Eben gerade ist mein Verlagsvertrag vom Acabus Verlag für „Bubis Kinnertied“ angekommen. Ich freue mich riesig! Als Erscheinungstermin vorgesehen ist März 2017. Alle Planungen für die Buchmesse und für die Premiere auf dem Fehn können also weitergehen. Ich glaube, ich realisiere das erst in den nächsten Tagen…
16. internationales literaturfestival berlin: Weltweite Lesung für Demokratie ohne Populismus
Das internationale literaturfestival berlin (ilb) ruft alle Menschen, Institutionen und Medien, denen Demokratie wichtig ist, dazu auf, am 7. September 2016 an einer weltweiten Lesung ausgewählter Texte für die Demokratie und gegen den Populismus teilzunehmen. Hier der Aufruf im Wortlaut:
„Populismus ist eine politische Position, die sich den vorherrschenden Gefühlen, Vorurteilen und Ängsten der Bevölkerung anpasst und diese ausnutzt, um eine politische Agenda zu definieren, die die einfache und schnelle Lösung aller Probleme verspricht.
Es wird von einigen argumentiert, dass Populismus als Kraft der Politik grundsätzlich innewohne, zu einem gewissen Maße in jeder Gesellschaft existiere und eine positive Kraft sei. Das mag zwar stimmen. Aber die Geschichte zeigt, dass populistische Gefühle schnell von skrupellosen Führern, mögen sie dem rechten oder linken Spektrum angehören, für grausame Zwecke manipuliert werden können.
Heute wird eine populistische Grundstimmung in vielen Ländern weltweit – ob in traditionellen oder neueren Demokratien – von Demagogen angefacht und ausgebeutet: von Donald Trump in den USA über Marine Le Pen in Frankreich, Geert Wilders in den Niederlanden, Recep Tayyip Erdoğan in der Türkei, Nigel Farage in Großbritannien, Viktor Orbán in Ungarn, Jacob Zuma in Südafrika, Frauke Petry in Deutschland, Narendra Modi in Indien bis hin zu Wladimir Putin in Russland – um nur einige zu nennen.
Diese Aufwiegler tischen der Bevölkerung dreiste Lügen auf, sichern politische Fantasie-Programme zu, machen Minderheiten zu Sündenböcken und pochen auf nationale Überlegenheit. Ihre aufrührerische Rhetorik verbiegt und entwertet Sprache. Ihre Propaganda entwertet den öffentlichen Raum, da rassistische, sexistische und nationalistische Einstellungen zum Allgemeingut werden. Diese Hetzereien bedrohen die Demokratie, die von tiefer Diskussion lebt – nicht von geistlosen Parolen.
Der Populismus wächst und gedeiht am besten auf einfachen Gegensätzen: Es geht um uns gegen die.
Der Populismus begrenzt die Definition, wer zum „Volk“ gehört, indem Zugewanderte, Flüchtlinge und religiöse Gruppierungen, ja alle Minderheiten, ausgegrenzt werden.
Der Populismus verabscheut den Pluralismus – ohne sich dabei einzugestehen, dass das Gegenteil von Pluralismus der Totalitarismus ist.
Mit dieser weltweiten Lesung fordern wir dringend zu einem tieferen Verständnis von Demokratie und zu kritischerem und gleichzeitig menschlicherem politischen Denken in unseren Gesellschaften auf.
Wir rufen jeden Menschen dazu auf, den einfachen Antworten und schnellen Scheinlösungen der Demagogen skeptischer entgegenzutreten. Wir wollen einfach nur, dass Sie innehalten und nachdenken.
Wir rufen Medien, Journalisten und Redakteure, dazu auf, sensationsheischende Berichterstattungen zu unterlassen und Nachrichten stattdessen verantwortungsvoller zu vermitteln, um auf keinen Fall die gefährlichen Ansichten und die vergiftende Sprache der Populisten unkritisch weiterzuverbreiten.
Wir rufen alle respektablen politischen Parteien dazu auf, der Versuchung zu widerstehen, in die Fußstapfen von Demagogen zu treten und das gesamte politische Spektrum dadurch radikal zu verschieben und die Demokratie zu entwerten. Wir fordern eine wahrheitsgetreue, mitfühlende und kreativere Herangehensweise an Politik und mehr direktes Bürgerengagement.
Wir rufen alle Regierungen dazu auf, die berechtigten Sorgen ihrer Bürger anzuerkennen, die sich in ihrer Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen neoliberalen globalisierten Welt nach einer Alternative sehnen. Wir fordern ehrlichen Einsatz für die Bekämpfung stetig wachsender Ungleichheiten, die Ursache vieler aktueller Unruhen sind.
In Kürze werden alle Texte für die Lesung in diversen Sprachen auf der Website veröffentlicht.
http://www.worldwide-reading.com
worldwidereading@literaturfestival.com
… und ich plane schon die Lesungen
Voller Ungeduld warte ich auf meinen Vertrag vom Acabus Verlag. Aber die Signale sind gestellt: Zur Leipziger Buchmesse 2017 wird das Buch vorliegen. Ich plane Buchpremieren in Leipzig zu „Leipzig liest“ und auf dem Fehn. Noch habe ich gar nicht richtig realisiert, dass ich dann schon auf dem Fehn wohne und nach Leipzig anreisen muss. Die Unterkunft in einer Künstlerwohnung im HAL Atelierhaus Leipzig habe ich schon gebucht und kehre dann für eine Woche auf meinen Kiez im Leipziger Osten zurück.
Für Leipzig sind vier Lesungen im Gespräch, darunter im Poniatowski Polski Bar & Restauracja, meinem zweiten Wohnzimmer, bei der LINKEN und in der KuApo – Die Kulturapotheke, einem neuen spannenden Projekt in einer ehemaligen Apotheke auf der Eisenbahnstraße im Leipziger Osten.
Für den Fehn möchte ich die Premierenlesung beim Hahnentanger Mühlenverein durchführen. Ich bin gespannt, ob das möglich wird. Schließlich ist die Aufarbeitung der NS-Zeit auf dem Fehn noch nicht wirklich vorangeschritten, und der Biografietext wird in einigen Passagen da sehr deutlich.
Für die Familienmitglieder Plaisier soll es eine gesonderte Lesung gebe, sozusagen ein besonderes Familientreffen, auch an einem besonderen Ort. Aber das behalte ich noch für mich…
Und es macht riesig Spaß, die persönlichen Einladungen für die Lesungen zu gestalten und zu überlegen, wer moderiert und wer gut musikalisch zum Thema passt! Ich freue mich auf mein neues Leben!
Soft Skills für Autoren: Was tun, was lassen
Schreiben, veröffentlichen und sich über viele begeisterte Leser freuen. So einfach ist es denn doch nicht. Es gibt Gebote und Verbote für Autoren, meint Sven Hensel, und listet auf jeder Seite fünf Ratschläge auf. Ich habe mich wiedererkannt. Hier nachlesen!
Reingelesen: Ella TheBee, Organisella. Durchs Studium mit Zeitmanagement und Organisation
Klappentext
Im Studium gilt es, verschiedene Dinge gleichzeitig zu bewältigen. Es gibt viel zu verstehen und noch mehr zu lernen. Mitschriften müssen organisiert, Referate gehalten, Prüfungen bestanden und Hausarbeiten geschrieben werden. Und neben alldem sollen auch noch das Studentenleben genossen, Nebenjobs gemacht und Freundschaften fürs Leben geschlossen werden. Da kommt der ein oder andere schnell mal an seine Grenzen. So oft im Leben begegnet man Menschen, die einen klareren Kopf zu haben und mehr zu schaffen scheinen, als man selbst. Ihr Geheimnis ist Zeitmanagement. Organisella soll euer persönlicher Assistent im Studium sein, der euch inspiriert, anleitet, motiviert und manchmal sogar den Kopf streichelt. Es enthält alles, was ihr über die Organisation im Studium wissen müsst und bietet zusätzlich eine wertvolle Sammlung an Checklisten, Videos, Kopiervorlagen, Tipps und Tricks.
Zum Buch
In diesem Buch gibt die Germanistik-Studentin und YouTuberin Ella TheBee einige Tipps, wie man mit Zeitmanagement und Organisation leichter durch das Studium kommt.
Das Buch unterteilt sich in drei große Abschnitte. Es beginnt mit „Vorbereitung und Leben“ zu Themen wie Arbeitsplatz, das erste Semester und Kalenderführung. Der 2. Abschnitt „Das Semester richtig starten“ behandelt unter anderem Mitschriften, Literaturrecherche & -bearbeitung, Referate, Prüfungsformen, Lerntechniken und Stress. Im letzten Teil „Zukunft“ geben Absolventen und Dozenten persönliche Tipps.
Das gesamte Buch ist liebevoll mit persönlichen Notizen und Fotos der Autorin gestaltet und beinhaltet zusätzlich viele Kopiervorlagen und Materialien, die man auch auf der Homepage zum Download findet. Begleitet wird das Buch von einem kleinen Zusatzheft mit Listen und anderen Hilfsmitteln.
Der Schreibstil ist leicht und flüssig. Die Autorin schreibt, wie sie spricht und denkt. Für Belletristik ist das nicht immer ein Vorteil, für dieses Genre schon. Ich kenne Ella TheBee von ihrem YouTube-Kanal und hatte beim Lesen immer ihre Stimme präsent. Ein dicker Pluspunkt: Zu manchen Themen sind QR-Codes abgebildet, die zu den jeweiligen Videos auf YouTube führen. Wenn man also etwas nicht komplett nachvollziehen kann, hilft das Video auf die Sprünge.
Mein Fazit
Obwohl ich keine Studentin bin, finde ich dieses Buch sehr hilfreich. Ich habe viele Tipps und Anregungen für meinen Alltag umgewandelt. Das Buch ist ein absoluter Allrounder. Empfehlenswert!
Ella TheBee, Organisella. Durchs Studium mit Zeitmanagement und Organisation
nr Fachverlag, Bremen, 3. Auflage 2016
www.organisella.de
Autorin der Besprechung: Tatjana „Tatii“ Scegelskis
https://derbuecherfuchs.com/
Letzte Lesung im Helheim: Und die Antwort ist immer sieben
Zweimal werden wir noch wach, dann ist das Helheim Geschichte. Nach der zunächst überstandenen Insolvenz vor zwei Jahren ist jetzt doch endgültig Schluss. In der morbiden Stimmung des Untergangs erhielt Gründer und Betreiber Markus Böhme ein letztes Geschenk: Nach zwei Besuchen als Terrassengast bei Volly Tanner gab Manja Fyah Flame aka Manja Kendler ihr Solo-Lesungsdebut.
Sie ist schüchtern. Die Haare sind verwuschelt. Und ich verehre Sommersprossen. Manja liest, und ich kann mich nicht entscheiden: Schließe ich die Augen oder schaue ich sie an? Der Lesungsreigen beginnt mit einer launigen Kindergeschichte für den vierjährigen Neffen („der ist schon ganz weit für vier“) über das Zuhören. Hey, Leipziger Lesepaten: Holt euch diese Geschichte für eure kleinen Zuhörer! Dann eine scharfe Wende: Es folgt ein belauschtes Kneipengespräch („nichts für Kinder!“) über die stimulierenden Vorzüge proteinreicher Kängeruschnitzel. Augen auf: Manja lacht über ihre eigenen Formulierungen, ahmt trefflich die Tic-Störungen beim Tourette-Syndrom nach, ohne dabei peinlich zu wirken.
Urlaub am Bodden: Manjas Naturbeobachtung ist wie ihre Sicht auf Menschen, scharf gezeichnet und distanziert zugleich. Ich folge ihr an das Brackwasser, beobachte den Vogelflug, rieche den Räucherofen, spüre die Freiheit. Bitte lasst mich hier. Nicht aufwachen. Oder lasst mich stiller Beobachter sein, wenn Mandy im „Café Elise“ (was mag da Pate gestanden haben? Vielleicht das Café Grundmann?) mit einer alten Dame über die Vorzüge von Kakao mit Vanillesahne plaudert oder als scharfzüngige Garderobenfrau den Umgang von Gästen mit niederem Personal beklagt.
Was ich gehört habe, hat mir besser gefallen als so manche Lesung am DLL. Wer Manja verpasst hat, kann sie und ihren skurrilen Gedankenaffen im 520 Universum besuchen: rund um die Uhr, ohne Kleiderzwang. Persönlich geht es dort zu. Und ich habe gelernt: Die Antwort ist immer sieben.
www.manja.tv
Manja auf YouTube
Rezension: Shida Bazyar, Nachts ist es leise in Teheran
Vier Familienmitglieder, vier Jahrzehnte, vier unvergessliche Stimmen. Aufwühlend und anrührend erzählt Shida Bazyar die Geschichte einer iranisch-deutschen Familie, die ihren Anfang 1979 in Teheran nimmt und den Bogen spannt bis in die deutsche Gegenwart.
Mit diesen Worten beginnt der Klappentext dieses in vier Abschnitte gegliederten Romans. Wir lesen von Behsad, dem jungen linken Revolutionär, der in der mutigen, literaturbesessenen Nahid die Liebe seines Lebens findet. Wir lesen von der Flucht der Liebenden nach der Machtübernahme der Mullahs. Und von ihren Kindern, Laleh, Mo und Tara, die in Deutschland aufwachsen und zwischen den Welten zu Hause sind.
Im ersten Teil ergreift Behsad das Wort. Als junger Mann steht er während der Revolution in Teheran auf der Seite der Kommunisten und muss erleben, wie die Mullahs nach dem Fall des Schah-Regimes die Macht übernehmen. Mit bewegenden Worten schildert er, wie sich seine Freunde verändern und manche gar zu Feinden werden. Im nächsten Abschnitt berichtet seine Frau Nahid aus ihrer Sicht über die Flucht der Familie nach Deutschland. Zusammen mit ihren Kindern Laleh und Morad muss sie sich in einem fremden Land zurechtfinden, das für sie eigentlich nur eine Zwischenstation sein sollte. Doch die Nachrichten, welche die Familie aus dem Iran erreichen, lassen nicht auf eine baldige Besserung der Situation hoffen.
Jeweils weitere zehn Jahre später erzählen die inzwischen fast erwachsenen Kinder über ihr Leben. Noch immer lebt die Familie in Deutschland, doch immerhin ist nun ein Besuch in der alten Heimat möglich. Lalehs Bericht über diese Reise zeigt in bildhafter Sprache sowohl die Unterschiede als auch die Gemeinsamkeiten der Kulturen. Die Freude über ein glückliches Wiedersehen, die Unsicherheit angesichts fremder Konventionen und die Angst vor dem Verlust geliebter Menschen kennt wohl jeder auf dieser Welt.
Im letzten Abschnitt kommen Mo und Tara zu Wort. Mo erzählt von seiner Studentenzeit, die sich im Grunde kaum von der seiner Kommilitonen unterscheidet. Er sieht zwar manche Dinge aus einem anderen Blickwinkel, so kann er zum Beispiel den ständigen Demonstrationen nicht viel abgewinnen. Am meisten stören ihn jedoch die Fragen nach seiner Herkunft. Künftig, so beschließt er, werde er einfach sagen, er sei Spanier oder Argentinier. Im Epilog kommt schließlich Tara, die jüngste Tochter, kurz zu Wort. Bereits in Deutschland geboren, scheint sie am ehesten angekommen zu sein. Durch ihre Familie ist jedoch auch sie noch mit dem Iran verbunden.
Mein Fazit
Shida Bazyars Roman passt sehr gut zur aktuellen Flüchtlingskrise. Zwar kennt man die Bilder aus den Kriegs- und Krisengebieten und versteht, was die Menschen zu ihrer verzweifelten Flucht zwingt. Was sie bewegt und worauf sie hoffen, bleibt uns jedoch meist verborgen. Die Autorin gibt einigen Verzweifelten eine Stimme und lässt sie in ergreifender und teilweise poetischer Sprache ihr Leben erzählen. Ich hoffe sehr, dass dieses Buch ein wenig zum gegenseitigen Verständnis beiträgt. Dem Klischee, dass es in einem Gottesstaat nur überzeugte Gläubige gibt, begegnet die Autorin mit einem Satz, den sie Lalehs Onkel in den Mund legt: „Religion ist Opium fürs Volk, aber dieses Volk braucht Opium, um vor der Religion zu flüchten.“
Shida Bazyar, Nachts ist es leise in Teheran
Kiepenheuer & Witsch, 2016
Die Autorin liest: https://www.youtube.com/watch?v=RDAmd4F2gvk
Autorin der Rezension: Petra Gugel
Rezension: Anthony Phelps, Wer hat Guy und Jacques Colin verraten?
Durch das Werk von Anthony Phelps zieht sich wie ein roter Faden die Titelfrage: Wer hat Guy und Jacques Colin verraten? In seinem Werk gibt der Autor einen eindrucksvollen Einblick in das Leben auf Haiti unter der Diktatur von Papa Doc, der die Bevölkerung mit seiner Todesschwadron tontons macoute von 1957 bis 1971 in Angst und Schrecken versetzte.
Der Inhalt
Wie jeden Tag begibt sich Claude, der Erzähler, schon morgens auf seinen Balkon, wo er den Tag verbringt. Im Schutz seines Muskatnussbaums, der vor neugierigen Blicken schützt, beobachtet Claude die Umgebung und die gesellschaftlichen Veränderungen auf Haiti. Im Lauf der Erzählung vermischt sich die Realität mit den Erinnerungen und Träumen des Protagonisten. Immer wieder fragt er sich, wer es wohl gewesen sein mochte, der Guy und Jacques Colin an die Schergen des Diktators verraten haben mochte.
Ein einfaches und doch raffiniertes Verwirrspiel
Der Autor bedient sich einer einfachen, leicht zugänglichen Sprache und Erzählstruktur, um ein kriminalistisches Verwirrspiel vom Feinsten zu erschaffen. Ebenso, wie die Grenzen zwischen Realität und Traum, zwischen Vergangenheit und Gegenwart verschwimmen, so wechseln auch die Rollen von Täter und Opfer mehrfach.
Ein Werk mit persönlichem Touch
Wer sich als Leser einlässt, spürt in jeder Zeile, dass Anthony Phelps selbst in die Geschichte verwoben ist. Als Gegner des Duvalier-Regimes wurde er inhaftiert und hatte im Jahr 1964 die Chance, Haiti zu verlassen. Wie in allen anderen Werken steht auch in „Wer hat Guy und Jaques Colin verraten?“ die große Frage nach dem Widerspruch zwischen Menschenwürde und Widerstand im Vordergrund.
Mein Fazit: Zu Recht ein moderner Klassiker der Weltliteratur. Eine Erzählung, die unter die Haut geht.
Anthony Phelps, Wer hat Guy und Jacques Colin verraten?
Aus dem Französischen von Ingeborg Schmutte
literadukt Literatureditionen, Trier 2016
Autor der Rezension: Harry Pfliegl
Rezension: Licia Troisi, Die Drachenkämpferin 4: Nihals Vermächtnis
Natürlich kann man sich streiten, ob ein weiteres Buch über Nihal wirklich notwendig war. Natürlich kann man wagemutig verlautbaren lassen, das Ganze sei nur Geldmacherei, um an den Hype vor einigen Jahren anzuknüpfen und ihn wieder aufleben zu lassen. Was auch immer stimmt: Licia Troisi hat mit dem vierten Teil ihrer Drachenkämpferin auf dem deutschen Markt noch immer etliche Fans erreicht.
Alles auf Anfang
Nachdem der Tyrann Aster besiegt worden ist, gehen Nihal und Sennar zusammen mit Oarf dem Drachen in die Unerforschten Lande, um dort ein neues, bescheidenes Leben abseits des Trubels um ihre Personen zu führen und eine Familie zu gründen. Als Sennar Opfer eines missglückten Zaubers wird, sieht Nihal sich gezwungen, Hilfe bei den verhassten Elfen zu suchen. Der Preis dafür ist ihr Leben, und sie ist gewillt, ihn auch zu zahlen. Doch mit ihrem Ableben endet ihre Geschichte noch nicht.
Nur Geldmacherei?
Natürlich freute sich mein Fanherz über einen neuen Band mit dem Titel „Die Drachenkämpferin“ und Nihal in heroischer Pose auf dem Cover. Mit dem Abstand der Jahre zur eigenen Jugend bleibt dennoch ein kleiner Wehmutstropfen, denn Troisi ist alles andere als eine talentierte Autorin. Sie hält sich nicht lange mit Beschreibungen auf – warum auch, wenn das halbe Buch ohnehin nur aus Dingen besteht, die man bereits aus den anderen beiden Trilogien der Aufgetauchten Welt kennt? Hier fühle ich mich als Leser an der Nase herumgeführt. Die Nacherzählung dessen, was bereits bekannt ist, wirkt gehetzt und gedrängt, so als sei der Autorin bewusst gewesen, dass ihre Fans das eigentlich nicht lesen wollten, sondern lieber neuen Stoff bekommen hätten. Also hält sie sich gar nicht erst mit ausschweifenden Sätzen oder allzu detaillierten Beschreibungen von Umgebung und Handlung auf und schreitet mit großen Schritten zur zweiten Hälfte des Buches. Als Leser war mir von vornherein klar, dass jedes „neue“ Abenteuer Nihals mit ihrem Tod enden würde. So war ihre Wiederbelebung nach über einhundert Jahren in der Tat eine überraschende Lösung. Das vorhersehbare Ende trübt leider erneut das Leseerlebnis.
Gelungen ist dagegen der Aufbau des Buches: Die Rahmenhandlung bestreitet ein geheimnisvoller Barde, der Lieder singt über Nihals früheste Kindheitstage, ihre Zeit in den Unerforschten Landen sowie über die Ereignisse nach ihrer Wiederbelebung. Doch so geheimnisvoll ist der Barde letztlich doch nicht … Die geschickte Rahmenhandlung gibt dem Buch den Anstrich einer Ballade.
Nichts verpasst
Mein Fazit: Fans der Aufgetauchten Welt kommen mit einigen kleineren Abstrichen wieder auf den Geschmack. Der Rest hat nichts verpasst.
Licia Troisi, Die Drachenkämpferin 4: Nihals Vermächtnis
Heyne Verlag, 2015
Autorin der Rezension: Maria Schönberg
Bilanz der 1. Internationalen Autorenmesse in Frankfurt/M am 4. Juni 2016: Hohe Fachkompetenz, organisatorisch Luft nach oben
Manche Dinge brauchen zeitlichen Abstand für eine Beurteilung. Blogger haben diese Freiheit. Das gilt auch für die 1. Internationale Autorenmesse in Frankfurt, organisiert vom Team der Academy rund um Top-Speaker Hermann Scherer. Ich mag es nicht, emotional aufgeladene Beschimpfungen noch am Abend der Veranstaltung online zu verbreiten. Dies wird einer Premiere wie dieser nicht gerecht, selbst wenn es Kritikpunkte geben sollte.
Was musste ich da alles im Netz lesen:
„Dilemma“
„Zeitverschwendung“
„totaler Reinfall“
„Oberfail“
„wie ein Sommerfest von der Schule, bei der die Eltern Kuchen verkauften“
„absolut überteuert“
„fastasievolle Preispolitik“
„internationale autorenmesse in ffm und kein einziger aussteller zum thema inklusion?“
Ich glaube, da muss in klaren Worten einiges geordnet werden:
- Du findest, die Autorenmesse war nicht gut ausgeschildert? Klar, wer übergewichtig keuchend einen Rucksack über den Campus schleppt und dabei mit Bloggerkolleginnen kichernd über die letzte Leserunde bei lovelybooks plaudert, kann schon leicht die deutlichen Hinweisschilder übersehen.
- Du findest, die Räume waren zu spärlich ausgestattet? Leute, das ist eine Uni, keine plüschige Komfortzone!
- Du findest, die kleinen Ausstellertische erinnern an einen Provinzflohmarkt? Jedem Aussteller war die Präsentation selbst überlassen. Ich hatte einige Interviews mit Ausstellern geplant. Ich musste das Vorhaben aufgeben: Vor vielen Tischen bildeten sich lange Schlangen mit wissbegierigen Besuchern. Ich kam nicht durch. Und da meckerst du noch über Präsentation?
In den Tagen nach der Messe habe ich mit einigen Besuchern gesprochen.
Jaqueline Mercedes (in wenigen Tagen 23) schreibt romantische Fantasy. Sie mag Buchmessen, und so waren die Erwartungen an die Autorenmesse hoch. Vor Ort die Ernüchterung: „Ich hatte mir mehr Stände mit Informationen versprochen, etwa zu Print on Demand. Alles wirkte ein wenig wie eine Schulveranstaltung auf mich. Schnell merkte ich, dass die Autorenmesse mehr auf Vorträge ausgelegt war. Ich selbst bin kein Mensch, der sich Vorträge in Ruhe anhören kann, ich stöbere viel lieber und schaue mir Dinge direkt an. Ich hatte in der kurzen Zeit auf der Autorenmesse immer die Leipziger oder Frankfurter Buchmesse im Kopf, und natürlich zog ich Vergleiche. Außerdem bekam ich das Gefühl, dass die Autorenmesse eher daraus ausgelegt war, Autoren zu einem Verlag zu führen. Ich als Indie Autorin fühlte mich fehl am Platz und unerwünscht. Ich würde im kommenden Jahr nicht noch einmal teilnehmen.“
Susanne Friedrich hatte wie ich am Buchcontest teilgenommen und mich mit ihrem biografischen Russland-Text „Notizen in der Kälte“ begeistert. Sie stellt der Autorenmesse durchweg eine gute Note aus: „Die Qualität der Sprecher, die ich erlebt habe, war sehr hochwertig; Hermann Scherer und Karen Christine Angermayer vom Sorriso Verlag, um nur zwei zu nennen. Aus jedem Vortrag habe ich Dinge für mich mitnehmen können. Mit Karen Christine Angermayer hatte ich schon ein Online Seminar gemacht und kann ihre Kursangebote jedem vorbehaltlos empfehlen. Gut fand ich, dass so viel Wissensangebot in einem Gebäude über mehrere Etagen verteilt war. Man musste also nicht von einer Messehalle in die andere pilgern. Die zwei persönlichen Gespräche an Ständen, die ich vor der Messe ausgesucht hatte, waren sehr konstruktiv. Der Buchcontest hat mir die Möglichkeit gegeben, die Arbeit anderer Autoren live mitzuerleben – eine tolle Erfahrung. Ich hoffe, diese Messe setzt sich fort. Beim Scherer Team kann man davon ausgehen, dass Kritikpunkte verbessert werden.“
Petra Lupp ist Gründerin und Inhaberin des Online-Portals Lebensdomizile weltweit, wo sie eigene Reisereportagen veröffentlicht. Bisher gibt es einen veröffentlichten Reiseführer, „und da stellt sich schon die Frage, was mich als Self Publisher erwartet, wenn ich für meine Inhalte mal keinen Verlag finde.“ Petra Lupp war über den Besucherandrang bei einer Messepremiere überrascht: „Vor allem gab es keine einheitliche Zielgruppe. Von der grauen Maus bis zum Pfau war alles vertreten, die Männer allerdings klar in der Unterzahl. Gut fand ich die Ehrlichkeit der Referenten: Nicht immer, wenn ein Manuskript abgelehnt wird, liegt es am Talent des Autoren, sondern oft an den Geschäftsinteressen des Verlages. Und: Der Verlag wartet nicht ausgerechnet auf dich als Autoren. Das hat dann doch so manchen Einsteiger auf den Boden der Tatsachen geholt.“ Die Kombination der Standpräsentation mit einem Vortrag bewertet Petra Lupp als positiv: „Allerdings brauchte man bei dem großen Angebot Mut zur Lücke. Da habe ich es vorgezogen, auf einige Vorträge zu verzichten und direkt das Gespräch mit dem Referenten zu suchen.“
„Ich hatte auf Insider gehofft, die mehr vermitteln als die Schreibtipps aus Foren und Blogs im Netz“, meint Autorin Sabi Lianne rückblickend. „Das hat sich fast gar nicht erfüllt. Mehr als Basics wurden nicht vermittelt, und die Veranstaltungen gingen bis auf wenige Ausnahmen für mich an der Zielgruppe vorbei. Bei den Ausstellern war ich in zehn Minuten durch. Und ich habe mich riesig geärgert, dass ich den vollen Eintrittspreis gezahlt habe plus Anfahrt und Übernachtung.“ Und was könnte man besser machen bei einer Wiederholung? „Erstens: Personen ranholen, die schreiben können und das auch rüberbringen. Mein Tipp: Mal in den Schreibratgeber von Stephen King reinsehen. Zweitens: Bei Vorträgen eindeutig klarmachen, wer die Zielgruppe ist. Drittens: Zwei Tage Messedauer wären kommunikativer. Und bitte eine bessere Homepage!“
„44 Euro war als Eintritt extrem happig, und deswegen hatte ich auch eine größere Messe erwartet. Und wo war überhaupt das Internationale?“, meint Tatjana Scegelskis, bei Bloggern bekannt als der „Bücherfuchs„. Sie ist als Pressesprecherin wortgewandt, schreibt an ihrer ersten Fantasy-Trilogie und weiß noch nicht, ob sie in einem Verlag veröffentlichen möchte oder als Self Publisher an den Markt geht. „Als Neuling in der Autorenwelt konnte ich viel für mich mitnehmen. Aber ich glaube, für alle, die sich mit dem Beruf Autor schon beschäftigt haben und seit Jahren recherchieren, war die Messe eher ein Flop.“ Wird sie wiederkommen? „Mal sehen. Ich werde es entscheiden, wenn ich das Programm und die Aussteller gesehen habe.“
Mein persönliches Fazit
1. Ich beschreite seit dem letzten Jahr einen Weg vom Journalisten zum Autor. Mein erstes Buch befindet sich gerade im Verlagslektorat. So war ich nach Frankfurt gereist, um über die Autorenmesse zu schreiben und gleichzeitig mein Autorenhandwerk zu vervollkommnen. Ich habe beides erreicht: Ich danke wundervollen positiven Menschen, die mich ermutigt haben und mir Fragen stellten, deren Antworten mir Klarheit geben werden über den weiteren Weg. Mein besonderer Dank geht an Karen Christine Angermeyer vom Sorriso Verlag. Ihr Buch „Bist du bereit für Dein Buch und das Abenteuer Autor sein?“ werde ich hier demnächst rezensieren.
2. Ja, über die Qualität der Seminare und Lesungen kann man sicher diskutieren. Kein Mensch braucht einen Selbstdarsteller wie Veit Etzold, der das angekündigte Thema komplett ignorierte, oder kühle Technokraten ohne Leseseele wie Wolfgang Hohlbein. Aber jeder Autor, Blogger, Textjongleur braucht Menschen wie Textehexe Susanne Pavlovic, die motivieren und ihre ganze Persönlichkeit einbringen.
3. Ja, es macht einen Unterschied, ob eine Autorenmesse von einem Player des Literaturmarktes oder von einem kommerziellen Anbieter organisiert wird. Aber ist das ein Nachteil? Zugegeben, es hat kräftig gerumpelt. Vor allem die willkürliche Preispolitik mit Rabattaktionen für Sonne, Muttertag und Cosplayer hat viele potentielle Besucher verschreckt und Vollzahler verärgert. Das muss sich ändern, ebenso wie das überhebliche Fazit in der Bilanz-Pressemitteilung, die Autorenmesse werde „vielleicht bald die Nischen füllen, die die Frankfurter Buchmesse auf dem Literaturmarkt hinterlässt.“ Dennoch: Jeder hat eine zweite Chance verdient. Über tausend Besucher zeigen klar: Es gibt Bedarf für ein neues Format.
4. Ja, ich komme wieder. Auch für zwei Tage.
Für alle, die Einzelkritiken nachlesen möchten, hier eine Auswahl:
http://www.deutschlandradiokultur.de/internationale-autorenmesse-wenn-man-sich-zum.1270.de.html?dram:article_id=356281
https://zysiscars.wordpress.com/2016/06/10/internationale-autorenmesse-2016/
http://sabi-writing-whatever.com/2016/06/05/mein-tag-auf-der-1-internationalen-autorenmesse-in-frankfurt/
https://derbuecherfuchs.com/category/der-bucherfuchs-on-tour/
http://federspuren.blogspot.de/2016/06/1-internationale-autorenmesse-oder.html
https://feuerblut.wordpress.com/2016/06/04/1-internationale-autorenmesse-in-frankfurt-am-main/
http://jessis-krimskrams.blogspot.de/2016/06/die-1-internationale-autorenmesse-oder.html
https://feuerblut.wordpress.com/2016/06/04/1-internationale-autorenmesse-in-frankfurt-am-main/
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