Ist es eine kurze Geschichte der deutschen Sprache? Ist es eine Abhandlung, warum die Sprache im Wandel ist oder zwangsläufig sein muss, um den Anschluss an die Moderne nicht zu verlieren? Oder ist es eine Generalabrechnung mit dem Deutschunterricht, der Schülern mit Tonnen von Arbeitsblättern die Lust und Leidenschaft für ihre Muttersprache nimmt, bevor sie diese überhaupt entwickeln können? Bei „Bin ich denn der Einzigste hier, wo Deutsch kann“ handelt es sich wohl um eine Art Experiment, eine gelungene Mischung aus allem.
Darum geht es in „Bin ich denn der Einzige hier, wo deutsch kann?“
Der Autor erteilt allen Kulturpessimisten, die den Niedergang der Sprache und den damit einher gehenden Untergang des Abendlandes vermutlich schon seit den Zeiten der Weimarer Klassik beklagen, eine klare Absage. Er schildert in 40 anschaulichen Kapiteln die Entwicklung der Sprache von der fruchtbringenden Gesellschaft bis in die jüngste Vergangenheit. Dabei konzentriert er sich im Wesentlichen auf zwei Aspekte, nämlich die Versuche, die deutsche Sprache in ein Regelwerk zu bringen und die Einflüsse aus anderen Sprachen. Handelte es sich dabei bis ins ausgehende 19. Jahrhundert hinein um das Französische, beeinflussten im 20. Jahrhundert Englisch, in späteren Jahrzehnten auch Russisch und Türkisch die deutsche Sprache.
Dem Leser wird schnell klar: Der gelernte Journalist, Autor und Ghostwriter Andreas Hock beschäftigt sich tiefgreifend mit Sprache und schöpft aus fundiertem Hintergrundwissen. Selbiges präsentiert er in einem locker-flockigen, mit einem humoristischen Unterton versehenen Plauderton, gespickt mit bitterbösen Pointen. Dabei braucht der einstige Parteisprecher und Chefredakteur in seinen besten Passagen den Vergleich mit den Größen des bitterbösen Humors gewiss nicht zu scheuen. Nicht umsonst steuerte der Literaturpapst Hellmuth Karasek ein begeistertes Vorwort bei. Abgerundet wird „Bin ich denn der Einzigste hier, der wo Deutsch kann“ von einer Liste an nicht mehr verwendeten Worten und schlägt vor, wie sie sich in die aktuelle Jugendsprache einfügen ließen.
Was schade ist
Andreas Hock gelingt es, eine kurze und knackige Geschichte der deutschen Sprache witzig zu erzählen. Er streut reichlich Kritik an linguistischen Lachnummern wie dem Bahn-Sprech, dem Kevinismus, dem Abkürzungswahnsinn oder der Rechtschreibreform, die nach seiner Meinung eher für eine babylonische Verwirrung als für mehr Klarheit gesorgt hat. Auch der herkömmliche Deutschunterricht, der für viele Schüler mit zu den langweiligsten Fächern überhaupt gehört, kommt nicht ungeschoren davon. Was mir fehlt: Ein ausführliches Gedankenspiel des Autors, wie er denn den Unterricht aufbauen würde, um die Schüler mit seiner offensichtlichen Leidenschaft für die Sprache anzustecken, würde das Buch gelungen abrunden. Zumindest lässt Hock entsprechende Ideen ansatzweise durchblicken. Statt Klassikern wie „Iphigenie auf Tauris“ würde er beispielsweise lieber Karl May oder Disney-Comics in den Übersetzungen von Erika Fuchs in den Lehrplan integrieren. Gute Idee!
Mein Fazit
„Bin ich denn der Einzigste hier, wo Deutsch kann“ ist ein rundum gelungener Streifzug durch die deutsche Sprache und regt zum Nachdenken über den eigenen – oft allzu flapsigen – Umgang mit Sprache an. Wer bissigen Humor mit Niveau mag, wird an dem Buch seinen Spaß haben.
Andreas Hock, Bin ich denn der Einzigste hier wo Deutsch kann
Riva Verlag, 2014
Link zum Autor: http://www.andreas-hock.de/neues.html
Online hier bestellen: https://www.buchhandel.de/buch/Bin-ich-denn-der-Einzigste-hier-wo-Deuts-9783868834437
Autor: Harry Pfliegl