Auf http://burgenblogger.org/bewerbungen sind einige der öffentlichen Bewerbungen und eingerichteten Blogs gesammelt. Besonders bemerkenswert: Der Betreiber Hagen Graf hat sich selbst beworben. Und eine Kollegin aus Leipzig ist auch dabei… Eine Blogparade ist bereits angelaufen. Natürlich stöbere ich auch mal, wie die Mitbewerber so ihre Ideen präsentieren. Ganz schön kreativ! Ein Video fand ich besonders toll. Soll ich…. Stopp! Meine Firma heißt [Der Mann für den Text]. Was ich so mache, kann man zum Beispiel in diesem Interview nachlesen. Das Wort ist meine Welt. Foto, Video und Graphik überlasse ich Spezialisten als Partner. Auf diese Kernkompetenz werde ich mich besinnen. Und eines ist für mich auch klar: Stockfotos aus Portalen wie Fotolia und Pixelio haben in einem persönlichen Blog nichts zu suchen. Ein persönlicher Blog erfordert persönliche Fotos.
Eine verrückte Idee: Der Burgenblogger verdoppelt sich
Warum soll ich eigentlich alleine von der Burg bloggen? Wäre es nicht viel spannender, wenn eine zweite Person mit mir zusammen sechs Monate erlebt und ihre Sicht in meine Blogbeiträge einfließen lässt? Idealerweise wäre das auch ein Kreativer, am besten ein Journalist. Natürlich dürfte das die Kasse nicht zusätzlich über Gebühr belasten. Und ich habe da auch schon eine Idee…
Erste Fragen: Von Künstlersozialkasse bis zur Bettstatt
Als freiberuflicher Journalist bin ich in der Künstlersozialkasse KSK versichert. Das bedeutet für mich: Voller Schutz bei finanziellen Vorteilen. Bleibt das auch so bei einem Werkvertrag? Bei der KSK beruhigt man mich: Durch einen Werkvertrag blieben die Voraussetzungen für eine Versicherung erhalten. Eine Hürde ist übersprungen.
Als Honorar für den Burgenblogger werden 2.000 Euro brutto monatlich ausgelobt. Ich unterliege der Umsatzsteuerpflicht. Heißt das, ich muss aus dem Betrag noch die USt herausrechnen? Bei einem Satz von 19% wären dies immerhin 317,40 Euro. Aber sind es wirklich 19%? Ich versteuere journalistische Leistungen mit 7%. Die finanzielle Seite des Projektes obliegt der Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz. Notiz an mich: Dort nachfragen.
Und dann gibt es da noch Kleinigkeiten, zum Beispiel die Fragen, ob es auf der Burg einen Fernseher und eine Waschmaschine gibt und ob das Bett auch lang genug ist für einen Burgenbloggerbären. Aber darauf kann ich ja Einfluß nehmen. Steht in der Ausschreibung.
Erste Entscheidungen
Die Nacht war kurz. Zu sehr beschäftigt mich die Chance, journalistisch mit der Aufgabe des Burgenbloggers Neuland zu betreten.
Ich habe einige Entschlüsse gefasst:
Ich werde nicht darüber schreiben, wie Burg Sooneck die Wirren der Geschichte überstanden hat und welche Probleme die Bewohner des Mittelrheintales heute beschäftigen. Das kann man in unzähligen Quellen nachlesen, und eine ordentliche Recherche hierzu dürfte für jeden Bewerber als Burgenblogger selbstverständlich sein.
Ich möchte meinen Weg beschreiben bis zu dem Entschluss, ob ich mich bewerbe oder nicht. Noch ist das nicht klar. Vor zwölf Jahren habe ich das gesicherte Beamtenverhältnis für das Haifischbecken des Freiberuflers aufgegeben. Bei derart weitreichenden Entscheidungen war mir neben der Begeisterung ein kühler Kopf immer ein guter Ratgeber. So soll es auch hier sein, und das werde ich dokumentieren.
Attraktive Ausschreibung: Auf Burg Sooneck am Mittelrhein wird ein Burgenblogger gesucht
Das ist doch mal ein spannendes Angebot für alle, die im Umgang mit Social Media erfahren sind: Auf Burg Sooneck am Mittelrhein wird ein Burgenblogger gesucht. Das Amt, eine Fortschreibung des bekannten Stadtschreibers, soll sechs Monate von März bis Oktober 2015 ausgeübt werden. Gesucht wird eine Persönlichkeit, „die sich nicht über das Mittelrheintal erhebt, sondern sich auf diese Gegend einlässt, mit einem Faible für die Thematik und einer Grundsympathie für die Mittelrheiner“. Der Burgenblogger sollte sich Zeit nehmen, das Tal und seine Menschen kennenzulernen. Gebloggt wird in einem extra dafür eingerichteten Blog – täglich zumindest kurz, mindestens einmal in der Woche lang. Angedacht ist eine parallele Übertragung des Blogs ins Englische, „weil das Mittelrheintal weltweit ein Begriff ist“. Das Wort wird idealerweise ergänzt durch Fotos und Videos. Für Journalisten wichtig: Die Organisatoren versprechen, es gibt kein Abnahmeverfahren für die Postings. Die Rhein-Zeitung wird die Beiträge des Burgenbloggers über Rhein-Zeitung.de und Social Media verbreiten helfen.
Ich bin elektrisiert. Meine Gedanken überschlagen sich. Ruhig Blut. Das will gut überlegt sein. Mit wem muss ich alles sprechen, bevor ich mich bewerbe? Schaffe ich das finanziell? Schließlich beschäftige ich Autoren, für die ich Verantwortung trage. Und sehen vier Augen bei einer solchen Aufgabe nicht mehr als zwei? Nun ist er dahin, der ruhige Sonntag. Aber das finde ich gar nicht schlimm.
Longlist zum Deutschen Buchpreis 2014 mit einigen Überraschungen
Die Longlist zum Deutschen Buchpreis 2014 liegt vor. Wer einige der Titel noch nicht kennt, kann sich ab kommender Woche in der Buchhandlung seines Vertrauens ein Heftchen mit Leseproben holen.
Dies sind die 20 Nominierten:
- Lukas Bärfuss: “Koala” (Wallstein, März 2014)
- Ulrike Draesner: “Sieben Sprünge vom Rand der Welt” (Luchterhand, März 2014)
- Antonio Fian: “Das Polykrates-Syndrom” (Droschl, Februar 2014)
- Franz Friedrich: “Die Meisen von Uusimaa singen nicht mehr” (S. Fischer, August 2014)
- Thomas Hettche: “Pfaueninsel” (Kiepenheuer & Witsch, September 2014)
- Esther Kinsky: “Am Fluß” (Matthes & Seitz Berlin, August 2014)
- Angelika Klüssendorf: “April” (Kiepenheuer & Witsch, Februar 2014)
- Michael Köhlmeier: “Zwei Herren am Strand” (Hanser, August 2014)
- Martin Lechner: “Kleine Kassa” (Residenz, Februar 2014)
- Gertrud Leutenegger: “Panischer Frühling” (Suhrkamp, März 2014)
- Charles Lewinsky: “Kastelau” (Nagel & Kimche, Juli 2014)
- Thomas Melle: “3000 Euro” (Rowohlt.Berlin, August 2014)
- Matthias Nawrat: “Unternehmer” (Rowohlt, März 2014)
- Christoph Poschenrieder: “Das Sandkorn” (Diogenes, Februar 2014)
- Lutz Seiler: “Kruso” (Suhrkamp, September 2014)
- Saša Stanišić: “Vor dem Fest” (Luchterhand, März 2014)
- Heinrich Steinfest: “Der Allesforscher” (Piper, März 2014)
- Marlene Streeruwitz: “Nachkommen.” (S. Fischer, Juni 2014)
- Feridun Zaimoglu: “Isabel” (Kiepenheuer & Witsch, Februar 2014)
- Michael Ziegelwagner: “Der aufblasbare Kaiser” (Rowohlt.Berlin, März 2014)
Rezension: Sophie Sumburane, Gefährlicher Frühling. Oder: Wenn Politik unter die Haut geht
Regionalkrimis dürften allmählich ihren Zenit überschritten haben – zumindest dann, wenn der Autor seine Story nicht mit einem grundlegend neuen Aspekt anreichert, wie es Sophie Sumburane bei ihrem zweiten Krimi „Gefährlicher Frühling“ gelungen ist. Sie meistert den Kunstgriff, einen Mordfall in einem Leipziger Ingenieurbüro mit den Geschehnissen des Arabischen Frühlings zu verknüpfen. Dieser Brückenschlag via illegale Waffentransporte gelingt ihr fast hervorragend. Nur fast hervorragend deshalb, weil der Roman erzählerische Schwächen aufweist, die den aufmerksamen Leser stören. Doch die Story funktioniert, wirkt nicht konstruiert und macht „Gefährlicher Frühling“ zu einem nicht leicht verdaulichen Stück leichter Unterhaltung.
Die Gretchenfrage: Wer war der Mörder?
Die Protagonistin, Kommissarin Charlotte Petzold, wird zu einem Mordfall in einem Ingenieurbüro gerufen, in dem die Chefin Hanna Stieg durch einen Kopfschuss regelrecht hingerichtet wurde. Ganz oben auf der Liste der Verdächtigen steht ihr Lebensgefährte, der sich von ihr trennen möchte, weil er sich zum Hausmännchen degradiert fühlt. Weil er zudem eine Affäre mit Petzolds Kollegin hat, muss diese gezwungenermaßen im Team mit dem jungen Kollegen Mario Lasslo ermitteln.
Eher zufällig stoßen die Ermittler auf Fotos von Waffen, ein verstecktes Konto im Ausland und einen ägyptischen Ingenieur, dessen Rolle in diesem Fall zunächst mehr als mysteriös ist. Die Vermutung, dass hinter diesem Mord weitaus mehr steckt als ein Eifersuchtsdrama, liegt also nahe. Offensichtlich werden über das scheinbar saubere Ingenieurbüro Waffen an die Machthaber in Ägypten verschoben, die damit die sich anbahnenden Aufstände niederschlagen. Dieser Verdacht erhärtet sich erst recht, als Charlotte Petzolds Chef auf offener Straße von einem Unbekannten erschossen wird.
Die Erzählweise
Sophie Sumburane erzählt „Gefährlicher Frühling“ in zwei parallel verlaufenden Handlungssträngen. Die Haupthandlung schildert den Fortschritt der Ermittlungen im aktuellen Mordfall, während der zweite Erzählstrang zwei Jahre weit in die Vergangenheit zurückreicht. Darin wird die Geschichte von Kalem Ryshad erzählt, der nach dem Tod seines Vaters in die Fänge von Mubaraks Schergen gerät und vor die Wahl gestellt wird, gefoltert zu werden oder selbst zum Folterknecht zu werden. Erst zum Finale hin laufen die beiden Erzählstränge zusammen und präsentieren ein überraschendes Ende.
Die Schwächen des Romans
Grundsätzlich bietet „Gefährlicher Frühling“ eine sehr viel bessere Story als jede beliebige Krimiserie und die meisten Blockbuster. Die einzelnen Kapitel der verschiedenen Handlungsstränge sind etwas knapp gehalten, sodass der Leser gedanklich häufig hin und her springen muss, was es schwierig macht, das Buch an einem Wochenende in einem Zug zu lesen. Wünschenswert wäre in diesem Zusammenhang auch eine knappe Zusammenfassung über die Ereignisse während des Arabischen Frühlings, insbesondere in Ägypten. Die Autorin setzt beim Leser Hintergrundwissen voraus, welches auch ein politisch interessierter Leser aufgrund des zeitlichen Abstandes nicht vollständig haben kann.
Darüber hinaus führt die Autorin zu viele Figuren im Umfeld der Protagonistin ein, die dann keine Rolle mehr für den Fortgang der Handlung spielen. Ebenso wie die Hauptcharaktere wirken diese insgesamt eher stereotyp. Das gilt auch für die Kommissarin Charlotte Petzold. Der Leser erfährt einiges über ihr Privatleben und ihr latentes Alkoholproblem, was die Figur aber dennoch nicht lebendiger wirken lässt.
Fazit
Die Story von „Gefährlicher Frühling“ hätte in den Nebenhandlungen noch weiter ausgebaut werden müssen, um der Geschichte mehr Atmosphäre und Tiefe zu geben. Rund 280 Seiten sind zu knapp, um eine Geschichte mit Verknüpfungen zu weltpolitischen Ereignissen so zu konstruieren, dass sie dem anspruchsvollen Leser gerecht wird.
Sophie Sumburane, Gefährlicher Frühling
Pendragon Verlag, 1. Auflage 2014
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Link zur Autorin: www.sophie-sumburane.de
Autor: Harry Sochor
Rezension: Laurent Seksik, Der Fall Eduard Einstein – Genie und Gene
Albert Einstein kennt man. Seine Forschungsergebnisse versteht man je nach Standpunkt und Vorbildung mehr oder weniger – sein Privatleben allerdings ist in vielen Bezugsgrößen als relativ chaotisch einzuordnen. Wenn man denn Einsteins zwischenmenschliche Beweggründe überhaupt kennen könnte. Und eben das möchte der Autor Lauent Seksik ermöglichen. Über den Umweg der Leidensgeschichte von Eduard Einstein.
Dazu die Fakten: Mit seiner ersten Ehefrau Mileva Marić hatte Albert Einstein drei Kinder; die bereits 1903 auf reichlich mysteriöse Art „verschwiegene und verschollene“ Tochter Lieserl sowie die beiden Söhne Hans Albert (1904–1973) und Eduard (1910–1965). Dieser Eduard war in seiner frühen Jugend ausgesprochen musikalisch begabt, schrieb zudem Gedichte, galt als sehr sensibel, aber auch lernbegierig und gelegentlich „anstrengend“. Bis schließlich 1933 bei ihm Schizophrenie diagnostiziert und er selbst für 14 Jahre seines Lebens in der Züricher Heilanstalt Burghölzli hospitalisiert wird. Für Albert Einstein war die Krankheit des Sohnes eindeutig genetisch bedingt – und zwar ausgehend von der Familie seiner inzwischen von ihm geschiedenen Ex-Frau Mileva.
Das Buch beginnt mit einem inneren Monolog Eduards kurz nach der Einlieferung in die psychiatrische Klinik. In der Folge teilt sich der Roman in drei Hauptstränge: die Eindrücke und Erlebnisse der Eltern Mileva und Albert aus auktorialer Perspektive sowie die Empfindungen Eduards als Ich-Erzählung. Und in den insgesamt 34 Jahren, die die Romanhandlung auf knapp 330 Seiten behandelt, passiert viel Erzählenswertes. Albert Einstein heiratet wieder, der aufkeimende Nationalsozialismus zwingt ihn zur Emigration, sein Verhältnis zu Ex-Frau und den beiden Söhnen wird schwieriger. In den USA bringt er sich durch sein soziales Engagement immer mehr in Misskredit. Seine zweite Frau stirbt, sein ältester Sohn Hans-Albert verfällt einer Sekte, auch der Enkel stirbt deshalb qualvoll, Albert Einsteins Weltekel nimmt stetig zu und er erkrankt unheilbar an einem fatalen Aneurysma der Aorta.
Parallel dazu und für mich noch faszinierender lesen sich da die Schilderungen von Eduard. Seine verquere Logik im Disput mit Psychiatern, vermeintlichen Gönnern, seiner Mutter oder den „Wärtern im Irrenhaus“ hat nahezu die Qualitäten von Alice im Wunderland. Seine Verzweifelungen über die oft brutalen Behandlungsmethoden gehen unmittelbar zu Herzen. Vor allem aber spiegelt sich das Leitmotiv seiner Schizophrenie in der allgemeinen Weltgeschichte genauso wie in der Biografie von Vater Albert Einstein. Beispielsweise in der bigotten Haltung der Schweiz gegenüber dem Nazi-Regime in Deutschland, in Einsteins Engagement erst für und dann wieder gegen den Bau der Atombombe oder in Amerikas Hysterie vor „kommunistischer Unterwanderung“ durch Intellektuelle während McCarthy’s Hexenjagd.
Alles in allem hat Laurent Seksik, übrigens studierter Mediziner, hier ein sehr genau recherchiertes und mit großer emotionaler Kraft verfasstes Werk vorgelegt. Dass er die Kunst der lebendigen Biografie beherrscht, hat Seksik schon 2011 mit einem besonders in Frankreich gefeierten Roman über Stefan Zweig beweisen. Dass er mehrere Perspektiven souverän und stimmig zu einem Gesamterlebnis verbinden kann, zeigt der „Fall Eduard Einstein“ mit fast jedem Satz. Dazu ein abschließendes Zitat aus den Gedanken des Titelhelden: “…trotzdem glaube ich zu wissen, dass ich nie Kinder haben werde. Das ist sicher die beste Methode, um zu vermeiden, dass man Vater wird.“
Laurent Seksik, Der Fall Eduard Einstein
Karl Blessing Verlag, 1. Auflage Mai 2014
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Rezension: Harald Wurst | ph1.de
Rezension: Michail Oscharow, Der große Argisch. Oder: Das literarische Zeugnis einer sterbenden Kultur
Gern wird Michail Oscharows Werk „Der große Argisch“ mit Shakespeares „Romeo und Julia“ verglichen. Der sibirische Autor erzählt eine tragische Liebesgeschichte in der von Tradition und Patriarchat geprägten Welt der Ewenken, einem ursprünglich nomadisch lebenden Volk Sibiriens. Dieser Vergleich ist wohl zu hoch gegriffen, jedoch darf „Der große Argisch“ als Nationalepos der Ewenken gelten.
Die Geschichte
„Der große Argisch“ erzählt die Geschichte der tragischen Liebe von Mikpantscha und seiner Schwägerin Schiktolok, die unter den Launen ihres tyrannischen Mannes Amurtscha leidet. Das junge Paar hatte keine Chance auf eine gemeinsame Zukunft, da ihre Ehe gemäß der Tradition von den Vätern – reichen Clanführern – arrangiert worden war. Moloschk hatte die Ehe für seinen ältesten Sohn arrangiert. Nach dem Tod des Vaters übernimmt Amurtscha die Führung des Clans. Er wird jedoch aufgrund seines Jähzorns mehr gefürchtet als respektiert. Zudem fühlt er seine Autorität durch den jüngeren Mikpantscha, der als stärker und klüger gilt, untergraben. Diese unglückselige Konstellation muss fast zwangsläufig in einer Katastrophe endet, als Schiktolok nach einer erneuten Eskalation in den Wald flüchtet und sich Mikpantscha auf die Suche nach ihr macht.
Legenden und Traditionen
Michael Oscharow gilt als Kenner der sibirischen Urvölker und ihrer Lebensweise. Er hat die Mythen und Legenden der Ewenken gesammelt und diese in sein Werk einfließen lassen, was die Protagonisten und ihre kleine Welt plastischer macht und lebendiger erscheinen lässt. Der Autor bettet die Geschichte in keinen zeitlichen Rahmen, was sie zunächst zeitlos erscheinen lässt. Jedoch deutet er immer wieder subtil an, dass sich große Veränderungen anbahnen.
Diese hatten zum Zeitpunkt, als Oscharow den Roman verfasste, bereits begonnen. Unter russischer Herrschaft, vor allem in der stalinistischen Ära, wurden die Nomaden sesshaft gemacht und konnten ihren ursprünglichen Tätigkeiten, also die Jagd, den Fischfang und die Zucht von Rentieren, in staatlichen Kolchosen weiter betreiben. Jedoch scheint auch die Ewenken das Schicksal anderer Ureinwohner zu treffen: Schon gegen Ende des 20. Jahrhunderts konnten nicht einmal mehr die Hälfte der Ewenken ihre ursprüngliche Sprache fließend sprechen. Heute ist der Alltag des einst stolzen Volkes von sozialen Problemen und Arbeitslosigkeit geprägt.
Eine mutige Tat
Indem Michael Oscharow die Mythen und Legenden der sibirischen Ureinwohner sammelte und erzählte, stellte er sich klar gegen die vorherrschende Meinung in der Sowjetunion der 1930er Jahre. Für sein Engagement wurde er wie viele andere Intellektuelle mit dem GULAG bestraft und 1937 hingerichtet. Sein literarisches Werk wäre fast vergessen worden. Eher zufällig stieß der Übersetzer und Herausgeber Erich Liaunigg auf den Text, den er während seines Russischstudiums bei einer Reise nach Irkutsk geschenkt bekam, Jahre später darin las und ins Deutsche übersetzte. „Der große Argisch“ ist als Trigolie angelegt. Der letzte Teil gilt als verschollen, das zweite Fragment wurde noch zu Lebzeiten des Autors veröffentlicht.
Fazit: ein Buch für Liebhaber
„Der Große Argisch“ ist kein Buch für eine breite Leserschaft. Dafür ist das Motiv der tragischen Liebesgeschichte schon zu oft erzählt worden, zumal es dem Werk an wirklich überraschenden Wendungen fehlt. Für Ethnologen stellt es hingegen eine wahre Fundgrube dar. Und auch Western- und Easternfans dürften sicher ihren Spaß beim Lesen haben. Denn stilistisch erinnert „Der große Argisch“ etwas an Jack London mit dem Unterschied, dass Oscharow aus der Perspektive der Ureinwohner erzählt. Insgesamt ist „Der große Argisch“ ein solide erzähltes Stück Unterhaltung. Zu einem vielleicht herausragenden Stück russischer Literatur machen das Buch lediglich die Hintergründe der Entstehungsgeschichte.
Michael Oscharow, Der große Argisch
Edition Liaunigg e.U., Wien
Autor: Harry Sochor
Akif Pirinçci droht mir mit Klage – ein Autor als Antisemit und Hetzer übelster Sorte
Mein letzter Beitrag über die Facebookseite von Akif Pirinçci hat verhaltene Resonanz gefunden. Ich habe einige private Nachrichten dazu bekommen, die sich nicht öffentlich auf dem Blog äußern wollten. Vielleicht ändert sich das ja heute nach dem aktuellen Eintrag von Pirinçci. Ich denke, er kann von mir unkommentiert bleiben:
BOYKOTT JETZT!
Viele fragen sich in diesen aufregenden Tagen, weshalb ich die schlimmen Vorgänge in Israel/Gaza nicht kommentiere. Ganz einfach, weil ich dann Konsequenzen ziehen und dieses Scheißjudenland boykottieren müßte… Ich müßte praktisch mein ganzes Leben auf dem Kopf stellen, wenn ich diese Scheißjuden boykottieren müßte. Am allermeisten würde es mich schmerzen, daß ich dann keine US-Filme- und Serien mehr schauen könnte, weil mehr als die Hälfte deren Drehbuchautoren Juden sind… Allerdings ist mir zu Ohren gekommen, daß es auch Leute gibt, die keine Moslems mögen. Die haben es natürlich gut. Denn sie können frank und frei jegliche Erfindungen und Errungenschaften von Moslems der letzten 100 Jahre boykottieren – die da sind: … … … … … … … … …
Nachtrag:
Herr Pirincci schickte mir zu diesem Posting folgende Stellungnahme:
Wenn du das Posting nicht in voller Länge veröffentlichst und durch Weglassung verfälschst, kriegst du eine Klage Hals, Freundchen. Darauf mein großes Indianerehrenwort.
Bitte sehr, Herr Pirincci. Eine inhaltliche Auseinandersetzung bei Ihnen findet nicht statt. Wer das Posting in voller Länge nachlesen will, kann das auf der Facebookseite von Herrn P. tun: