Rezension: Sherko Fatah, Der letzte Ort

Albert, ein Deutscher, sieht sich selbst als Aussteiger, ist aber mehr auf der Flucht vor dem Trübsal seines Vaters, der mit dem Untergang der DDR vor knapp 25 Jahren nicht zurechtkommt. Und nun hat Albert einen Fehler gemacht: Er ist in der irakischen Wüste aus dem klimatisierten Geländewagen gestiegen. Ehe er sich versieht, zieht jemand ihm und seinem irakischen Dolmetscher Osama Säcke über die Köpfe, wirft sie in ein Auto und entführt sie. Nun beginnt eine Odyssee, in deren Verlauf die Entführten von Gruppe zu Gruppe weitergegeben werden, sich verlieren, wieder finden, fliehen, wieder gefangen werden, sich gegenseitig misstrauen und doch wieder Freunde werden, weil es einfach keine anderen Freunde gibt in dieser feindlichen, heißen und trockenen Welt.

Machtspiele

Wer genau hinter den Entführungen steckt, was eigentlich das Ziel der Entführer ist, wird nie so recht deutlich in diesem Buch von Sherko Fatah. Die verhüllten Männer spielen mit ihren Gefangenen, misshandeln sie und lassen Albert und Osama in einem permanenten Zustand der Angst. Da Albert die Sprache nicht versteht, ist er auf Osama als Dolmetscher angewiesen. Doch als sich herausstellt, dass Osama mit einem der Anführer früher einmal zusammengearbeitet hat, wächst das Misstrauen, und die Welt um Albert herum verliert die gewohnten Konturen. Nichts ist wie es scheint, Albert versteht die Hintergründe und Überzeugungen seiner Entführer nicht, kann Osama nicht durchschauen, schwimmt zwischen Resignation und Tapferkeit. In den langen Stunden ihrer Gefangenschaft erzählen sich der Deutsche und der Iraker aus ihren Leben, ihrer Jugend, aber schnell wird deutlich, dass beide Welten viel zu verschieden sind, und so versteht auch hier wieder einer den anderen nicht. Dieses vage Mäandern zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen den Welten, zwischen Alberts gestörter Familiensituation und der verstörenden Entführung, Angst vor dem Tod und Angst vor dem Leben bestimmt weite Teile des Romans. Wer oder was die Oberhand gewinnen wird, ist bis zum Schluss offen.

Ein prophetisches Buch?

Es scheint, als wäre die Realität im Jahr 2014 in diesem Buch vorhergesagt oder als habe sie den Autor während des Schreibens eingeholt und überholt. Die ganze Verzweiflung und Zersplitterung im Irak wird deutlich in der Rede des ‚Emir‘, der am Ende der Entführungskette steht. Dieser erklärt explizit, wie sich seine Terrorgruppe die Zukunft des Landes vorstellt: Nicht nur sollen „die Kreuzfahrer, die Amerikaner und Briten, die hier hereingeströmt sind“ komplett vernichtet werden, sondern auch alle weiteren „Ketzer, die das Antlitz des wahren Glaubens verschandeln“ – in seinen Augen Christen, verwestliche Kurden, Schiiten und Kollaborateure.

Mit dieser flammenden Rede greift Sherko Fatah erschreckend hellsichtig dem Terror vor, der 2014 zur grausamen Realität wird: Entführte und vor laufender Kamera hingerichtete Journalisten, IS-Milizen, die Christen in die Enge treiben und verhungern lassen, bis hin zu aktuellen Terror- und Hinrichtungsdrohungen in Australien. Doch woran liegt es, dass der Autor ein so erschreckend wirkliches Bild in seinem Roman zeichnen konnte? Vielleicht an seiner Herkunft: Fatah ist der Sohn eines irakischen Kurden und einer Deutschen, der seine ersten elf Lebensjahre in der DDR verbrachte und den Kontakt zu seiner irakischen Familie mit regelmäßigen Besuchen aufrecht erhielt. Oder liegt es vielmehr daran, dass der Rest der Welt Augen und Ohren verschlossen hat vor allen religiösen und ideologischen Überzeugungen, die im Irak wie ein Lauffeuer um sich greifen?

Keine Hilfe

Der letzte Ort zieht den Leser mit in den Strudel aus Gewalt und Hilflosigkeit und gestattet viele Einblicke in Leben, Denken und Planen der verschiedenen Terrorgruppen im Irak. Man bekommt ein gewisses Verständnis für das Feuer, das in den Terrorführern brennt, die Überzeugung, das Richtige zu tun und den Willen, ihre Auffassung von Religion und Lebensweise als einzig wahre durchzusetzen – mit so viel Gewalt wie nötig. Mir persönlich blieben die Figuren trotz aller Rückblenden in ihr vergangenes Leben oder Darstellungen der todbringenden Überzeugungen ein wenig zu flach, unnahbar, so dass ich keine wirkliche Beziehung aufbauen konnte und die Odyssee der Protagonisten teilweise merkwürdig unberührt verfolgt habe.

Trotz aller detaillierten Einblicke bietet das Buch keine Ausblicke, keine Lösungen, keine Hilfe oder wenigstens Hoffnung und schafft so eine weitere Parallele zur aktuellen Situation im Irak.

Sherko Fatah, Der letzte Ort
Roman Luchterhand, 2014
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Autor: Dorothee Bluhm
www.wortparade.de

Warum ist es am Rhein so schön? Oder: Mord von der Quelle bis zur Mündung

Quelle: www.editionoberkassel.de
Quelle: www.editionoberkassel.de

Konventioneller Reiseführer? Revolutionäres Regionalmarketing?  Alles Quatsch: Der Rhein ist nicht der „deutscheste“ aller deutschen Flüsse, er ist der mörderischste. Glauben Sie nicht? Dann gehen Sie auf Verbrecherjagd von der Quelle bis zur Mündung mit fünfzehn regionalen Rhein-Kurzkrimis, gesammelt in der Anthologie „Mörderischer Rhein.“

Dies ist kein Buch, das den Müllberg von dilettantischen Selfpublishing-Versuchen noch erhöht. Hier schreiben Profis der Krimizunft, die schon veröffentlicht haben und mit Preisen ausgezeichnet wurden. Für die Anthologie entstanden fünfzehn neue spannende literarische Reisebegleiter. In der Jury saßen Buchhändler, Verleger, Autoren und Krimileser.

Burg Sooneck ist als blutiger Schauplatz übrigens nicht vertreten.

Andreas Kaminski (Hg.), Mörderischer Rhein
edition oberkassel, 1. Auflage Juni 2014
Link zu Amazon: http://amzn.to/1mdkzao

Burg Sooneck ist eine Burg der Märchen und Rosen…

… wenn es nach den Vorstellungen des „Burgennetzwerkes Romantischer Rhein“ geht, das bei der „Romantischer Rhein Tourismus GmbH“ im Loreley Besucherzentrum angesiedelt ist. Dies ist die touristische Regionalagentur, die unter anderem für die Vermarktung des Rheintals zwischen Bingen/Rüdesheim und Remagen/Unkel inklusive der UNESCO Welterbestätten und des Oberen Mittelrheintals (Achtung Burgenblogger!) sowie der Prädikatswanderwege zuständig ist. Das Burgennetzwerk wiederum wird ideell betrieben von eben jener Tourismus Gesellschaft und der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (die kennen Burgenblogger-Bewerber ja auch schon). Leider kann der künftige Burgenblogger nicht mehr davon profitieren, denn das Netzwerk schließt seine Pforten exakt am ersten Tag des Burgenbloggeramtes.

Das Netzwerk hat die vom Namen unverfängliche Homepage www.der-rheinreisende.de eingerichtet und lädt hier unter dem Motto „Das Geheimnis der Kletterrosen“ zu „Märchentagen auf der Burg Sooneck“ ein. Die Rosen, so heißt es dort, seien die letzten Erkennungszeichen der Burg Sooneck nach dem Abzug der Ritter und Burgfräulein. Kinder zwischen fünf und zehn Jahren sollen in eineinhalb Stunden bei einer Märchenführung erfahren, welche Geheimnisse die Rosen bergen. Schließlich bleibt etwas für immer geheim, wenn man es „sub rosa“, also unter einer Rose, sagt…

Eine schöne Idee. Die ersten Führungen vom 19. bis 22. August sollen demnächst fortgeführt werden.

Eine Arbeitsprobe? Na gut

Einige Mitbewerber, die aus dem Medienbereich an den Start gehen, stellen Arbeitsproben ein.

Nun denke ich: Wer daran interessiert ist, meinen Stil kennenzulernen, findet ausreichend Material auf meinem Blog.

Andererseits: Bei über 300 Bewerbungen erspart jede Hilfe wertvolle Zeit.

Überzeugt. Klick hier und klick hier zu zwei meiner jüngsten Portraits. So oder ähnlich könnten sie auch im Mittelrheintal entstehen.

Rezensionsreihe Finnland zur Frankfurter Buchmesse 2014, Teil 1: Roope Lipasti, Ausflug mit Urne. Ein finnischer Fahrtenschreiber.

Was ist eigentlich Finnland? Manchmal endlose Öde, dann wieder jede Menge Wald, noch mehr Seen, reichlich Mücken im Sommer, viele kauzige Typen, eine zwiespältige Historie und trinkfreudige Tristesse als gelebtes Oxymoron… quasi das Russland von Skandinavien.

Die Brüder Kaurismäki lassen schön grüßen. Und Roope Lipasti gibt unseren Vorstellungen einen Wink zurück. Schwarz auf weiß, erfreulich vielseitig und ja: ausgesprochen lustig! Sein Buch „Ausflug mit Urne“ ist die Geschichte einer Reise zweier ziemlich ungleicher Brüder im fast gleichen Alter: Teemu, Anfang 40, Versicherungsmathematiker und Ich-Erzähler des Romans – und Janne, etwas jünger und von der Gesinnung her das, was man anderen Ländern als Hallodri bezeichnen würde.

Anlass der Reise ist der Tod des gemeinsamen Stiefgroßvaters Jalmari, der die beiden allerdings im Auto begleitet. Als Asche in seiner Urne. Ziel der Fahrt ist ein Kaff im Osten Finnlands namens Imatra. Dort soll das Testament des Verstorbenen eröffnet werden. Und dort wollen die Brüder die Asche auf irgendeine mehr oder weniger pietätvolle Weise loswerden. Außerdem hoffen beide auch auf ein lohnendes Erbe, denn Opa Jalmari ging in den über 90 Jahren seines Lebens zwar vielen und reichlich obskuren Tätigkeiten nach, aber reichlich Geld in den Taschen hatte er immer. Den Trip planen unsere Helden als eine Art „Sentimental Journey“ mit Stationen auf dem Lebensweg des Großvaters. Im Ergebnis rauschen sie freilich von einer Tragödie in die nächste. Die unterschiedlichen Lebensentwürfe müssen ausdiskutiert werden, Mitmenschen, Landschaften und Orte bereiten Unbehagen, das Auto macht Sperenzchen, Kneipen und Hotels sind überwiegend erschütternd – und beide werden mehrmals wacker verprügelt.

Das männliche Trauerspiel wird schließlich noch durch eine Frau erweitert: Elli. Die war einst mit Janne verheiratet, hatte danach eine Affäre mit Teemu – und taucht plötzlich während der Reise wieder auf. Erst in den Gesprächen der Brüder, dann in natura und mit einem Kind, von dem beide der Vater sein könnten. Bleibt noch das erträumte Millionenerbe, welches sich am Ende als Hirngespinst erweist. Bis auf einen geheimnisvollen Schlüssel. Was es damit auf sich hat, will ich aber hier nicht verraten.

Klingt alles nicht so nach amüsanter Lektüre? Ist es aber! Autor Lipasti betreibt in seiner Heimat den sehr populären Blog „Pihalla“ (auf Deutsch: „auf dem Hof“ – außerdem Titel eines Films aus dem Jahr 2009), in dem er den finnischen Alltag satirisch begleitet und beschreibt. Diese Sympathie für schräge Figuren und kuriose Situationen zelebriert er in seinem Roman mit einer großen Lust am pointierten Formulieren. Lakonisch, aber nie gefühllos, sensibel, aber nicht sülzig. Dazu garniert Lipasti die Handlung im richtigen Rhythmus mit Bonmots aus dem Kopf des Erzählers. Kostprobe gefällig? „Leichter Alkoholismus ist, wenn man nie vergisst, Bier in die Sauna mitzunehmen. Schwerer Alkoholismus zeigt sich, wenn man ans Bier denkt, aber die Sauna vergisst.“ Oder: „Heutzutage braucht man keine Armbanduhr, denn um Dinge zu erledigen, gibt’s nur noch einen günstigen Moment: jetzt.

Fazit: Roope Lipasti liefert mit „der Urne“ über 300 Seiten plastische und klug modellierte Unterhaltung. Keine übermäßig schwere Kost, aber definitiv ohne trivialen Nachgeschmack im Abgang. Eben sauber „gefinnischt“.

Roope Lipasti, Ausflug mit Urne
Karl Blessing Verlag, August 2014
Link zu Amazon: http://amzn.to/1AD5ro5

Autor: Harald Wurst | ph1.de

Die Shortlist zum Deutschen Buchpreis 2014: Drei Gesetzte, drei Außenseiter

Nun stehen die sechs Finalisten für den Deutschen Buchpreis 2014 fest.

„Die sechs Autorinnen und Autoren der Shortlist 2014 führen uns mit sprachlicher Brillanz ihre Figuren in all ihrer Würde vor Augen, sie erweitern dabei unseren Blick auf das Leben und unsere Gegenwart und justieren ihn neu“, so die freie Kritikerin Wiebke Porombka, Sprecherin der Jury für den Deutschen Buchpreis 2014.

Die sieben Jurymitglieder hatten seit Ausschreibungsbeginn 176 Titel gesichtet, die zwischen Oktober 2013 und dem 10. September 2014 erschienen sind. Die nominierten Romane (in alphabetischer Reihenfolge):

Überraschend: „Kastelau“ von Carles Lewinsky konnte sich nicht durchsetzen. Nun ist mein Favorit „Kruso“.

Der Burgenblogger sucht Verbündete im Tal. Oder: Die Rückkehr der Heimat

Wenn ich als Burgenblogger mit Menschen am Mittelrhein spreche und dann deren Geschichten erzähle, werden mir Herzen und Türen offenstehen. Nicht nur, weil ich ein gewinnendes und freundliches Wesen habe. Die Rhein-Zeitung wird dem Burgenblogger im Mittelrheintal rechtzeitig den Boden bereiten, so dass mein Begrüßungssatz „Guten Tag, ich bin der Burgenblogger“ ein Lächeln in die Gesichter zaubern wird.

Doch warum soll ich immer allein unterwegs sein?

Ich freue mich darauf, dass mich Menschen der Region an die Hand nehmen und mir ihre Heimat zeigen.

Ja, Heimat.

Als junger Journalist in Hannover habe ich meinen ersten Zeitungsartikel mit der Headline „Der Heimatbegriff zwischen Arbeit und Landschaftsidyll“ veröffentlicht. Das war im Juli 1984. Seitdem hat sich nicht viel geändert: Viele Menschen scheuen sich vor dem Begriff Heimat, sprechen darüber nur leise und verstohlen. Mein Ziel ist es, als Burgenblogger dem Heimatbegriff durch emotionale Berichte wieder einen höheren Stellenwert zu verleihen.

Leipzig Passagenfest 05 Sept 2014. Foto Detlef M. Plaisier (9)Bei Verbündeten, die mich begleiten, denke ich auch an mediale Verbündete. Als junger Journalist hatte ich so viele Ideen und konnte nur wenige davon umsetzen. Der Burgenblogger bietet jetzt die Möglichkeit, den Redaktionsalltag ein Stück aufzubrechen. Meine Idee: Die Rhein-Zeitung stellt mir für Themen nach Absprache einen Nachwuchskollegen zur Seite. Er zeigt mir „sein Tal“, hilft mir aus erster Hand, die Mentalität besser zu verstehen, und erstellt mit mir gemeinsam auch den Schlussbeitrag für den Blog. Natürlich ist Kollege hier geschlechtsneutral gemeint.

Und eine zweite Idee: Ich bin [Der Mann für den Text]. So heißt auch mein Journalistenbüro. Mit bewegten Bildern habe ich wenig Erfahrung. Ich kann mir vorstellen, die Video-AG einer Schule als Partner für den Burgenblogger zu gewinnen. Interviews und die Erkundung des Mittelrheins werden von den jungen Leuten punktuell filmisch begleitet. Eine spannende Kombination: Erfahrener Journalismus und frische Ideen ohne Vorgabe und Zensur.

Die Bewerbung

Werte Herren,

uelle: www.burgrekonstruktion.de
Die Burg Stickhausen. Quelle: www.burgrekonstruktion.de

mein Name ist Joachim Rudolph Plaisier. Ich wurde am fünften October des Jahres 1816 in Stickhausen geboren. Es sei Ihnen nachgesehen, werte Herren, wenn Sie dieses schöne Fleckchen Erde nicht kennen. Stickhausen liegt in Ostfriesland gerade mal drei Meter über dem Meeresspiegel. Der Ausdruck „sticke“ bedeutet so viel wie Stecken oder Pfahl. Das Taufregister verzeichnet meine Geburt „auf Stickhausen“, was davon herrührt, dass mein Geburtshaus im Lüttje Pad hundert Meter östlich der Burg Stickhausen liegt. Mein Vater, der Handarbeiter Johann Oeltjen Plaisier, hatte das Haus 1810 gekauft. „Lüttje Pad“ ist übrigens Plattdeutsch und heißt „Kleiner Pfad“, ein Trampelpfad sozusagen. Und mein französischer Familienname Plaisier hat mit der ungeliebten Besatzung meiner ostfriesischen Heimat durch den Franzosenkaiser Napoleon zu tun. Aber das ist eine andere Geschichte…

Nun ward mir kundgetan, dass sich mein Ur-Ur-Enkel Detlef Martin Hans Plaisier für mehrere Monate auf eine Burg begeben will. Er soll dort als Stadtschreiber auf das Tal hinabblicken und eine Chronik verfassen über die Menschen und Geschehnisse. Ach, wie beneide ich ihn. Er wird es sicher ruhiger haben als ich. Im tollen Jahr 1848 trat ich im April als Gardist in die Bürgerwehr Stickhausen ein. Abends war es meine Aufgabe, die Brücke über die Jümme hochzuziehen, um die wilden Nachbarn aus dem Ort Burlage fernzuhalten. Sonntags zogen wir mit Piken und Gewehren zur Übung in die Felder und ließen uns dann mit feinstem Gänsebraten belohnen.

Heirat der Großeltern Plaisier 1912 in Ostfriesland
Heirat der Großeltern Plaisier 1912 in Ostfriesland

Als Schmiedegesell auf dem Dorf brauche ich Kraft und ein gutes, waches Auge. Das hat mein Ur-Ur-Enkel wohl von mir mitbekommen. Schließlich streift er seit vielen Jahren durch seine Heimatstadt und schreibt auf, was ihm begegnet, ob es ihn nun ärgert oder freut. Und weil seine Mitmenschen so eitel sind, hält er sie auch noch als Portrait fest, das sie dann aufbewahren und herumzeigen können. Und mit Menschen umgehen kann mein Enkel allemal. Schließlich gibt er mehreren Menschen Lohn und Brot, und das schon viele Jahre. Freunde hat er übrigens nicht viele, aber gute.

Ich kann das alles nicht. Ich kann gut mit Weibsbildern umgehen. Mit meiner treuen Frau Dortje habe ich inzwischen fünf Kinder, und alle sind wohlgeraten. Unser Erstgeborener kam sogar auf die Welt, bevor wir copuliert wurden. Und auch da hat es mir mein Ur-Ur-Enkel wohl gleichgetan, wie mir berichtet wurde…

So empfehle ich Euch, werte Herren, meinen Ur-Ur-Enkel als Stadtschreiber auf der fernen Burg. Mit Wahrheit, Wissen und Witz wird er dem hehren Zweck der Bekanntmachung dienen und Euren Zielen zu Ruhm verhelfen.

Untertänigst bin ich Euer

Joachim Rudolph Plaisier
Schmiedegesell zu Stickhausen