden zu so einem festlichen Anlass – trotz meiner Worte zur Eröffnung der Bibelausstellung im vergangenen Jahr:
„Kern des Wortes „Reformation“ ist Reform.
Reform – das geht immer nach vorne.
Reform, das muss nicht gleich so eine Revolution bedeuten wie bei Luther. Reform kann auch heißen: Jeder schaue in sich hinein, was er in seinem Umfeld ändern kann, schon länger ändern wollte, wozu ihm bislang der Mut fehlte.“