So entsteht ein Buch: Mitfiebern auf der Mitlese-Plattform Fortschrift.net

Am 6. Juni hatte Fortschrift.net Premiere – die Mitleseplattform, bei der Leser das Entstehen neuer Bücher live verfolgen können. Mutige Autorinnen und Autoren veröffentlichen hier mehrmals wöchentlich den Fortgang ihres Werkes – ungeschnitten, unlektoriert, unzensiert und immer überraschend. Leser zahlen für ihren Lieblingsschreiber einmalig 8,99 Euro und können dann miterleben, wie ein Roman oder ein Sachbuch entsteht. Sie diskutieren über das Gelesene, untereinander oder mit den Schreibenden, sie erhalten frühzeitige Einblicke und schüren damit die Vorfreude auf das fertige Buch. Wenn das Werk dann fertig geschrieben und professionell lektoriert wurde, erhalten die Vorab-Mit-Leser ihre eigene Version des eBooks.

Ab 6. Juni mit dabei sind Béla Bolten (Krimi-/Thrillerautor aus Konstanz), CJ Crown (Pseudonym einer erfolgreichen Liebesroman- und Fantasy-Autorin) und Matthias Matting („Selfpublishing-Papst“, Autor und Journalist). Die Leser können wählen zwischen dem Thriller „Spiegeltod“, dem erotischen Roman „School of Love“ und dem fantastisch-realistischen Drama „Die Frau, die zu viel träumte“. Ab Ende Juni wird mit Michael Meisheit ein weiterer Bestseller-Autor hinzukommen.

Die Vorteile für Leser

Leser können ihren Lieblingsautoren beim Schreiben zusehen – und sie auch finanziell unterstützen. Die Texte sind zunächst unlektoriert, sie können sich im Verlauf des Schreibens sogar dramatisch ändern. Doch am Ende erhält der Leser die professionell lektorierte eBook-Ausgabe.

Die Vorteile für Autoren

Autoren können Leser und Fans frühzeitig einbeziehen. Sie erhalten den größten Teil der Einnahmen (derzeit 65 Prozent) und können damit z.B. das Lektorat finanzieren. Wenn das Buch erscheint, hat es bereits Fans, die Rezensionen verfassen können. Autoren können bestimmten Lesern (etwa Bloggern oder Journalisten) oder ausgewählten Fans über Gutscheine auch kostenlosen Zugang gewähren. Fortschrift.net löst für beteiligte Autoren und Verlage (auch die sind herzlich eingeladen!) damit gleich mehrere Probleme. Die so entstandenen Bücher können nach dem Lektorat über einen beliebigen Weg veröffentlicht werden (Verlag, E-Book-Plattform, Amazon KDP, Tolino Media…).

Vielen Dank für den Text an Matthias Matting von der Self-Publisher-Bibel!

Buchcontest in Frankfurt: Ein Sieger und viele Gewinner

Die 1. Internationale Autorenmesse ist Geschichte. Ich habe viele wunderbar positive Menschen getroffen, viele Gespräche geführt und fühle mich bestärkt, meinen Weg vom Journalisten zum Autor fortzusetzen. Den Buchcontest konnte ich nicht gewinnen, wurde aber von einem Jurymitglied als persönlicher Sieger gekürt und mit einem Buchpreis bedacht. Der Kreis schließt sich: Es ist genau dieses Buch, das mir die richtigen Fragen stellt, um mein Handwerk zu verbessern und erfolgreich zu werden.

Danke an Karen Christine Angermeyer vom sorriso Verlag und an Hermann Scherer für die Fotos vom Buchcontest.

 

1. Internationale Autorenmesse in Frankfurt/M am 4. Juni 2016 (IV): "Neid ist die aufrichtigste Form der Anerkennung"

UPDATE 31.05.2016
Nach Veröffentlichung meldet sich der Suhrkamp Verlag und gibt an, eine Einladung nie erhalten zu haben. Meine Nachfrage, wie sich der Verlag bei einer Einladung entschieden hätte, blieb ohne Antwort.

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Wie positioniert sich der Veranstalter der Autorenmesse im etablierten Feld der Buchbranche? Wie entstand die Idee, und wie geht man mit dem deutlichen Gegenwind um? Ich habe darüber mit Frank Livani gesprochen. Er ist Pressesprecher der „Unternehmen Erfolg AG“ und vertritt auch die Autorenmesse nach außen.

Cover Glückskinder „Neid ist die aufrichtigste Form der Anerkennung“. Frank Livani reagiert souverän mit Wilhelm Busch auf die Frage, wie der Veranstalter der Autorenmesse die Skepsis aus den Reihen der Buchbranche aufnimmt. Man habe bei großen Verlagen angefragt, oft habe es keine Reaktion gegeben. „Wir bedauern das“, sagt Frank Livani. „Es sollte doch originäre Aufgabe der Verlage sein, sich zu präsentieren und Autoren zu unterstützen.“ Die Idee, Autoren mit dieser Messe an die Hand zu nehmen, komme von Hermann Scherer direkt; und das sei ja schließlich jemand, der durch seine Bestseller die Schwierigkeiten der Branche kenne, so Frank Livani. Ob sich die Autorenmesse mit ihrem Angebot nicht doch eher an Newcomer und (noch) orientierungslose Autoren richte? Frank Livani verneint: Das Line-up biete auch jenen „einen Blick über den Tellerrand“, die schon bis zum fertigen Manuskript gelangt seien, etwa durch Lektoratsangebote oder die Präsentation verschiedener Self Publishing-Plattformen.

Ich habe nachgefragt. Suhrkamp reagierte auch auf Erinnerung nicht, obwohl ich auf diesem Blog regelmäßig Neuerscheinungen des Hauses rezensiere. Kiepenheuer & Witsch rang sich eine eher halbherzige Antwort ab:

„Wie ich Ihnen schon am Telefon sagte, nehmen wir an der Messe nicht teil. Anders als z.B. der Droemer-Verlag mit Feelings oder die Ullstein-Verlage haben wir keine Self-Publishing-Plattform, so dass für uns eine Teilnahme an dieser Messe keinen Sinn haben würde.“

Frank Livani ist überzeugt: Die Autorenmesse wird ein Erfolg, wie alles, was das Team rund um Vordenker Hermann Scherer anpackt. Da mag stänkern, wer will, und da fällt auch eine eher holprige Website mit einem Strauß an Schriftarten nicht ins Gewicht. Eines dürfte sicher sein: Ein Potpourri an Freikarten- und Rabattaktionen wird ein volles Haus bescheren – einschließlich Cosplayern, die kostümiert zur Lesung von Wolfgang Hohlbein um 14 Uhr freien Eintritt haben.

Ich nehme am Buchcontest in Frankfurt teil

„Herzlichen Glückwunsch! Sie gehören zu den 12 Auserwählten des Buchcontests im Rahmen der 1. Internationalen Autorenmesse in Frankfurt.“

Ich freue mich sehr. 50 Bewerbungen waren eingegangen. Dann werde ich also die Biographie „Bubis Kinnertied“ vor einer Jury und dem Publikum vorstellen. Juroren sind unter anderem Karen-Christine Angermayer (Sorriso Verlag), Oliver Buslau (Textart Magazin), Gesa Hille (Textmanufaktur) und Susanne Pavlovic (Textehexe) – hochkarätig, eine absolute Fachjury.

Zeitbeschränkung: Exakt fünf Minuten, ähnlich einem Elevator Pitch. Da heißt es gut auswählen. Ich bin als erster der Vortragenden dran. Ein Nachteil? Im Gegenteil: Ich habe die Möglichkeit, die Meßlatte vorzugeben…. Aber Daumen drücken hilft trotzdem!

1. Internationale Autorenmesse in Frankfurt/M am 4. Juni 2016 (III): Zusage für den Buchcontest!

„Herzlichen Glückwunsch! Sie gehören zu den 12 Auserwählten des Buchcontests im Rahmen der 1. Internationalen Autorenmesse in Frankfurt.“

Ich freue mich sehr. 50 Bewerbungen waren eingegangen. Dann werde ich also die Biographie „Bubis Kinnertied“ vor einer Jury und dem Publikum vorstellen. Juroren sind unter anderem Karen-Christine Angermayer (Sorriso Verlag), Oliver Buslau (Textart Magazin), Gesa Hille (Textmanufaktur) und Susanne Pavlovic (Textehexe) – hochkarätig, eine absolute Fachjury.

Zeitbeschränkung: Exakt fünf Minuten, ähnlich einem Elevator Pitch. Da heißt es gut auswählen. Ich bin als erster der Vortragenden dran. Ein Nachteil? Im Gegenteil: Ich habe die Möglichkeit, die Meßlatte vorzugeben…. Aber Daumen drücken hilft trotzdem!

Rezension: Eka Kurniawan, Tigermann

Eka Kurniawan, einer der stimmgewaltigsten Erzähler Indonesiens, entführt den Leser in die exotische Welt seines Landes. Genauer gesagt, in einen kleinen, dörflich geprägten Vorort einer Stadt an der südlichen Küste der Insel Java, wo jeder jeden kennt.

Quelle: www.ostasien-verlag.de
Quelle: www.ostasien-verlag.de

Der Inhalt
Eka Kurniawan steigt direkt in die Erzählung ein, die mit einem brutalen Mord beginnt. Täter ist der erst 20jährige Margio, der als von allen geschätzter Treiber bei der Wildschweinjagd arbeitet. Er hat überraschenderweise seinen Nachbarn getötet – durch einen Biss in die Kehle. Als er für diese Tat zur Rede gestellt wird, rechtfertigt er sich mit den Worten: „Nicht ich habe ihn getötet. Es gibt einen Tiger in meinem Körper“.

Eka Kurniawan schildert die Hintergründe der Tat. Das Werk kreist um schwierige Verhältnisse in der Familie ebenso wie um die Beziehungen zwischen den Nachbarn im dörflichen Indonesien und die Unsicherheiten, die mit der ersten Liebe verbunden sind. Auf weniger als 250 Seiten zeichnet der Autor ein dichtes Bild der sozialen Struktur in dieser Gesellschaft und eine präzise psychologische Darstellung des Hauptcharakters. Zugleich bringt er mit dem im südostasiatischen Raum verbreiteten Tigermythos ein magisches Element in sein Werk ein. Dabei zeichnet sich Eka Kurniawan durch einen äußerst eleganten Erzählstil sowie eine meisterhafte psychologische Betrachtung und Deutung der Handlung seines Protagonisten aus.

Mein Fazit
„Tigermann“ ist eine der beeindruckendsten Neuerscheinungen der asiatischen Literatur des Jahres 2015. Eka Kurniawan vermag es meisterhaft, Leser in die Mythologie der Inselwelt Indonesiens zu entführen.

Eka Kurniawan, Tigermann
Aus dem Indonesischen übersetzt von Martina Heinschke
OSTASIEN Verlag, 2015
Online bestellen: http://www.reihe-phoenixfeder.de/bestellformular.html
Autor der Rezension: Harry Pfliegl

Rezension: Stephan Abarbanell, Morgenland

Wir schreiben das Jahr 1946. Die gesamte Welt liegt nach den Verwüstungen des Zweiten Weltkriegs in Trümmern. Genau in diese scheinbar postapokalyptische Welt versetzt Stephan Abarbanell den Leser in „Morgenland“. Es ist ein spannender Thriller mit kleinen Schwächen.

Quelle: www.randomhouse.de
Quelle: www.randomhouse.de

Der Inhalt
Der Leser begleitet die Protagonistin Lylia Wasserfall. Sie engagiert sich aktiv im palästinensischen Widerstand gegen die britische Mandatsmacht. Sie würde gern bei Sabotageakten eingesetzt werden, jedoch wird sie stattdessen auf eine sehr viel heiklere Mission geschickt: Sie soll im Nachkriegsdeutschland nach Raphael Lind suchen. Der jüdische Wissenschaftler soll angeblich in einem Konzentrationslager ermordet worden sein, allerdings gibt es Hinweise, dass er noch am Leben ist. Lylia Wasserfall macht sich auf die Reise durch das zerstörte Europa und hat neben dem britischen Geheimdienst zusätzlich einen mysteriösen Verfolger auf den Fersen. Jener will offensichtlich verhindern, dass sie den Wissenschaftler findet.

Ein Schmankerl für Geschichts-Fans?
Der rbb-Kulturchef Stephan Abarbanell begibt sich mit seinem Debütroman auf ein relativ gewagtes Terrain gewagt. Schließlich gibt es kaum belletristische Werke zur unmittelbaren Nachkriegszeit. Auf den ersten Blick meistert er dieses Terrain, das vor allem historisch interessierte Leser begeistert, scheinbar mit Bravour. Ich kann mich als Leser hervorragend in die Hauptfigur hineinversetzen, die Handlung verspricht pure Spannung. Allerdings scheint der Autor keinen rechten roten Faden für seine Geschichte gefunden zu haben. Denn je weiter der Roman fortschreitet, umso flacher wird die Geschichte. Abarbanell streift zahlreiche Themen und lässt sie wieder fallen. Und auch vielen handelnden Personen fehlt die rechte Tiefe. Selbst die Widerstandskämpferin Lylia Wasserfall lässt eine persönliche Entwicklung vermissen, was angesichts eines vielversprechenden Anfangs schade ist.

Mein Fazit
Der Autor spickt „Morgenland“ mit zahlreichen guten Ideen, setzt diese aber nur relativ dürftig um.  Dennoch ist das Buch eine empfehlenswerte Lektüre für historische interessierte Leser, die hier Anregungen für eigene Spurensuche erhalten.

Stephan Abarbanell, Morgenland
Karl Blessing Verlag, 2015
Online bestellen: https://www.buchhandel.de/buch/Morgenland-9783896675170
Autor der Rezension: Harry Pfliegl

Rezension: Marceline Loridan-Ivens, Und du bist nicht zurückgekommen

Mit „Und du bist nicht zurückgekommen“ hat Marceline Loridan-Ivens eine herzzerreißende Liebeserklärung einer Tochter an ihren Vater verfasst. Zusammen mit ihrem Vater wurde die Autorin 1944, im Alter mit 15 Jahren, von den Nationalsozialisten deportiert. Sie kam nach Birkenau, der Vater nach Auschwitz. Die Mutter entkam mit zwei Geschwistern dem Zugriff der Nazis nur knapp. Siebzig Jahre später schreibt die überlebende Tochter einen Brief an den Vater, den er nie lesen wird.

Quelle: www. suhrkamp.de
Quelle: www. suhrkamp.de

Der Inhalt
Die Autorin versucht etwas schier Unmögliches: Sie will dem unaussprechlichen Leid, das die nationalsozialistische Herrschaft vor allem über viele jüdische Familien brachte, eine Stimme geben. Schon kurz nach der gemeinsamen Ankunft in Auschwitz wird sie von ihrem Vater getrennt und landet im drei Kilometer entfernten Birkenau. Trotz der strengen Kontrollen im Konzentrationslager gelingt es ihrem Vater, Marceline noch eine Nachricht zukommen zu lassen, deren Inhalt sie jedoch wenig später vergessen hat.

Für die heutige Generation sind die Zustände und Vorgänge in den Konzentrationslagern unvorstellbar. Dazu gehört auch eine Begegnung der Autorin mit Josef Mengele, der in Auschwitz als Lagerarzt tätig war und unmenschliche, grausame medizinische Experimente an den Häftlingen vornahm. Obwohl die Nachricht des Vaters in Vergessenheit geriet, bleiben die Erinnerungen an die Zeit der Nazi-Herrschaft für immer im Gedächtnis und auf der Haut der Autorin eingebrannt. Sie wurde mit der Zahl 78750 gebrandmarkt, die sie das ganze Leben über als schreckliche Gefährtin begleiten sollte, wie sie selbst sagt.

Die Autorin bedient sich in ihrem Werk einfacher und klarer Sätze. Genau das erzeugt Kälte und Schrecken. Einer der Schlüsselsätze dürfte das Bekenntnis sein „Ich liebte dich so sehr, dass ich glücklich war, mit dir deportiert zu werden“, das auf den heutigen Leser einfach nur erschütternd wirkt.

Mein Fazit
Der Autorin gelingt es auf nur knapp mehr als 100 Seiten eine komplexe Geschichte zu erzählen, die das Grauen des Dritten Reiches lebendig macht. Beeindruckend, bedrückend und ein wichtiges Dokument der jüngeren Geschichte.

Marceline Loridan-Ivens, Und du bist nicht zurückgekommen
In der Übersetzung von Eva Moldenhauer
Insel Verlag, 2015
Gespräch mit der Autorin: https://www.youtube.com/watch?v=zLLyeREWrrk
Gespräch mit der Autorin (französische Sprache): https://www.youtube.com/watch?v=jLa7Erf5eHI
Online bestellen: https://www.buchhandel.de/buch/Und-du-bist-nicht-zurueckgekommen-9783458176602
Autor der Rezension: Harry Pfliegl

Rezension: James D. Oswald, Die Dreamwalker-Reihe, Band 1 bis 3

Drachen sind grausame Monstrositäten, die ohne Rücksicht auf ihre Umwelt alles niederbrennen und Tod und Verderben säen. Sie sind gefürchtet und gehasst, und einem Ritter gebührt große Ehre, wenn er eines der Monster erschlägt. Gesetzt den Fall, Drachen wären doch vernunftbegabte und rücksichtsvolle Wesen: Würden sie dann immer noch gehasst und verfolgt? 

Die letzten Drachen der Welt leben zurückgezogen in einem Wald. Ein Zauber schützt ihre Siedlung, doch als eine junge ehrgeizige Drachendame ein mächtiges Zauberbuch findet, bringt sie alle in Gefahr. Gleichzeitig wird der Junge Errol gegen seinen Willen zu einem Kriegerpriester ausgebildet, dessen Bestimmung es sein wird, Drachen zu töten. Dabei ist es doch sein Wunsch, so viel wie möglich über Drachen zu lernen. Zu allem Unglück auch noch der alte König, welcher bis jetzt seine schützende Hand über die Drachen gehalten hatte, und seine Tochter Beulah lechzt nach Blut. Sie unterstützt den kriegerischen Orden des Hohen Fryd unter der Leitung des Inquisitors Melyn und nutzt ihn, um sowohl auf die Drachen Jagd zu machen als auch die angrenzenden Königreiche anzugreifen und zu erobern. Der Drache Benfro und Errol, die unterschiedlicher nicht sein könnten und doch nur gemeinsam ihren Feinden entkommen können, müssen lernen, Freund von Feind zu unterscheiden und die Zwistigkeiten ihrer Völker zu überwinden.

Bücher, die Drachen thematisieren, stellen diese meist in der üblichen Symbolik als Feinde dar, in der sie auch in der klassischen Mythologie zu finden sind. Daher präsentiert sich die Reihe James D. Oswalds als angenehme Abwechslung und wirft gleichzeitig einige interessante Fragen auf.

Seine Drachen sind weder stumpfsinnige Tiere noch verschlagene und grausame Jäger. Vielmehr sind sie kluge Wesen, die nichts mehr wollen, als in Frieden zu leben. Die Menschen halten jedoch die Erinnerungen an die blutigen Konflikte der Vergangenheit in ihren Sagen und Legenden wach. Erst königliche Edikte der jüngeren Vergangenheit haben eine Koexistenz von Mensch und Drache ermöglicht. Inquisitor Melyn ist jedoch an einem friedlichen Miteinander nicht interessiert und verteufelt die Drachen zu Bestien, die es auszurotten gibt. Wenn es keinen Feind gibt, wird eben einer geschaffen. Klingt vertraut, oder?

Leider nimmt der Prolog des ersten Bandes die besondere Herkunft Errols vorweg, sodass der Leser in diesem Moment schon mehr weiß als der Protagonist. Auch wenn sich damit von Anfang an ein Konfliktherd abzeichnet, nimmt es doch die Spannung, da man nicht mehr mit Errol gemeinsam herausfinden kann, wer er eigentlich ist.

Dreamwalker - Der Zauber des Drachenvolkes von James OswaldDer erste Band der Reihe, „Der Zauber des Drachenvolkes“, ist ein Aufgalopp. Die Handlung braucht lange, um in Fahrt zu kommen und tritt teilweise auf der Stelle. Dadurch fehlt die Spannung, da lange nicht ersichtlich wird, wo der Konfliktherd liegt. Der letzte Teil ist dafür umso rasanter und gipfelt in einem sehr gelungen Cliffhanger hin zum Folgeband.

Stattdessen verwendet der Autor viel Zeit, um seine Welt aufzubauen und dem Leser nahezubringen. Lobend sind die Texte zu Beginn eines jeden Kapitels hervorzuheben, die Auszüge aus der Literatur seiner Welt darstellen und dieser dadurch mehr Substanz verleihen.

J.D. Oswalds Sprache ist gelungen. Er schreibt sehr bildhaft, sodass Umgebung und Charaktere deutlich vor die Augen des Lesers treten. Insbesondere das Aussehen seiner Drachen beschreibt der nicht, sondern macht deutlich, was sie tun. Dies ist definitiv eine angenehme Abwechslung zu einer stupiden Aneinanderreihung von Eigenschaften.

Dreamwalker - Das Geheimnis des Magierordens von James OswaldBand 2, „Das Geheimnis des Magierordens“, knüpft nahtlos an den ersten Teil der Reihe an. Wurde Benfro am Ende des ersten Bandes gerade mit Inquisitor Melyn konfrontiert, so ist er hier sogleich auf der Flucht. Der Leser ist von Anfang an mitten im Geschehen und hofft natürlich, dass es dem jungen Drachen gelingt, seinen Häschern zu entkommen.

Leider ist es dem Autor dieses Mal nicht so gut gelungen, den Leser bei der Stange zu halten. Prinzipiell ist es immer gut, wenn etwas Sonderbares passiert und das Geschehen nicht gleich auf den nächsten Seiten aufgelöst wird. In diesem Fall häufen sich jedoch rätselhafte Dinge, von denen die Protagonisten zudem auch jedes Mal aus dem Schlamassel gerettet werden.

Mehrmals droht Errol unmittelbar der Tod und doch entkommt er auf eine Weise, die er selbst nicht erklären kann. Leider geht dadurch einiges an Spannung verloren, wenn Errol wieder und wieder dem Tod von der Schippe springt. Benfro kann plötzlich auf wundersame Weise fliegen, und es wird leider viel zu spät erklärt, wie er diese Fähigkeit bekam. Bis dahin bleibt nur Verwunderung über die scheinbare Unlogik, was den Lesegenuss trübt.

Dreamwalker - Die Gefangene des Drachenturms von James OswaldKlare Kritik am dritten Band, „Die Gefangene des Drachenturms“: Das Lektorat hat hier schlicht geschlampt. Da werden immer wieder Kommata oder Anführungszeichen vergessen, ganze Wortgruppen wiederholen sich direkt hintereinander und Namen werden vertauscht. Bereits in den ersten Bänden fielen gelegentlich kleine Fehler auf, hier jedoch häufen sie sich so sehr, dass sie stören.

Inhaltlich ist hier jedoch nichts auszusetzen. Da jetzt noch eine zweite Welt ins Spiel kommt, wird der Weltenbau komplexer als in den Vorgängerteilen. Plötzlich sind die Drachen der anderen Welt  wieder eine Bedrohung sowohl für die Menschen als auch für die letzten ihrer Artgenossen. Man fragt sich als Leser, woher die Drachen plötzlich auftauchen. Das Buch wirft allerhand Fragen auf für die kommenden Bände, die noch nicht auf Deutsch vorliegen – und das macht viel Lust.

Auch charakterlich tut sich einiges. Nachdem Beulah am Anfang der Reihe vor allem als skrupellose Königin gezeichnet wurde, die in erster Linie an ihrer eigenen Macht und weniger am Wohlergehen anderer interessiert ist, wandelt sich diese Haltung zunehmend mit ihrer Liebe zu Clun. Er stammt aus einfachen Verhältnissen, Beulah jedoch riskiert eine Menge, als sie ihn in den Adelsstand erhebt und ihn heiratet. Sie zeigt ihm gegenüber sogar romantische Attitüden, was ihr mehr Vielschichtigkeit verleiht und sie als Charakter interessanter macht.

Das Buch endet wie Band 1 mit einem ähnlich gelungenen Cliffhanger, der dazu animiert, sogleich Band 4 zu lesen. Nachdem die ersten beiden Bände durchaus gute, wenn auch nicht die allerbeste Unterhaltungsliteratur waren, weist Band 3 eine deutliche Tendenz nach oben auf. Er lässt die Ernüchterung nach dem zweiten Teil rasch wieder vergessen und darauf hoffen, dass die Reihe sich einem packenden Finale entgegenneigt.

Die ersten drei Bände liegen bereits auf Deutsch vor. Die Bände 4 und 5 sollen bei guten Verkaufszahlen folgen.

James D. Oswald, Der Zauber des Drachenvolkes, Orig. Dreamwalker, Dreamwalker 1: ISBN 978-3-570-40306-8, cbj, 2015
James D. Oswald, Das Geheimnis des Magierordens, Orig. The Rose Cord, Dreamwalker 2: ISBN 978-3-570-40307-5, cbj, 2016
James D. Oswald, Die Gefangene des Drachenturms, Orig. The Golden Cage, Dreamwalker 3: ISBN 978-3-570-40308-2, cbj, 2016
Alle Bände in der Übersetzung von Gabriele Haefs
Rechte aller Cover by www.randomhouse.de
Autorin der Rezension: Maria Schönberg

Bubis Kinnertied in der „krudebude“

Die „krudebude“ ist eine Drei-Raum-Projektwohnung im Leipziger Osten mit künstlerisch partizipatorischem Ansatz. Jedes Jahr findet ein OPEN CALL statt: Künstler aller Genres können sich zu einem Leitthema für eine Gruppenausstellung bewerben. Dieses Jahr dreht sich ab 9. Juni alles um das Thema „konform“. Ich bin stolz, dass ein Abschnitt der Biografie als Ausstellungsbeitrag ausgewählt wurde. Er behandelt das „konforme“ Verhalten meiner Großeltern bei ihren Arbeiten für die NSDAP. Ein Auszug:

„Wir wendeten auf unserer Wiese gerade das Heu, als ein Auto anhielt und der Kreisleiter ausstieg.Er kam auf meine Eltern zu und begrüßte sie. Als ich näher kam, hörte ich Folgendes: Der Ortsgruppenleiter der NSDAP ist zur Wehrmacht eingezogen worden. Jetzt muss diese Aufgabe ein anderer übernehmen. Ich übertrage Ihnen dieses Amt mit sofortiger Wirkung. Ihre Frau übernimmt das Amt der Frauenschaft. Heute muss jeder Deutsche seine Pflicht erfüllen.

Wer heute sagt, jeder, der bei den Nazis ein Amt übernommen habe, trage eine Mitschuld an den Verbrechen der damaligen Zeit, hat von der Wirklichkeit keine Ahnung.“