Heute habe ich „Oll Willm“ kennengelernt

Natürlich nicht im wirklichen Leben, sondern im Text meines Vaters. Er war ein ostfriesischer Einsiedler, der allen Annehmlichkeiten des Lebens entsagte und in einer Moorkate lebte. Erst in seinen letzten Lebenstagen, in den 1960er Jahren, zog er in ein festes Haus, schlief aber weiter nicht im Bett. Sein Großneffe hat auf seinem Blog einige wunderbare Fotos von ihm veröffentlicht.

Was essen wir an Heiligabend?

Morgen ist Heiligabend. Da geht es wieder um die Frage: Was essen wir? Viele bevorzugen Kartoffelsalat mit Würstchen und essen erst die beiden folgenden Tage Fleisch. So auch die Familie aus der Weihnachtsgeschichte, die von Christa Stumpe in Plattdeutsch verfasst wurde. Einige von euch kennen Christa aus dem Bürgerbüro in Westrhauderfehn und als Plattdeutsch-Beauftragte. Danke für das Lächeln, Christa!

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern frohe, ruhige und gesegnete Festtage!

„Eeen, twee, dree is ’t al weer Wiehnachten, wo de Tied docht henflügggt”, Anna kricht Tassen up Tafel. „In de Ladens stahnt de Weihnachtsmannen al lang weer up de Boorden un wachten. Un waar wi nett bi Wiehnachten bünd, wat will wi denn dit Jahr to Heilig Avend eten, wat meenst du, Vader?” De Ogen van Hein, de al dicht wassen, gahnt en Gliev weer open. Hein brummt: „Tuffelsalat mit Würstchen!” „Och nee, dat harr wi vergangen Jahr.” „En Haas?” „Nee, de is mi nich so good bekomen un mit al de Schrootkugels daar in, dat was mi gaar nix to.” „Denn maak Rolladen un nu laat mi slapen!”

Hier geht’s weiter:
https://www.dropbox.com/s/xzono0wkoksromf/Tuffelsalat%20mit%20W%C3%BCrstchen%20Christa%20Stumpe.docx?dl=0

Ich wage mich an die ersten handschriftlichen Notizen

Ich wage mich an die ersten handschriftlichen Notizen meines Vaters.

„Meine Eltern stammten beide aus kinderreichen Familien. Meine Onkel und Tanten habe ich nicht alle kennengelernt, aber wenn mich mein Gedächtnis nicht im Stich lässt, müssen es 16 an der Zahl gewesen sein.“

Ja, das stimmt. Mein Großvater hatte fünf Geschwister, meine Großmutter derer elf. Zwei Kinder meiner Großmutter fallen mir besonders auf:

Ich bin am 17. November geboren. Margarethe Harms wurde am 18. November 1891 geboren und starb im Januar 1893, gerade mal ein Jahr alt. Folkert Harms wurde am 19. November 1893 geboren. Er fiel im Juli 1915 als Soldat in Russland.

„Abends zogen die Fliegerverbände von Westen ins Landesinnere…“

„Abends zogen die #Fliegerverbände von Westen kommend ins Landesinnere. Man konnte genau ausmachen, wann sie ihr Ziel erreicht hatten. Sie warfen dann zur Markierung „Tannenbäume“ ab. Dies waren bunt flimmernde kleine Gebilde, die der Form nach wie kleine hell beleuchtete Tannenbäume aussahen. Diesen Zielpunkt musste das Führungsflugzeug jedes Verbandes durch den Abwurf den nachfolgenden Bombern anzeigen. Da immer mehrere Verbände zu einem Großverband zusammengefasst das Ziel anflogen, sah man auch viele leuchtende Markierungen. Erhielt das Führungsflugzeug vor Erreichen des Zieles einen Volltreffer der #Flugabwehr und stürzte ab, so war der folgende Verband praktisch ohne Orientierung. In vielen Fällen wurde dann die Bombenlast ohne Zielpeilung planlos abgeworfen. Das konnte dann auch für Bereiche außerhalb der eigentlichen Angriffszone gefährlich werden…“.

„Auf dem Bahnsteig drängten sich Flüchtlinge aus Schlesien…“

„Am Tag der Heimreise fuhr ich abends mit einem Güterzug nach Frankfurt/Oder. Eine andere Verbindung mit einem Personenzug bestand mit viel Glück erst wieder am kommenden Tag. Der Bahnbeamte hatte Mitleid und verfrachtete mich in einen Waggon. Es war bitter kalt. Draußen zeigte das Thermometer minus 25 Grad, die Wagentemperatur lag kaum darüber. Aber drinnen verspürte ich wenigstens nicht den eisigen Ostwind.
In Frankfurt/Oder herrschte das blanke Chaos. Auf den Bahnsteigen drängten sich Flüchtlinge aus Schlesien und Ostpreußen, dazwischen Einheiten der Wehrmacht, die auf den Weitertransport an die Front warteten. Alle Züge waren reserviert. Ich stand einsam und verlassen in der Nacht und hoffte auf eine Möglichkeit, weiter nach Berlin zu gelangen…“

Meine Familie und die NS-Zeit

Ich hatte angekündigt, dass der Text schreckliche Neuigkeiten über meine Familie birgt. Ich will es nicht selbst erzählen, sondern meinen Vater sprechen lassen:

„Wir wendeten auf unserer Wiese am Schwalenberg gerade das Heu, als ein Auto anhielt und Kreisleiter Buscher aus Aschendorf ausstieg. Er kam auf meine Eltern zu und begrüßte sie. da ich mich am anderen Ende der Wiese aufhielt, konnte ich den Beginn des Gespräches nicht hören. Als ich näher kam, hörte ich Folgendes:

Der Ortsgruppenleiter der NSDAP, Robben, war zur #Wehrmacht eingezogen worden. Nun müsse diese Aufgabe ein anderer übernehmen. Ich übertrage Ihnen, Herr Plaisier, dieses Amt mit sofortiger Wirkung. Ihre Frau übernimmt das Amt der Frauenschaft . Heute muss jeder Deutsche seine Pflicht erfüllen.“

Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit, die ich nie zuvor geahnt habe.