Rezension: Anne Enright, Rosaleens Fest

Dass ein klassischer Familienroman unter die Haut geht und gleichzeitig locker erzählt wird, beweist Anne Enright mit „Rosaleens Fest“. Die irische Autorin präsentiert ihre Geschichte aus dem Blickwinkel von zwei Jahrzehnten und gibt dabei einen intensiven Einblick in das oft schwierige Verhältnis zwischen Müttern und ihren Kindern.

www.randomhouse.de
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Die Mutter? Funktioniert!
Hauptfigur des Romans ist die Mutter Rosaleen. Der Vater spielt keine allzu große Rolle. Rosaleen hat vier Kinder geboren, zwei Mädchen und zwei Jungen, entwickelt aber zu keinem der Kinder eine wirklich intime Beziehung. Vielmehr bleibt sie bis ins hohe Alter unnahbar.

Der Roman beginnt 1980, als die jüngste Tochter Hanna zwölf Jahre alt ist. Sie muss des Öfteren Schmerzmittel für die Mutter besorgen. Der Grund: Dan, der älteste Bruder, will Priester werden. Diesen Plan verwirklicht er dann nicht – noch schlimmer: Er erlebt in der Schwulenszene New Yorks sein Coming-out. Den schwierigen Weg bis zur Offenbarung zeichnet Anne Enright gnadenlos nach. Beispielsweise schafft Dan es nicht, das Krankenhaus zu besuchen, in dem seine große Liebe im Sterben liegt: Klischee AIDS. Und auch die anderen Kinder Rosaleens kommen nicht problemlos durchs Leben. So entwickelt Hanna ein massives Alkoholproblem, nachdem sie es geschafft hat, Schauspielerin zu werden. Emmet, der als Entwicklungshelfer arbeitet, endet emotional völlig abgestumpft. Einzig der Schwester Constanze scheint eine glückliche Familie vergönnt zu sein.

Die Eskalation zum Weihnachtsfest
Unaufhaltsam und gezielt steuert Anne Enright die Geschichte auf das Weihnachtsfest 2005 zu. Rosaleen offenbart der Familie, dass sie das Haus verkaufen will. Sie fühlt sich einsam und von den Kindern verlassen, sodass der Verkauf aus ihrer Sicht eher ein Akt der Rache ist. Die Autorin führt die verschiedenen Figuren des Romans zunächst geschickt durch das Leben, bevor es zur letzten weihnachtlichen Zusammenkunft kommt. Zum Fest haben alle die Chance, ein zweites Mal ins Leben aufzubrechen. Damit zeichnet sich gegen Ende von Rosaleens Fest ein zarter Hoffnungsschimmer vor der düsteren Atmosphäre ab.

Mein Fazit
Rosaleens Fest ist ein gelungener und unterhaltsamer Familienroman, pointiert und mitfühlend – auch wenn mir einige Szenen zu sehr zu Herzen gehen.

Anne Enright, Rosaleens Fest
DVA, 2015
Online bestellen: https://www.buchhandel.de/buch/Rosaleens-Fest-9783421047007
Autor der Rezension: Harry Pfliegl

Rezension zu Falk Stirkat: Ich kam, sah und intubierte

Der Beruf des Notarztes zählt nicht zu den Top 10 der Wunschberufe junger Menschen. Der Alltag ist stressig, und im Einsatz können Bruchteile von Sekunden über Leben und Tod entscheiden. Jeder Handgriff muss sitzen, auch wenn der Notarzt im Vorfeld oft nicht weiß, unter welchen Bedingungen er arbeiten muss. Einblicke in den Alltag eines Notarztes gibt Falk Stirkat in seinem Buch „Ich kam, sah und intubierte“.

Quelle: www.schwarzkopf-verlag.net
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Zwischen Irrsinn und Wahnsinn
Falk Stirkat, selbst Mediziner und Leiter einer Notfallstation, schildert die Einsätze thematisch geordnet. Dadurch kann er auf medizinische Details verzichten und die Situationen in den Vordergrund stellen. Diese sind oft komisch, oft hektisch und manchmal auch tragisch. Beispielsweise das Schicksal eines jungen Paares, das in seinem Auto verbrennt, weil der Motor plötzlich Feuer fängt. Oder das Drama der jungen Mutter, die zusammen mit ihrem Kind bei einem Verkehrsunfall stirbt, was der zugedröhnte Unfallverursacher sogar noch komisch findet. In allen Fällen verzichtet der Autor auf unnötigen Voyeurismus oder übertriebenes Fachchinesisch, was das Buch auch für den medizinischen Laien sehr gut lesbar macht.

Ein gutes Buch mit Schwächen
Weil Falk Stirkat den erzählerischen Aspekt in den Vordergrund stellt, lässt sich das Buch zügig lesen. Durch den Verzicht auf unnötige Details lässt sich erahnen, welche Einsätze auch das Rettungsteam emotional berührten. Schwächen offenbaren sich jedoch in einzelnen Details, die über weite Strecken nicht stören. So wirkt der handelnde Notarzt gelegentlich etwas arrogant, was unter dem psychischen Druck eines Notfalleinsatzes aber durchaus verzeihlich ist und bis zu einem gewissen Grad auch erwartet wird. Lediglich das letzte Kapitel, in dem Stirkat die Erfahrungen als Reisearzt schildert, der Patienten zurück nach Deutschland begleitet, wirkt im Vergleich zu den vorhergehenden Kapiteln etwas lieblos.

Was mich ernsthaft stört, ist der mehrfache Hinweis auf die Gefahren des Rauchens, verbunden mit einem Appell an den Leser, das Rauchen aufzugeben. Die Art der Darstellung lässt vermuten, dass der Autor – wenngleich er vielleicht ein hervorragender Notfallmediziner sein mag – wenig bis keine Erfahrung mit Suchterkrankungen hat. Die Schilderung eines Einsatzes mit Lungenmaschine, verbunden mit dem Hinweis, dass dies das offensichtliche Schicksal eines jeden Rauchers ist, wird Nikotinsüchtige ebenso wenig vom Rauchen abhalten können wie die plakativen Warnhinweise auf Zigarettenschachteln.

Mein Fazit
Insgesamt ist „Ich kam, sah und intubierte“ ein empfehlenswertes und spannend geschriebenes Buch. Der Unterhaltungswert ist allerdings eher zwiespältig zu betrachten. Schließlich geht es um menschliche Tragödien, die nur allzu oft tödlich enden.

Falk Stirkat: Ich kam, sah und intubierte
Schwarzkopf & Schwarzkopf 2015
Verlagsvideo zum Buch: https://vimeo.com/130856690
Online bestellen: https://www.buchhandel.de/buch/Ich-kam-sah-und-intubierte-9783862654963
Autor der Rezension: Harry Pfliegl

Rezension: Sabine Rennefanz, Die Mutter meiner Mutter

Mit dem Satz „Ich habe etwas über deinen Großvater herausgefunden…“ leitet die Journalistin Sabine Rennefanz eine autobiographisch angehauchte Reise in eine persönliche Vergangenheit ein. Die Geschichte einer Familie hat sich bereits kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zugetragen. Jedoch sind die Folgen bis ins 21. Jahrhundert hinein zu spüren, wenngleich sie sich oft nicht artikulieren lassen.

Quelle: www.randomhouse.de
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Der Vergangenheit auf der Spur
Die Hauptfigur des Romans ist Großmutter Anna. Sie musste im Alter von 14 Jahren mit ihrer ungeliebten Stiefmutter und drei Brüdern aus der polnischen Heimat in den Westen flüchten. Die historische Patchworkfamilie nahm in Kosakendorf, einem Flecken in der späteren DDR, Zuflucht. Anna fand eine Anstellung als Magd auf einem Bauernhof. Ihr Leben änderte sich schlagartig, als 1949 der 20 Jahre ältere Friedrich Stein aus der sowjetischen Gefangenschaft zurückkehrt. Er hatte zuvor auf dem Hof gearbeitet. Anna jedoch meidet den Mann, weil sie Angst vor seinen traurig wirkenden Augen hat. Trotzdem wird sie gezwungen, ihr Leben an seiner Seite zu verbringen: Er überfällt sie eines Nachts und vergewaltigt Anna, woraufhin diese schwanger wird. Die Dorfbevölkerung, die Anna Zeit ihres Lebens fremd sein wird, zwingt sie zur Heirat. Sie fügt sich und gebiert drei Töchter, vor denen sie ihr düsteres Geheimnis in jedem Fall verbergen möchte.

Das Knäuel wird entwirrt
Sabine Rennefanz erzählt die Familiengeschichte in der Ich-Perspektive aus der Sicht der Enkelin. Das wirkt in einigen Passagen etwas verwirrend, weil die Geschehnisse aus unterschiedlichen Zeiten oft parallel und in einer Rückblende geschildert werden. Die Autorin bedient sich in ihrer Erzählung jedoch eines sachlich neutralen, fast schon emotionsbefreiten Stils. Das wiederum bewirkt, dass die eigentliche Tragödie und deren Folgen umso eindrucksvoller erscheinen.

Fazit
Sabine Rennefanz ist ein grandioses Werk über die Folgen des verheerenden Krieges in Europa gelungen, die vermutlich in allzu vielen Familien bis in die Gegenwart hinein totgeschwiegen werden. Für manchen Leser kann das Werk Anregung sein, sich auf die Suche nach der eigenen Vergangenheit zu machen. Wer jedoch einige Bruchstücke aus der Kriegsgeschichte der Großeltern kennt, die schreckliche Ereignisse vermuten lassen, entscheidet sich vielleicht eher dazu, endgültig mit der Vergangenheit abzuschließen. Wer Mut gefasst hat, dem sei die Trilogie zu Kriegskindern und Kriegsenkeln von Sabine Bode als Einstieg empfohlen.

Sabine Rennefanz, Die Mutter meiner Mutter
Luchterhand, 2015
Online bestellen: https://www.buchhandel.de/buch/Die-Mutter-meiner-Mutter-9783630874548
Autoren der Rezension: Harry Pfliegl / Detlef M. Plaisier

Rezension zu Oliver Kuhn: Alles, was man wissen muss in 140 Zeichen

Die Bemühungen, das aktuelle Wissen der Menschheit kurz und prägnant zu präsentieren, sind vermutlich noch älter als die schriftliche Form der Wissensübermittlung. Und die Gier nach Allgemeinbildung scheint im Zuge von Erfolgssendungen wie „Wer wird Millionär?“ sogar noch gestiegen zu sein. Diesen Anspruch überträgt Oliver Kuhn mit seinem Werk „Alles, was man wissen muss in 140 Zeichen“ auf eine erfrischende Weise in die Gegenwart. Darauf weist auch der Untertitel „Umfassende Allgemeinbildung in Twitter-Länge“ hin, weil in diesem Kurznachrichtendienst maximal Posts mit einer Länge von 140 Zeichen verschickt werden können.

Quelle: www.m-vg.de
Quelle: www.m-vg.de

Von Pontius bis Pilatus und noch viel weiter
Oliver Kuhn präsentiert in seinem Buch kurze Informationshäppchen über die Geschichte der Menschheit, die hellen und dunklen Kapitel der vergangenen 2.000 Jahre und kulturelle Errungenschaften des Menschen. Dabei erhebt der Autor nicht den Anspruch, den Leser selbst umfassend informieren zu wollen. Vielmehr will er seinem Gegenüber Anregungen geben, den persönlichen Wissensschatz in Eigenregie zu erweitern. Dabei fällt wohltuend auf, dass Oliver Kuhn sich vom Kanon der europäischen Geschichtsschreibung entfernt und beispielsweise auch die Wiege der Menschheit oder die Neue Welt mit ihrer Vorgeschichte in eigenen Kapiteln würdigt.

Der Stil: Kurz und prägnant
Der Autor präsentiert seine Informationshäppchen gemäß der Absicht, Wissen in 140 Zeichen präsentieren zu wollen, eher im Stil von Schlagzeilen. Das mag zwar zunächst etwas gewöhnungsbedürftig erscheinen, regt den Leser aber dennoch dazu an, sich tiefergehend mit dem einen oder anderen Thema des Buches auseinanderzusetzen. Kuhn ergänzt seine Häppchen durch einführende Vorworte zu den einzelnen Kapiteln. Dadurch wird es dem Leser erleichtert, den Inhalt in einen größeren Zusammenhang einzuordnen, sich weitergehend zu informieren oder – bei Desinteresse – das jeweilige Kapitel zu ignorieren.

Mein Fazit
Mit „Alles, was man wissen muss in 140 Zeichen“ ist Oliver Kuhn eine amüsante Parodie auf die angeblich notwendige, breit gefächerte Allgemeinbildung gelungen. Es macht Spaß, immer wieder in dem Werk zu schmökern und die eine oder andere Information weitergehend zu recherchieren. So entstand ein kurzweiliges Werk für Leser, die ihr Allgemeinwissen testen oder erweitern wollen.

Oliver Kuhn: Alles, was man wissen muss in 140 Zeichen
riva Verlag, 2015
Online bestellen: https://www.buchhandel.de/buch/Alles-was-man-wissen-muss-in-140-Zeichen-9783868837049
Autor der Rezension: Harry Pfliegl

Rezension: Boris Fishman, Der Biograf von Brooklyn

Ist es ein Schelmenroman? Oder vielleicht ein Sittengemälde über das New York des 21. Jahrhunderts? Oder vielleicht doch eine Neuinterpretation des American Dream? All das mag man in Boris Fishmans Debüt auf der großen literarischen Bühne hineininterpretieren. Doch im Grunde macht er nur eines: eine mit Komik und skurrilen Situationen gespickte Geschichte mit einem Schuss Realität zu garnieren, sodass der Leser nur ungern das Wort ENDE am Schluss liest.

Quelle: www.randomhouse.de
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Wie aus einem Loser ein Betrüger wird
Eigentlich ist Slava Gelman ein kompletter Loser: Trotz aller Bemühungen schafft er es nicht, aus dem Nachwuchs-Pool der Zeitschrift Century in den erlesenen Kreis der Stammautoren aufzusteigen. Und auch der Kontakt zur Familie im jüdisch geprägten Teil Brooklyns beschränkt sich auf ein Minimum, sodass Slava Gelman auch keine allzu erfüllte Freizeit hat. Das ändert sich erst, als seine Großmutter Sofia stirbt. Bedauerlicherweise hat just ein paar Tage zuvor die Konferenz für jüdische Schadensersatzansprüche gegen Deutschland die Familie angeschrieben. Die Kommission will herausfinden, ob Sofia möglicherweise eine Entschädigung für die Zeit des Nationalsozialismus zusteht. Und weil der Enkel ja schließlich so etwas wie ein Schriftsteller ist, bittet Slavas Großvater ihn darum, die Geschichte der jüdischen Familie aufzuschreiben, um eine Entschädigung zu erhalten.

Slavas Brief ist zwar herzzerreißend und erregt Mitleid, entspricht aber in keiner Weise den Tatsachen. In den folgenden Tagen kann sich Slava vor Anfragen aus der Bekanntschaft – allesamt russische Juden – nicht mehr retten. Doch dann droht der Schwindel aufzufliegen. Slava entschließt sich zu einer Lüge, welche die vorherigen Unwahrheiten relativiert, jedoch sein Leben aus den Fugen geraten lässt.

Ein Feuerwerk an skurrilen Situationen
Boris Fishman gibt in seinem ersten Roman einen facettenreichen Einblick in den von russischstämmigen Juden geprägten New Yorker Stadtteil Brooklyn. Dabei bedient der Autor auch so manche klischeehafte Vorstellung, jedoch stets mit einem Augenzwinkern. Damit wird das Lesen über die kleinen Tricksereien, die das Leben etwas einfacher machen, zu einem Vergnügen. Der Leser erhält so einen heiter-leichten Zugang zu einem dunklen Kapitel der jüngeren Geschichte.

Fazit
Mit „Der Biograf von Brooklyn“ präsentiert der Autor das zentrale Thema, die Verfolgung der Juden durch Nazis und Stalinisten, aus einem gänzlich anderen Blickwinkel als die meisten Autoren. Dass er trotzdem authentisch bleibt, verdankt er der eigenen Biographie: Boris Fishman wurde in Minsk geboren und kam als Neunjähriger in die USA. Insgesamt ist das Werk eine der wohl interessantesten Neuerscheinungen zu diesem sensiblen Thema.

Boris Fishman: Der Biograf von Brooklyn
Karl Blessing Verlag, 2015
Online bestellen: https://www.buchhandel.de/buch/Der-Biograf-von-Brooklyn-9783896675514
Autor der Rezension: Harry Pfliegl

Erste Vorfreude auf die Leipziger Buchmesse 2016: Die Welt zu Gast bei Lehmanns

Bücherfreunden legt Lehmanns noch mal eben etwas Vorfreude unter den Baum: Schon jetzt steht das Leseprogramm zur Leipziger Buchmesse vom 17. bis 20. März 2016 fest. Dabei gibt es gleich zwei Premieren.

Quelle: www.randomhouse.de
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Erster Debutant ist Dominique Horwitz, Jahrgang 1957. Der Schauspieler, Regisseur und Sänger ist unter anderem bekannt durch „Der große Bellheim“) und Engagements am Thalia-Theater in Hamburg, am Berliner Ensemble und am Schauspielhaus Zürich. Seine Ehefrau führte ihn nach Weimar, wo er nun lebt, dreht, inszeniert und schreibt. So ist es keine Überraschung, dass sein erster Roman „Tod in Weimar“ heißt. Aufklärung gibt’s am Donnerstag, 17. März ab 20:15 Uhr.

Seine „Wanderungen durch die Weltgeschichte“ dokumentiert Manuel Andrack „Schritt für Schritt“. Es geht auf 16 Touren unter anderem gen Rom, in die Sächsische Schweiz und rund um den Thunersee. Der Autor gewann zweimal zusammen mit Harald Schmidt den Deutschen Fernsehpreis. Heute arbeitet er als Produzent, Moderator und Autor für Magazine, Bücher und seinen Blog. Die Wanderung startet am  Freitag, 18. März um 20:15 Uhr.

Das zweite Debut gehört Dora Heldt. Die gelernte Buchhändlerin aus Hamburg stellt ihren Kriminalroman „Böse Leute“ vor. Einbruch, zwei Tote und ein dunkles Familiengeheimnis – und das alles auf Sylt. Aufgeklärt wird durch ein Rentnerquartett, das eigentlich ein bequemes Leben haben könnte. Ermittlungsbeginn: Samstag, 19. März ab 20:15 Uhr.

Der letzte Tag der Buchmesse gehört „Lehmanns Familienlesesonntag“. Von 13 bis 18 Uhr lesen unter anderem die Jungautorinnen Daniela Pusch, Elisabeth Denis und Lara DeSimone mit ihren Mentoren Rita Falk und Stefan Valentin Müller. Amanda Koch entführt Kinder ab sechs Jahre in die „Sternenwelt“ zum kleinen Stern Sirrah, und Andrea Schomburg zeigt Leseanfängern, wie das ABC-Lernen Spaß macht. Besonderer Tipp: Stefanie Gerstenberger und Marta Martin, Mutter und Tochter, haben gemeinsam einen Generationenroman geschrieben. „Zwei wie Zucker und Zimt“ ist aber auch für Väter geeignet.

Karten können unter www.lehmanns.de reserviert werden.

Danke für ein erfolgreiches Jahr – gewinnt ein Buch!

Auch für Blogger heißt es gegen Ende des Jahres Bilanz zu ziehen.

Ich danke für 30.800 Aufrufe im Jahr 2015, Kommentare und anregende Diskussionen zu den veröffentlichten Rezensionen.

Danke an alle Autoren für ihre Zeit und ihre Begeisterung.

Schule BockhorstZum Dank soll es für alle, die mich lesen und mir folgen, noch ein ‪#‎Gewinnspiel‬ zu ‪#‎Weihnachten‬ geben. Ich verlose zweimal je ein Exemplar meiner Biografie „Bubis Kinnertied“. Und da das Buch noch nicht erschienen ist, gibt’s einen Gutschein, der sofort nach Erscheinen eingelöst werden kann, natürlich gerne mit Wunschwidmung.

Wer in den Lostopf hüpfen will, sagt mir bitte auf meiner Autorenseite auf Facebook unter dem Gewinnspiel-Post (nur dort!) etwas zum Thema „Biografie“. Zum Beispiel: Was ist daran so Besonderes? Welche stehen bei euch im Bücherregal? Und wen würdet ihr gerne mal persönlich kennenlernen?

Das Gewinnspiel endet mit der letzten Sekunde des Jahres 2015.

Viel Erfolg und Danke für euer Interesse! Auf ein tolles Jahr 2016 mit vielen spannenden Leseentdeckungen!

https://www.facebook.com/autor.detlefplaisier

Meine Leseempfehlungen 2015: 12 Titel und ein Buch für Weihnachten

Genauer gesagt: Es sind Lesempfehlungen des Jahres 2015 von Autoren, die für meinen Blog rezensiert haben. Allen sage ich ein herzliches Dankeschön für die investierte Zeit und die ehrlichen, einfühlsamen Beurteilungen. Auch 2016 wünsche ich uns allen viel Lesevergnügen!

Hinweis: Die folgende Reihenfolge ist keine Rangfolge. Die Bildrechte der Cover liegen bei den Verlagen.

Mihailescu_GuterMannMittelfeld_P02DEF.inddTIPP 1: Andrei Mihailescu, Guter Mann im Mittelfeld (Hanser)
„Das Buch führt uns vor Augen, dass es keinen Grund gibt, als Europäer auf andere Erdteile herabzublicken. Ist es doch gar nicht so lange her, als vor unserer Haustür selbst Terror-Regime an der Macht waren. Eine unbedingte Leseempfehlung!“

TIPP 2: E. L. Doctorow, In Andrews Kopf (Kiepenheuer & Witsch)
„Ein Buch für alle, die mit schöner regelmäßigkeit an ihrem verstand zweifeln – und gerade deswegen in den Kopf anderer eintauchen möchten.“

TIPP 3: Vladimir Sorokin, Telluria (Kiepenheuer & Witsch)
„Wer bereit ist, sich auf radikale Stilwechsel einzulassen, sich nicht vor einer düsteren Zukunftsprognose fürchtet und Verständnis für die russische, oft etwas melancholische Seele hat, der wird Telluria lieben.“

TIPP 4: Ester Verhoef, Gegenlicht (btb)
„Selten habe ich ein so tief- und nahegehendes Psychogramm einer Persönlichkeit gelesen.“

TIPP 5: Tilman Strasser, Hasenmeister (Salis Verlag)
„Eine Empfehlung für all jene, die sich gern in die Abgründe der menschlichen Psyche versenken – und darin untergehen.“

Sedano Örtchen CoverTIPP 6: Nina Sedano, Happy End. Die stillen Örtchen dieser Welt (Eden Books)
„Klolektüre vom Feinsten und dennoch zu schade für einen Standort auf dem Abort.“

TIPP 7: Thomas Brussig, Das gibt’s in keinem Russenfilm (S. Fischer)
„Ein unbedingt empfehlenswertes, weil originelles Buch, mit selbstironischem Augenzwinkern und getragen von großer Fabulierkunst.“

TIPP 8: Bill Bryson, Sommer 1927 (Goldmann)
„Bill Bryson beweist, dass es einfach nur Spaß machen kann, sich mit historischen Themen und Zusammenhängen zu befassen.“

Cover HoneydewTIPP 9: Edith Pearlman, Honeydew (Ullstein)
„Edith Pearlmans Erzählungen sind eher Pralinés als Honigtau. Am besten genießt man sie auch so: Stück für Stück und nicht zu viele auf einmal.“

TIPP 10: Henriette Hell: Achtung, ich komme! In 80 Orgasmen um die Welt (Blanvalet)
„Ein lesenswertes Buch, nicht nur für Frauen. Auch die Männer können hier noch Einiges lernen.“

TIPP 11: Christina Baker Kline, Der Zug der Waisen (Goldmann)
„Die tiefgründige Erzählung lebt von viel Gefühl, einer großzügigen Prise Humor und großem schriftstellerischem Talent.“

kumala-zigarettenmädchen-print240TIPP 12: Erik Lindner, Auf der Suche nach dem Nudossi-Äquator
„Ein Muss für jeden, der mit Halloren Kugeln, f6 oder Schwalbe schöne Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend in der DDR verbindet.“

BONUS: Ratih Kumala, Das Zigarettenmädchen (Cultur Books)
„Ratih Kumala gelingt durch ihre einfühlsame Erzählweise ein Kunststück, dasnur wenige Autoren meistern: Sie erschafft plastische Bilder im Kopf des Lesers.“

Rezension: Darragh McKeon, Alles Stehende verdampft

Ein Tag im April 1986 veränderte alles: Im Atomkraftwerk Tschernobyl war es zu einem Super-GAU – einem für die fortschrittsgläubigen Sowjets unvorstellbaren Ereignis – gekommen. Die ausgetretene Strahlung führte zu Umweltkatastrophen und persönlichen Tragödien. Nachdem die Nachrichten den Eisernen Vorhang passiert hatten, bekam die grüne Bewegung Rückenwind und erstmals wurde ernsthaft über den Ausstieg aus der Atomenergie nachgedacht und gesprochen. Das Reaktorunglück und vor allem die Folgen sind das Thema von Darragh McKeons Debütroman.

Quelle: www.ullsteinbuchverlage.de
Quelle: www.ullsteinbuchverlage.de

Ein Kaleidoskop an Geschichten
Von einer Minute auf die andere ist nichts mehr wie es war: Nicht für den 13jährigen Artjom, der erstmals mit den Männern des Dorfes auf die Jagd gehen darf, und als einer der ersten eine erschreckende Entdeckung macht. Er bemerkt, dass das Vieh auf den Weiden aus den Ohren blutet und Vögel vom Himmel fallen. Nicht mehr für den Chirurgen Grigori. Nicht mehr für seine Exfrau Maria und ihren Neffen, das Klavierwunderkind Jewgeni.

Keine der Hauptfiguren und zahllosen Nebenfiguren, deren Geschichte Darragh McKeon erzählt, bleibt von dieser Katastrophe unberührt. Und langsam entsteht im Kopf des Lesers das Bild einer untergehenden Supermacht, die ihr eigenes Schicksal nicht begreifen will. Während die einen, darunter auch Grigori, unmittelbar mit dem Leid konfrontiert werden, bemerken andere die Veränderungen nicht oder nur schleichend. Und dennoch gibt der Autor seinem Werk mit einem Zeitsprung ins Jahr 2011 – Jewgeni ist inzwischen ein gefeierter Pianist – einen fast versöhnlichen Schluss.

Wenn das Grauen zur Realität wird
Darragh McKeon erzählt seine Geschichte ohne jegliche Wertung und mit viel Liebe zum Detail. So erwähnt er in einer Randnotiz etwa auch Mathias Rusts Flug nach Moskau und die Landung auf dem Roten Platz, die für großes internationales Aufsehen sorgte. Auch Grigoris verzweifelte Versuche, vor den Gefahren der atomaren Strahlung zu warnen, werden durchaus realistisch geschildert. Die Szenen, in welchen die Auswirkungen des Super-GAUS auf die Menschen geschildert werden, wirken hingegen fast lakonisch nüchtern. Beispielsweise, wenn der Autor von den riesigen Geschwülsten erzählt oder von dem Mädchen, das ohne Scheide geboren wird und deshalb notoperiert werden muss. Das Grauen dieser Szenen wird für den Leser umso greifbarer, als sich diese wohl tatsächlich so oder so ähnlich zugetragen haben könnten.

Mein Fazit
Darragh McKeon ist trotz einiger unnötiger Längen im Storytelling ein hervorragender Erstlingsroman zu einem anspruchsvollen Thema gelungen. „Alles Stehende verdampft“ dürfte vor allem so manchem Leser der Generation 40plus eine Gänsehaut bescheren, die sich an die Katastrophe von Tschernobyl als junge Zeitzeugen erinnern.

Darragh McKeon, Alles Stehende verdampft
Ullstein, 2015
Online bestellen: https://www.buchhandel.de/buch/Alles-Stehende-verdampft-9783550080845
Autor der Rezension: Harry Pfliegl