„Was tun, wenn einem die Werkzeuge, die man fürs Leben braucht, nicht in die Wiege gelegt werden? Wohin kann die Reise dann gehen und wird sie zwangsläufig in einer Irrfahrt münden? Die Erzählung „Vaterliebe – Eine Reise in die Vergangenheit“ ist mein Versuch, diese Fragen zu beantworten…“ (Mel Wolfen)
Der Klappentext des Autors gibt einige Rätsel auf. Ist es ein Buch über das Leben eines Versagers? Oder eine Art Roadmovie über die Irrwege eines Orientierungslosen? Leider erklärt der Text nicht genauer, was den Leser erwartet. Denn die Geschichte, die Mel Wolfen erzählt, ist lesenswert.
Die Reise, die darin angedeutet wird, ist nicht nur ein Ausflug in die Vergangenheit. Es ist hauptsächlich eine Reise in die Gefühlswelt von Max Engel, dessen Leben aus der Ich-Perspektive erzählt wird. Die Geschichte beginnt an dem Tag, an dem er sich nach jahrelangem Zögern mit seinem Vater trifft. In einer längeren Rückblende erfährt der Leser, wie es zu dieser Entfremdung kam. Max verbrachte eine trostlose Kindheit bei seiner alleinerziehenden Mutter und deren wechselnden Lebensgefährten. Danach folgten Alkohol- und Drogensucht und die mühsame Suche nach einem Platz in der Gesellschaft. All das wird in einer knappen und anschaulichen Sprache erzählt, die glücklicherweise nicht in den Sozialkitsch abgleitet.
Den meisten Raum in dieser Novelle nimmt das Fehlen des leiblichen Vaters ein. Als Mutter einer Tochter kann ich die Beziehung zwischen Vater und Sohn nur erahnen. Mel Wolfen gelingt es jedoch, mir diese Gefühlswelt näherzubringen. Mit klaren, manchmal auch poetischen Worten schildert er Max Engels‘ Suche nach seinen Wurzeln und den Schmerz über das Fehlen der Vaterfigur. Schade ist nur, dass es der Autor bei so wenigen Seiten bewenden ließ (wenn man Vorwort, Impressum, Anmerkungen und Danksagung weglässt, bleiben 162 Seiten Text). Ich hätte gern mehr über Max Engels‘ bewegtes Leben erfahren.
Mel Wolfen, Vaterliebe – Eine Reise in die Vergangenheit
MM Felis Self Publishing, 2014
Autorin: Petra Gugel