24 Stunden – 24 Autoren: Gelungenes Schreibexperiment der TOP-Autoren von Amazon

Anthologien sind eine gute Möglichkeit für Autoren, sich vor Veröffentlichung eines eigenständigen Werkes zu präsentieren. Da ist es schon ungewöhnlich, wenn sich 24 renommierte Selfpublishing-Pioniere aus eBook und Print mit beeindruckenden sechs Millionen Verkäufen zu einem gemeinsamen Krimiprojekt zusammenfinden (okay, es sind 21, die Pseudonyme abgezogen). „24 Stunden – 24 Autoren“ ist eine spannende Story mit Abschnitten von Erotik bis Dystopie, die den Leser fordert und immer wieder überrascht.

Cover_24-188x300Die Handlung: Das fiktive Grandhotel am Berliner Kurfürstendamm, nachempfunden dem Kempinski Hotel Bristol, erlebt turbulente 24 Stunden mir einem verschwundenen Fußballer, einem Fenstersturz, einer Schießerei, einem Interpol-Kongress und weiteren menschlichen Tragödien und Liebeleien. Der Reiz: Jedem Autor wurde eine Stunde zugewiesen, die er in seinem Stil und seinem Genre gestalten und dabei Charaktere aus den eigenen Werken einbringen konnte. Zuvor hatte Michael Meisheit, erfahrener Drehbuchautor für die Lindenstraße, in Zusammmenarbeit mit den Krimiautoren Elke Bergsam und Bela Bolten den Plot konstruiert.

Ist so ein Wirrwarr überhaupt reizvoll für einen Leser? „Ich finde, es hat erstaunlich gut funktioniert“, urteilt Lektorin Dorothea Kenneweg. „Beim Lesen lässt man sich schnell auf das Konzept ein, wie auf ein Spiel, und die Abwechslung macht dadurch sogar erst den Reiz aus.  Natürlich muss man gewillt sein, sich auf die verschiedenen Autoren einzulassen – inklusive der verschiedenen Genres.“ Die besondere Herausforderung des Lektorates: Es sollte nicht „glattgebügelt“ werden,  jeder Autor sollte seine Eigenheiten behalten dürfen. „Deshalb gibt es beispielsweise mal ein Kapitel, das im Präsens erzählt ist, während der Rest in der Vergangenheitsform steht; mal in der Ich-Perspektive, mal in der dritten Person. So etwas wurde bewusst in Kauf genommen.“

Mir hat genau dieser Wechsel gefallen, der trotz aller Verschiedenheiten immer wieder den roten Faden der Story gekonnt aufnimmt. Wer sich davon überzeugen möchte, kann hier an einer Verlosung teilnehmen und ein Exemplar gewinnen (noch bis zum 31. März).

Beteiligte Autoren am Projekt „24 Stunden – 24 Autoren“ (in alphabetischer Reihenfolge): Poppy J. Anderson, Elke Bergsma, Béla Bolten, David Gray, Marcus Hünnebeck, Hannah Kaiser, Siegfried Langer, Karola Löwenstein, Nika Lubitsch, Vanessa Mansini, Matthias MattingJule Meeringa, Michael Meisheit, Hanni Münzer, Petra Röder, B.C. Schiller, Klaus Seibel, Catherine Shepherd, Hannah Siebern, Babsy Tom, Daphne Unruh, Mike Wächter, Kirsten Wendt und Ella Wünsche.

Die folgenden Fotos entstanden während der Buchvorstellung im Leipziger Amazon Logistikzentrum am 14. März 2015 (alle Fotos: Detlef M. Plaisier)

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Rezension: Matthias Jügler, Raubfischen

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Matthias Jügler, 1984 in Halle geboren mit Masterstudium am Deutschen Literaturinstitut Leipzig, legt mit „Raubfischen“ seinen Debütroman vor. Der Einband sieht vielversprechend aus – ein pastellfarbenes Blaugrau mit der schönen Graphik eines Fischerbootes. Um Daniel und seinen Großvater soll es gehen, um ihren gemeinsamen Angelurlaub in Schweden und darum, dass der Großvater an ALS erkrankt – woraufhin Daniel einen „waghalsigen“ Entschluss fasst, wie es auf der Rückseite des Buches heißt. Gespannt schlage ich den Roman auf – und bin enttäuscht.

Raubfischen Cover
Quelle: www.blumenbar.de

Konstruiert

Die ersten Kapitel des Buches habe ich das Gefühl, des Autors Anliegen sei es, möglichst keinen Satz mit mehr als fünf Wörtern zu schreiben. Das ändert sich zum Glück nach dem ersten Drittel. Besser wird es dennoch nicht. Denn allen Kapiteln gemeinsam bleibt die ausufernde Anhäufung von Detailschilderungen, welche mich regelmäßig den Faden verlieren lassen. Solcherlei literarische Konstruktionswut dürfen sich meines Erachtens nur Autoren wie Musil erlauben, deren Wälzer genügend Raum dafür bieten. In einer Erzählung jedoch, die vorgibt, ein Roman zu sein, scheint sie mir unangebracht.

Distanziert

Der Inhalt kommt nur mit Mühe bei mir an und verliert auf seinem Weg die Kraft, mich zu berühren: Neben den Kaffee-und-Kuchen-Schilderungen erhasche ich ein paar Sätze, aus denen hervorgeht, wie mitgenommen alle von der Erkrankung des „Großvaters“ sind. Mich lässt das ziemlich kalt. Weder wurde mir Grundlegendes zu der Krankheit ALS erzählt, noch hatte ich die Möglichkeit, eine Beziehung zu den Handlungsfiguren aufzubauen, von denen der Ich-Erzähler Daniel so verstörend förmlich („Mutter“, „Vater“, „Großmutter“, „Großvater“) berichtet.

Gleich gestelltes Vielerlei

Neben der Erkrankung geht es auch ums Hechtefangen (daher „Raubfischen“), um Daniels Ferien in Schweden und heimliches Rauchen, um eine Fehde zwischen dem Großvater und dem Verkäufer des Ferienhauses namens Åge. Aus einer Rückblende wird klar, dass die Großmutter mit diesem vor Jahren mal geliebäugelt hatte. Daher also. Drei hübsch von Tim Jockel illustrierte Kapitel handeln vom Leben unter Wasser aus Fischperspektive und fallen damit etwas aus der Reihe, sind aber durchaus angenehm zu lesen. Ansonsten stehen alle Handlungsstränge gleichberechtigt nebeneinander, alle Sätze sind gleich gewichtet. Um der Erzählung zu folgen und ihre Bedeutung zu erfassen, muss ich mich entsprechend konzentrieren und nachdenken. Dennoch erschließt sich mir nicht, was nun eigentlich so „waghalsig“ an Daniels Entschluss sein soll, mit seinem Großvater und dessen Beatmungsgerät noch eine letzte Reise nach Schweden zu unternehmen.

Mein Fazit

Auf der Rückseite bemerkt Matthias Nawrat: „Wie [Jügler] vom Ende eines Lebens erzählt, lässt uns lange nicht mehr los.“ Mich hat es gar nicht erst gepackt.

Matthias Jügler, Raubfischen
Blumenbar, 2015
Website des Autors: http://www.matthiasjuegler.de/
Online bestellen: https://www.buchhandel.de/buch/Raubfischen-9783351050146
Autorin der Rezension: Katja Weber

Rezension: Gunnar Ardelius, Die Liebe zur Freiheit hat uns hierher geführt

Titel und Klappentext klangen mehr als interessant. Ich rechnete mit Parallelen zu meinem eigenen Leben, denn ich hatte selbst vor ein paar Jahren den großen Schritt gewagt und wanderte vorübergehend aus. Doch letztendlich gab es nur ganz wenige Gemeinsamkeiten. Ich konnte mich in Margrets Lage versetzen. Während der Mann seiner neuen Tätigkeit mit großer Begeisterung nachging, saß sie in einem tollen Haus und langweilte sich. Mir ging es ganz genau so, doch ging ich auf andere Art mit der Situation um und suchte mir schnell einen Job. Das lag sicherlich auch daran, dass ich aus voller Überzeugung diesen Weg gegangen war. Margret dagegen verspürt keine große Lust auf Afrika, sehnt sich nach dem kalten Wetter von Stockholm, vermisst ihren Liebhaber und lässt ihre ganze Wut an einem wehrlosen Dienstboten aus. Ihre Wutausbrüche hat sie immer weniger unter Kontrolle und am Ende bohrt sie dem ahnungslosen Schlangenjungen eine Stricknadel in den Oberschenkel.

Quelle: www.randomhouse.de
Quelle: www.randomhouse.de

Verloren in der Unabhängigkeitsbewegung Liberias
Schon bei der Ankunft in Liberia ist die Familie zerrüttet. Margret nimmt ein Geheimnis mit auf die Reise. Hektor weiß nicht nichts von ihrem Liebhaber und schon gar nichts von Margrets heimlicher Reise nach Polen. Hier ließ sie das Kind ihres Liebhabers abtreiben. Der Sohn Marten ist auf der Suche nach seinem Platz im Leben. Er vermisst seine Freundin Laura und hat einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Dieser wird ihm am Ende fast zum Verhängnis, denn er solidarisiert sich mit den Minenarbeitern, streikt und wird schließlich von den Soldaten verhaftet. Die fehlende Mutterliebe sucht er woanders und freundet sich mit dem Schlangenjungen an. Die Freundschaft festigt sich. Margret kann den Schlangenjungen nicht leiden. Sie will ihn vertreiben, denunziert ihn und attackiert ihn verbal und körperlich. Auch Hektor hat Probleme. Er kommt mit seinem Vorgesetzten nicht klar und auch die Hitze macht ihm zu schaffen. Er wagt einen Spagat zwischen Job und Familie, denn die Solidarität seines Sohnes mit den Minenarbeitern bringt ihn immer wieder in Misskredit.

Ein fragwürdiger Titel
Der Titel animiert zum Lesen. Allerdings hält er nicht wirklich, was er verspricht. Am Anfang des Buches ist die Familie noch auf der Suche nach Freiheit und Abenteuer. „…ein Schnattern und Ticken, das sie an nichts erinnerte, was sie jemals gehört hatte.“ Die erste Nacht in Liberia ist voller Spannung. Doch mit jedem Tag mehr zerbrechen die Erwartungen. Mit jeder Seite mehr werden die Familienprobleme offen gelegt. Schon bald merkt der Leser, dass Margrets Familienproblem der Grund waren, nach Afrika zu gehen und keineswegs die Liebe zur Freiheit. Margret erinnert sich schon nach wenigen Tagen daran, wie gleichgültig sie Schweden verlassen hatte: „Mit Gleichgültigkeit betrachtet Margret den Schneematsch und die Brücke über die Åstra-Inseln.“ Doch nun sehnt sie sich zurück nach dem kalten Stockholm, nach den dunklen Tagen im Winter und nach den Schneemassen, die Schweden oft schon im Oktober überziehen. Irgendwann wird allen in der Familie klar, dass sie im fernen Liberia nicht vor ihren Problemen weglaufen können.

Mein Fazit
Ich erwartete eine Familie, die nach Afrika auswandert und sich dort mit den neuen Begebenheiten vertraut machen muss. Eine Familie, die voller Erwartung und Vorfreude ist und mit Überzeugung an einem anderen Ort ganz von vorne anfängt. Zwar setzen die Agierenden sich auch mit den Ereignissen in Liberia auseinander, aber das gesamte Buch wird von Familienproblemen dominiert. Trotzdem fesselt die Spannung, und besonders Margrets Charakterzüge haben mich mitunter erstarren lassen.

Gunnar Ardelius, Die Liebe zur Freiheit hat uns hierher geführt
Karl Blessing Verlag, 2015
Online bestellen: https://www.buchhandel.de/buch/Die-Liebe-zur-Freiheit-hat-uns-hierher-g-9783896675484
Autorin der Rezension: Carina Tietz

Rezension: Conrad Lerchenfeldt, Die Legende der böhsen onkelz

Man muss die Musik der Böhsen Onkelz nicht kennen, um die Band trotzdem hassen zu können, oder? So lautet meist das einhellige Urteil politisch (über)korrekter Rockfans. Schließlich waren die „Onkelz“, wie sie von ihrer treuen Fangemeinde genannt werden, einst in der Skinhead-Szene zuhause und standen zumindest phasenweise als Synonym für den aufkeimenden Rechtsrock aus deutscher Produktion. In seinem Buch „Die Legende der böhsen onkelz“ räumt der Musikjournalist Conrad Lerchenfeldt mit Vorurteilen auf und zeichnet die seit mehr als drei Jahrzehnten währende Geschichte einer der umstrittendsten deutschen Bands nach.

Der Abschied als Einstieg

Quelle: www.m-vg.de
Quelle: www.m-vg.de

Um begreifen zu können, was die besondere Faszination der Band für die Fans ausmacht, beschreibt Lerchenfeldt in seinem einleitenden Vorwort das 2005er Abschiedskonzert auf dem Lausitzring, wo die Böhsen Onkelz von internationalen Top-Acts wie Motörhead oder Rose Tattoo begleitet wurden. Hier gingen 120.000 Fans vor der Band in die Knie, um sich für 25 gemeinsame Jahre in einer verschworenen Gemeinschaft zu bedanken.

Ein Zufall führt zur Musik

Die Böhsen Onkelz, das sind Stephan Weidner, Kevin Russell, Matthias Röhr und Peter Schorowsky. Sie alle stammen aus eher bildungsfernen oder zerrütteten Elternhäusern und entdeckten gemeinsam, beeinflusst von der Punk-, später von der Oi-Bewegung, Musik als Mittel, um ihren Frust auf die Gesellschaft und ihr eigenes Leben auszudrücken. In den ersten Jahren stand in den Songs neben Saufen und Gewalt auch Nationalstolz im Vordergrund, der eben auch von der rechten Szene vereinnahmt wird. Das und die Tatsache, dass in den ersten Jahren Auftritte in stramm rechten Locations vor entsprechendem Publikum stattfanden, verfolgen die Böhsen Onkelz bis in die Gegenwart hinein. Nach den Schilderungen Lerchenfeldts gewinnt der Leser den Eindruck, dass die vier Musiker der Böhsen Onkelz in den Anfangsjahren ihre musikalische Karriere wohl eher etwas naiv gestartet hatten, indem sie populäre Parolen aus ihrem Umfeld vertonten und Auftrittsmöglichkeiten nutzten.

Gesinnungswandel oder nicht?

Den Gesinnungswandel von einer eher krawalllastigen hin zu einer kritischen und national angehauchten, aber nicht unbedingt nationalistischen Band schildert Lerchenfeld ebenso ausführlich, wobei er auch so manche absurde Situation darstellt: Beispielsweise, wenn die Böhsen Onkelz auf öffentlichen Diskussionen dazu aufgefordert werden, ihren Gesinnungswandel unter Beweis zu stellen, sich auf den gleichen Veranstaltungen aber Konzertveranstalter weigern, mit den Onkelz zusammenzuarbeiten, eben weil sie angeblich rechts sind. Am deutlichsten für den Laien wird der Gesinnungswandel nach jener verhängnisvollen Silvesternacht 2009, als Sänger Kevin Russell unter Drogeneinfluss einen Verkehrsunfall verursacht, in dem zwei Unschuldige fast zu Tode kamen: Die Onkelz nehmen den Sänger nicht in Schutz, sondern fordern ihn auf, zu seiner Tat zu stehen. Der anschließende Entzug und die Gefängnisstrafe dürften eine wichtige Voraussetzung für die Reunion 2014 gewesen sein.

Mein Fazit

Das Buch von Conrad Lerchenfeldt überzeugt vor allem durch die weitgehend neutrale und wertungsfrei geschilderte Geschichte der Band. Der interessierte Leser findet im Anhang ein Quellenverzeichnis, mit dessen Hilfe er tiefer in das Thema einsteigen kann. Man mag die Onkelz und ihre Musik mögen oder nicht – faszinierend ist ihre Geschichte allemal.

Conrad Lerchenfeldt, Die Legende der böhsen onkelz
riva Verlag, 2015
Online bestellen: https://www.buchhandel.de/buch/Die-Legende-der-boehsen-onkelz-9783868835601
Autor der Rezension: Harry Pfliegl

Rundgang zu jungen Independent-Verlagen: Klassiker, Regionales und ganz schön Mutiges

Die Kurt Wolff Stiftung, benannt nach dem legendären Verleger und Entdecker Franz Kafkas, fördert vielfältig die unabhängige Verlags- und Literaturszene. Unabhängig heißt meist klein, aber auch genauso kreativ wie in der Welt der Großen. Stefan Weidle, Mitglied im Stiftungsvorstand, führte humorvoll und schnellen Schrittes eine kleine Lesergruppe zu ausgewählten Verlagen. Hier einige kurze Einblicke:

32_zuKlampen_FJ15_Allgemein_web„Leipzig? Großartig. Hier können wir mit ganz normalen Lesern plaudern.“ Verleger Dietrich zu Klampen aus dem wunderschönen Springe am Deister , unweit von Hannover, ist gut gelaunt. Er präsentiert mit Herzblut regionale Bücher mit Hannover-Bezug, Lyrik, Krimis, Texte zu Wissenschaft und Essays. Essays? „Ja, wir halten das für eine unterschätzte Form. Und wir lieben es, gegen den Mainstream geistige Stinkbomben zu werfen.“

Meine Buchempfehlung aus dem zu Klampen Verlag:
Ingeborg Prior, Sophies Vermächtnis. Die Lebensgeschichte der Kunstsammlerin Sophie Lissitzky-Küppers, Ehefrau des Künstlers El Lissitzky (Wiederauflage). Weitere Informationen hier.

logoPeter Hammer hat es nie gegeben. Die französische Form „Pierre Marteau“ war ein Pseudonym, das kritische Schriftsteller und Drucker im ausgehenden 17. Jahrhundert als Schutz vor Verfolgung durch die Obrigkeit nutzten. Diese Tradition,  gegen den Strich gebürstet und politisch provokant, nimmt der Peter Hammer Verlag mit einem breit gefächerten Programm auf. Es reicht vom Gesamtwerk Ernesto Cardenals in deutscher Sprache über anarchistische Philosophie, afrikanische und lateinamerikanische Literatur bis zum kleinen Maulwurf. „Unsere Autoren wissen, dass sich ein kleiner Stab trotz kleinen Werbebudgets mit guten Kontakten um sie kümmert.“

TZy89BHnAndré Gstettenhofer gründete den Salis Verlag 2007 mit dem Ziel, junge Schweizer Literatur zu fördern. Inzwischen umfasst das Programm auch Autoren aus Österreich und Deutschland, die in Deutsch schreiben; Übersetzungen gibt es nicht. Verlegt wird, was am Herzen liegt, von Belletristik über Wortakrobatik bis zum Kinderbuch. Spannend: „Zehn wichtigste Ereignisse meines Lebens„, ein Langzeitprojekt im Internet.

Meine Buchempfehlung aus dem Salis Verlag:
Tilman Strasser, Hasenmeister. Weitere Informationen hier.

fruehjahr-2015Am meisten hat mich der Guggolz Verlag beeindruckt. Einzelkämpfer Sebastin Guggolz hat gerade sein zweites Programm vorgelegt. Sein Credo: „Ich glaube fest daran, dass die Verlagsbranche nicht stirbt.“ Man dürfe als kleiner Verlag nicht mit den Großen in Konkurrenz treten und müsse sein Programm in höchstens zwei Sätzen beschreiben können. Seine Sätze? „Ich veröffentliche Neuentdeckungen und Wiederentdeckungen.“ Schwerpunkte sind Ost- und Nordeuropa. Coup zum Verlagsstart: Sebastian Guggolz erwarb die Rechte für Frans Eemil Sillanpää, den bisher einzigen finnischen Nobelpreisträger für Literatur (1939). Zum Frühjahr 2015 ist das Meisterstück der färöischen Literatur der Star.

Dies ist auch meine Buchempfehlung:
Heðin Brú, Vater und Sohn unterwegs. Leseprobe und weitere Informationen hier.

Vizepräsident des Deutschen Bundestages ist „Sprachwahrer des Jahres 2014“

Jährlich wählen die Leser der „Deutschen Sprachwelt“, Organ des „Vereins für Sprachpflege e.V.“, den „Sprachwahrer des Jahres“. Die Auszeichnung ehrt besondere Bemühungen um die Bewahrung der deutschen Sprache. Für das Jahr 2014 wurde jetzt Johannes Singhammer, CSU-Mitglied und Vizepräsident des Deutschen Bundestages, ausgezeichnet.

SALE-Aufkleber_Muster_kleinWie die „Deutsche Sprachwelt“ in ihrer jüngsten Ausgabe Nr. 59 berichtet, hatte Singhammer bereits 2006 eine Selbstverpflichtung unterzeichnet, wonach er in seinen Reden auf eine „verständliche und bürgernahe Sprache“ achten und sich für das „Ansehen der deutschen Sprache“ einsetzen wollte. 2014 hatte Singhammer die Institutionen der EU scharf kritisiert: „Das Motto der EU lautet: Deutsches Geld ja, deutsche Sprache nein.“ Außerdem tadelte Singhammer Bundesverteidigungsministerin von der Leyen öffentlich, dass sie ihre Rede vor der Münchner Sicherheitskonferenz auf Englisch gehalten hatte.

Gleichzeitig geißelt die „Deutsche Sprachwelt“ öffentliche Mandatsträger, die nach ihrer Meinung als besondere Sprachsünder auffielen. Im aktuellen Fokus: Alexander Graf Lambsdorff, Europaabgeordneter der FDP. Er setze sich dafür ein, dass Englisch in Deutschland Verwaltungsspache werde, mittelfristig sogar Amtssprache. Protestbriefe seien zu richten an „Sprachsünder Alexander Graf Lambsdorff MdEP, Europäisches Parlament, Brüssel“.

buchhandel.de verbessert Reichweite und Rechtssicherheit für Literaturblogger

buchhandel.de ist die bewusste Entscheidung, Medien lokal und online einzukaufen. Über 800 Buchhandlungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz sind angeschlossen, rund zwei Millionen Titel sind verfügbar. Zum Angebot für Buchhandlungen, Verlage und Bibliotheken wirbt buchhandel.de jetzt auch um Literaturblogger. In der erstmals eingerichteten Bloggerlounge der Leipziger Buchmesse stellte Kirsten Haas, im Netz als „Kiki“ unterwegs, die Möglichkeiten vor. 

image_manager__cfu_buchhandel_de_pb_banner_160x125_visual_1„Ihr seid neben den Buchhändlern die Fachleute für Bücher.“ Kiki Haas zieht schnell die Aufmerksamkeit der Blogger auf sich. Und sie kennt deren Nöte: Wann darf ein Buchcover eingebunden werden? Da ist die Abmahngefahr groß. Ab sofort bietet buchhandel.de die Möglichkeit, die Buchcover-Abbildungen des Portals für Literaturblogs zu nutzen. „Das ist kostenlos und schafft Rechtssicherheit“, macht Kiki Haas das Angebot schmackhaft. Nach einer unkomplizierten Registrierung bei buchhandel.de wird ein hinterlegtes Cover in den Blogbeitrag eingebunden. Es erfolgt keine Speicherung auf dem lokalen Blog. Bei einer Änderung des Covers erfolgt eine automatische Anpassung. Zusätzliche bibliographische Informationen sind zunächst nicht geplant. Ungeklärt ist noch die Einbindung auf YouTube.

Ein zweites Angebot verbessert die Reichweite und Sichtbarkeit von Blogs. Auf der Startseite von buchhandel.de werden im zweiwöchigen Wechsel Buchhändler und Blogger vorgestellt. Blogger können zusätzlich zu einem Kurzportrait und der Blog-URL bis zu 24 ihrer favorisierten Titel einstellen. Mittels Archivfunktion können alle vorgestellten Blogs abgerufen werden.

Das Anmeldeformular für Blogger gibt s hier.

Achter Verlag: Ein Dorf in der Eifel macht schöne Bücher

75 Einwohner, ein Hirsch im Wappen und ein Verlag: Das ist das Dörfchen Acht in der Vulkaneifel, Namensgeber für den Achter Verlag von Wolfgang Orians. Er ist Büchermacher mit einem klar formulierten Anspruch: Er will schöne Bücher. Viele davon liegen oberhalb der Preisschwelle von 19,90 Euro. Wolfgang Orians ist überzeugt: „Ein schönes Buch entsteht erst durch das Zusammenspiel des Textes mit professionellem Satz, wertvollem Papier und einem kunstvollen Umschlag.“

achter verlagAlles begann mit einer Anthologiereihe. Seitdem ist Wolfgang Orians von seinem Anspruch treu geblieben: Bibliophil geht vor Gewinnmaximierung. Fadenheftung, Hardcover, angenehme Haptik. Das Programm negiert Mainstream, es gibt bewusst keine Krimis „vom x-ten Dorfkommissar“, auch keine Fantasy. Stattdessen dominiert Belletristik, es gibt kleine Geschenkbücher und ein erstes Reisebuch. Und noch eine klare Ansage: „E-Books im Bereich Belletristik lehne ich ab.“

20 Bücher listet Wolfgang Orians jetzt. Er versucht mit Stammautoren zu arbeiten wie Frederike Frei und Birgit Rabisch und beschäftigt freie Lektoren. Doch 20 Titel reichen nicht einmal aus, um neue Bücher zu produzieren. „Das müssen andere Aktivitäten ausgleichen.“ Die Auflagen der Bücher liegen bei höchstens 1.000 Exemplaren, manche bei 500. Wolfgang Orians: „Ich überlege, künftig vom Offsetdruck auf Digital umzustellen und erstmal nur 200 Exemplare zu drucken.“ Das sei kein Abstrich an den Ansprüchen,  den Unterschied erkenne nur ein Fachmann. Was jedoch jeder Leser auf der Buchmesse klar sehen könne, sei die Tendenz, mit billig gemachten Büchern den Markt zu überschwemmen: „Da wird in Litauen gedruckt, es wird geklebt, und auf ein Lektorat wird völlig verzichtet.“

Wolfgang Orians mag Menschen und Bücher. Er kommt gern nach Leipzig zur Buchmesse. „Nach Frankfurt geh ich nicht mehr, das hat keinen direkten Effekt.“ Ob wir ihn auch 2016 wiedersehen? „Solange das Finanzamt nicht sagt, ich betreibe Liebhaberei…“.

pi_wartenaufdenanrufMeine Buchempfehlung aus dem Achter Verlag: Birgit Rabisch, Warten auf den Anruf. Leseprobe und Bestellmöglichkeit hier.

Qindie: Demokratische Qualitätskontrolle für Indies

„Sind wir doch mal ehrlich: Allein das Etikett Selfpublisher ist kein Gütesiegel. Die wirklich guten, lesbaren und handwerklich anständig gemachten Bücher gehen in der Flut gnadenlos unter. Das wollen wir ändern.“ Regina Mengel hat eine Mission: Sie kämpft gegen den Berg von Selfpublishingmüll. Auf der Plattform Qindie will sie zusammen mit anderen Autorinnen und Autoren Bücher präsentieren, „die einen zweiten Blick wert sind.“ Das Prinzip heißt Kollektiv und Korrektiv: Was aufgenommen wird, wird handverlesen durch demokratische Abstimmung.

Qindie_NL_HeaderSeit  1. Mai 2013 online, bündelt Qindie Rezensenten, Leser, Autoren und Kleinverlage zu einem Kompetenz-Netzwerk. Beachtlich: Über 100 Autoren mit weit über 300 Büchern vertrauen inzwischen dem Konzept. Vertreten sind alle Genres, angenommen werden Print, eBook und auch Hybridformen im Selfpublishing.

Vor der Aufnahme steht eine Prüfung: „Wir beurteilen soft facts und hard facts, aber nie den Inhalt“, betont Regina Mengel. Unter die Lupe genommen werden Rechtschreibung, Grammatik, Interpunktion und Tempora, aber auch Satz, Cover und Schreibhandwerk. „Da wird es durchaus ein wenig subjektiv“, räumt Regina Mengel als Bewerbungsbeauftragte von Qindie ein. Hier kommt die demokratische Komponente der Schwarmintelligenz zum Tragen: Jeder, der auf dem Portal vertreten ist, musste die Prüfung durchstehen, und jeder auf dem Portal ist auch Prüfer. Leseprobe und Cover werden über ein internes Forum verteilt. Im Schnitt voten 30 Mitglieder bei einem Aufnahmeantrag. Vergeben werden Einstufungen von Gold bis Bronze. In Streitfällen urteilt eine Jury aus Autoren und Lektoren.

Am Messestand von Qindie auf der Leipziger Buchmesse 2015, der ersten Messebeteiligung überhaupt, war das Interesse groß. Jeder Autor, der seine Bücher ausstellen wollte, hatte sich an den Kosten beteiligt. Regina Mengel: „Wir machen das alle ehrenamtlich, und manche, die sich engagieren, kenne ich nur über das Netz.“ Mittelfristig müsse Qindie auch wirtschaftlich denken. „Große Partner haben wir schon im Blick“, kündigt Regina Mengel an.

Auf der Homepage von Qindie de finden Autoren ein Bewerbungsformular.

Tolino umwirbt Selfpublisher – neobooks bleibt gelassen

tolinoAuf der Leipziger Buchmesse war es unter den Selfpublishern ein großes Thema: Tolino, die Allianz der deutschen Buchhändler Thalia, Weltbild, Hugendubel, Club Bertelsmann, Libri sowie einiger kleinerer Anbieter, startet Ende April mit einem eigenen Selfpublishing-Portal. Autoren können dann ihre eBooks direkt hochladen, was bisher nicht möglich war. Zulässig sind die Formate ePub und Word, ein Online-Editor ist integriert.

Kosten fallen für die Autoren nicht an, und die Auszahlungsquote soll, wie bei anderen Plattformen auch, 70 Prozent vom Netto betragen; zunächst begrenzt bis Ende Januar 2016. Die hochgeladenen eBooks erscheinen automatisch bei allen Tolino-Händlern. Autoren können sich jederzeit auch für Preisaktionen entscheiden. Weitere Vorteile: Verkaufszahlen werden tagesaktuell geliefert, Autoren sind nicht zur Exklusivität verpflichtet. Außerdem sollen erfolgreiche Autoren bei Tolino die Chance erhalten, in den angeschlossenen rund 1.500 lokalen Buchhandlungen ihr Werk gedruckt anzubieten.

blog1Über Amazon via Kindle Direct Publishing und Tolino könnten Autoren künftig etwa 90 Prozent des Marktes problemlos erreichen. Könnte dies Plattformen wie neobooks und BookRix Probleme bereiten, ihre Autoren zu halten? Eva-Maria Holzmair von der Verlagsgruppe Droemer Knaur bleibt gelassen: „Den Anteil von 90 Prozent halte ich für überzogen“, sagt sie mir. „Es dürften 70 bis 80 Prozent sein.“ Für neobooks sieht sie zunächst keine Einbußen und empfindet das Tolino-Modell sogar als Rückschritt: „Wir beliefern alle Händler aus einer Hand, und jetzt sollen die Autoren dies wieder selbst übernehmen.“ Tolino sei nicht der erste Konkurrent, der am Markt auftauche. „An unseren Wissensvorsprung müssen andere erst einmal herankommen“, meinst sie selbstbewusst. „Nicht umsonst scouten große Verlage bei uns neue Talente.“