Rezension: Monika Carbe, Die Friedhofsgärtnerin

Gibt es einen ruhigeren Job als den einer Friedhofsgärtnerin auf dem Zentralfriedhof von Frankfurt am Main? Für Alice ist er genau richtig, und keiner der anderen Mitarbeiter ahnt, dass die ungelernte Hilfskraft Alice, die meist still und zurückhaltend daherkommt und sich für keine Arbeit zu schade ist, ein ganz anderes Leben hinter sich hat. Alice leitete früher erfolgreich eine Künstleragentur, bis sie dem Neid und der Missgunst einiger Kollegen zum Opfer fiel. Sogar Selbstmordgedanken hatte sie gehegt, bis der Hilfsjob auf dem Friedhof kam, der ihr wieder neuen Lebensmut gab – auch und gerade weil sie sich in der Mitte ihrer ausländischen Kollegen sehr wohl fühlt.

Quelle: www.fembooks.de
Quelle: www.fembooks.de

Kriegsgräber als Wendepunkt

Alles könnte also so schön sein, wäre da nicht der Kollege Kollbrand. Er wählt stramm rechts und die ausländischen Kollegen sind ihm ein Dorn im Auge. Seine Stunde schlägt, als Alice und ihre Kollegen sich freiwillig melden, um ein Ehrenmal für die Gefallenen der beiden Weltkriege wieder auf Vordermann zu bringen. Sie finden dort einige Haschischpflanzen, was Kollbrand zufällig mitbekommt. Er schwärzt die Kollegen bei der Verwaltung an. Der fristlosen Kündigung folgt eine Medienhetze. Doch während die anderen kämpfen, zieht Alice sich in ihr Schneckenhaus zurück, verlässt die Wohnung kaum noch und fällt wieder in ein schwarzes Loch. Schließlich hatte sie all das schon einmal erlebt. Erst ihr Vermieter, der ihr auch finanziell unter die Arme greift, schafft es, ihr wieder neuen Lebensmut zu geben. Schließlich arbeitet Alice wieder als Gärtnerin. Einer ihrer früheren Kollegen hat mittlerweile eine erfolgreiche Firma gegründet. Statt in den Gärten der Toten arbeitet Alice nun in den Gärten der Lebenden. Fast scheint dies am Ende des Buches ein Symbol dafür zu sein, wie Alice wieder ins Leben zurückfindet. Und Kollbrand? Er gewinnt am Ende deutlich weniger als erhofft und ist geschlagen.

Prädikat: Unbedingt lesenswert

Für mich ist „Die Friedhofsgärtnerin“ ein unbedingt lesenswertes Buch. Eingebettet in eine wunderbare Geschichte über Freundschaft, Solidarität und Lebensmut wird der Leser immer wieder dazu veranlasst, sich Gedanken über die Gesellschaft und die eigene Rolle darin zu machen. Dabei kommt das Buch von Monika Carbe nicht als moralinsaure Epistel mit erhobenem Zeigefinger daher, wie es bei deutschen Autoren sonst oft der Fall ist. Schmunzeln und Mitfiebern ist hier durchaus erlaubt, und wer sich ein wenig in Frankfurt auskennt, der wird sogar manche Schauplätze wiedererkennen.

Monika Carbe, Die Friedhofsgärtnerin
Größenwahn Verlag Frankfurt am Main, 2014
Link zu Amazon: amzn.to/1rIztIj
Link zur Autorin: http://monika-carbe.de/

Autorin: Yvonne Giebels

Test II: Wo bitte liegt denn der Mittelrhein?

Heute frage ich Menschen aus meinem Adress- und Telefonbuch. Bedingung: Nicht googeln!

Harry, Autor, Tulln/Österreich: Rheinland-Pfalz, denk ich. So die Ecke Trier?

Antje, Journalistin, Leipzig: Ich bin eine topographische Niete. Vielleicht bei Bonn? Auf jeden Fall gibt’s da Wein.

Andreas, Versicherungsspezialist, Leipzig: In der Nähe der Loreley? Auf jeden Fall südlich von Köln!

Frank, Gastronom, Vigo/Spanien: Vielleicht bei Köln?

Silvia, Immobilienmaklerin, Hannover: Geht auf jeden Fall bei Assmannshausen lang…… Von wo bis wo weiß ich nicht genau….. Aber NRW!

Kathrin, Autorin und Übersetzerin, Allendorf/Eder: Zwischen Köln und weiter oben?

Andreas, Fotograf, Leipzig: NRW? Oder ist es doch schon Elsass?

Hanno, Journalist, Leipzig: Zwischen Koblenz und Mainz (außer Konkurrenz… kommt aus Köln und hat Geographie studiert)

Fazit, wenn auch nicht repräsentativ: Für die Marke „Mittelrheintal“ ist noch einiges aufzuholen. Der Burgenblogger könnte Teil eines abgestimmten Marketingkonzeptes sein.

Gar Schauerliches von Burg Sooneck

Siebold von Sooneck
Quelle: Postkartenarchiv Plaisier

Der Verwalter von Burg Sooneck erzählt in diesem Video (07:20 bis 11:40) vom Tod des Burgherrn Siebold von Sooneck, der durch den Armbrustpfeil seines Widersachers und Nachbarn Hans Veit von Fürstenberg qualvoll starb. Allerdings war Siebold auch nicht gerade ein zartbesaiteter Burgfürst.

Das Video stammt vom März 2014. Es könnte also sein, dass der künftige Burgenblogger genau diesen Verwalter als Ansprechpartner hat. Er scheint zu Speis und Trank der Region ein guter Ratgeber zu sein…

Wer die Sage des Burgherrn Siebold ausführlich lesen möchte, kann hier nachschlagen. Und auch zu dieser Burgepisode habe ich eine Karte in meiner Sammlung.

Test I: Wo bitte liegt denn der Mittelrhein?

Die Deutschen mussten ihre Spitzenposition als Reiseweltmeister an China und die USA abtreten, hat die  Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. (FUR) für das Jahr 2012 ermittelt. Der Deutschen liebstes Urlaubsziel bleibt aber das eigene Land. Nun ist die Vorliebe für Deutschlands Urlaubsregionen recht unterschiedlich verteilt. Nord- und Ostsee, Thüringer Wald, Bayerische Alpen, Bodensee und Rügen – aber fährt auch jemand an den Mittelrhein? Und wo genau ist das eigentlich?

Karte_Mittelrhein
Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File%3AKarte_Mittelrhein.png by Lencer [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html)], via Wikimedia Commons from Wikimedia Commons
Geographisch verortet, bezeichnet das Mittelrheintal den Streckenabschnitt des Rheins zwischen Bingen/Rüdesheim und Bonn. Die Grenze zum Oberrhein wird durch die Nahemündung markiert. Das Mittelrheintal erstreckt sich durch drei Bundesländer, nämlich Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Hessen. Zu Hessen gehört allerdings nur das rechte Rheinufer zwischen Rüdesheim und Lorch.

Zugegeben, so ganz sattelfest war ich da auch nicht. Aber wie steht es mit denen, die das von Berufs wegen wissen sollten, wie zum Beispiel Weinhändler? Auf geht’s zum ersten Teil meiner kleinen Erprobung „Wo bitte liegt denn der Mittelrhein?“!

Gourmétage ist ein exklusiver Händler für Feinkost, Weine, Sekte und Champagner mit zwei Ladengeschäften in Leipzigs feinen Passagen. Versuch eins: „Ich hätte gern einen Wein vom Mittelrhein.“ Längeres Schweigen. „Das ist doch da bei Cochem.“ Erhobene Stimme am Satzende. „Da haben wir leider nichts. Ich könnte Ihnen einen Sekt aus Eltville anbieten oder etwas von der Nahe…“.

In der Filiale um die Ecke erst noch längeres Schweigen. Dann ein cleverer Schachzug: „Ich guck mal bei Google, wo das genau ist.“ Der Cursor fährt den Rhein rauf und runter und wieder rauf…  und dann landen wir auch hier bei der Nahe. Ich entscheide mich für zwei Flaschen vom Prinz zu Salm-Dalberg’schen Weingut aus Wallhausen. Die Gemeinde gehört zur Verbandsgemeinde Rüdesheim, und die Familie der Prinzen von Salm-Salm vertritt Wallhausen in der Rheinischen Ritterschaft. Hat ja auch was mit Burgen zu tun.

Obwohl sich der Leipziger Sommer heute mit Nieselregen bei 12° vorübergehend verabschiedet hat, trinke ich zum Abend einen 2012 Spätburgunder Blanc de Noir trocken, begleitet von einem Ofenkäse und frischem Bauernbrot. Ein frischer, runder Sommerwein, der sicher auch in der Kemanate gut mundete. Ob es wohl in den Wirtschaften des Mittelrheintales wohlfeile Viertele gibt, wie ich sie aus den Besenschänken des Schwäbischen schätze?

Morgen folgt Teil II des Tests.

Rezension: Anita Augustin, Alles Amok. Oder: Der ganz normale Wahnsinn

Wer Skurrilitäten und schwarzen, österreichischen Humor à la Ludwig Hirsch mag, wird Anita Augustins „Alles Amok“ lieben: Die Autorin, die als freie Dramaturgin arbeitet und dem Studium der Theaterwissenschaft in Wien eine Ausbildung zur Barkeeperin anschloss, schickt ihren Protagonisten Jakob auf eine aberwitzige Reise durch den ganz normalen Wahnsinn des alltäglichen Lebens.

Quelle: ullsteinbuchverlage.de
Quelle: ullsteinbuchverlage.de

Die Handlung

Eigentlich ist Jakob ein ganz normaler, junger Mann, der auf einen sicheren Arbeitsplatz hofft und sich als Profi-Demonstrant durchs Leben schlägt. Er macht den Job und seinen Nebenjob, das Sammeln von Pfandgut gemeinsam mit dem Penner Paul,  mehr schlecht als recht. So kann er wenigstens die Rechnungen für die Residenz bezahlen, in welcher seine Mutter in zunehmender Senilität dem Tod entgegen dämmert. Seitdem Jakobs Mutter bei einer Operation im Alter von neun Jahren das Böse aus ihm herausnehmen ließ, trägt Jakob ein dunkles Geheimnis mit sich herum, von dem auch sein näheres Umfeld nichts weiß. Das besteht neben dem Penner Paul, von dem er viele seiner Lebensweisheiten bezieht, aus dem Sicherheitsmann Sigi, einem koreanischen Dichter, dem vermutlich homosexuellen Verkäufer in der Herrenabteilung eines Modehauses und der blonden Nachbarin Babsi, die verzweifelt eine vergebliche Bewerbung nach der anderen schreibt.

Jakob empfindet vermutlich eine Art Freundschaft zu diesen Personen. Er pflegt den Kontakt allerdings nur, weil er sie nach Kräften ausnutzt: Herbert stattet ihn mit der Kleidung für die Demonstrationen aus, die Gedichte des nordkoreanischen Dichters rezensiert er für das mittägliche Bratwurstbrötchen, und Babsi schleppt er regelmäßig in den Baumarkt, um im dortigen Musterhaus vermeintliche Familienfotos zu machen, die er regelmäßig seiner Mutter schickt.

Eine dramatische Wende

Jeder dieser Charaktere hat sich scheinbar im mühseligen Hamsterrad des eigenen Lebens eingerichtet, als der geheimnisvolle Jürgen auftritt und mysteriöse Einladungen ins Paradies verteilt. Jakob, der als einziger keine Einladung erhalten hat, ist trotzdem rechtzeitig am Treffpunkt und fährt mit seinen Gefährten schließlich ins Paradies. Dieses entpuppt sich als Vergnügungspark, in welchem die Angestellten jeden Tag glücklich zu sein haben, um widerum die Besucher glücklich zu machen. Jakob und seine Gefährten bekommen dort feste Jobs: Sie sind die Akteure in der Abteilung „Freakshow“. Jakob, dessen dunkles Geheimnis im Lauf des Buches gelüftet wird, ist von Jürgen als künftiger Star der Show ausersehen. Doch dann geschieht etwas, das die Freaks zum Aufstand gegen die schier allmächtige Parkleitung bewegt. Ist das Paradies nun am Ende?

Der Erzählstil

Temporeich hetzt Anita Augustin vor allem im ersten Teil von „Alles Amok“ von einer skurrilen Szene zur nächsten. Die Absurdität des Geschehens wird oft erst ersichtlich, sobald der Leser die kursiv gesetzten Gedanken des Protagonisten gelesen hat. Bei aller Komik darf der Roman durchaus als gesellschaftskritisch gelten, wobei die Autorin keine eigene Position bezieht, sondern das Geschehen als Beobachter schildert.

Mein Fazit

„Alles Amok“ ist ein Roman, der von der ersten bis zur letzten Seite einfach nur Spaß macht. Wie schon in ihrem Erstling „Der Zwerg reinigt den Kittel“ beweist Anita Augustin auch diesmal wieder gekonnt, dass Humor aus Deutschland durchaus sehr weit oberhalb der Gürtellinie angesiedelt sein kann.

Anita Augustin, Alles Amok
Ullstein Buchverlage, 2014
Link zu Amazon: http://amzn.to/YTS5rK

Autor: Harry Sochor

Das zieht sich ….

Niederheimbach am Fuße der Burg Sooneck hat so etwa 760 Einwohner. Klingt beschaulich, und da ist man doch sicher schnell durch. Wenn man zur Burg hinaufstapft, kann sich das allerdings ganz schön ziehen. Auch so mancher Burgenblogger dürfte dann ins Schnaufen kommen. Einen Eindruck von der langgestreckten Ortslage gibt dieses Video (mit IC und Vogelgezwitscher):

 

[youtube=http://youtu.be/0kT3XSBzXUg]

 

Wer es in Niederheimbach so schön findet, dass er hier begraben werden möchte: Die Friedhofsgebühr beträgt 20 Euro pro Grabstelle. Ein Kampfhund kostet 560 Euro Steuer im Jahr.

Rezension: Siegfried Wittwer, Das Lächeln der Gerberstochter

Siegfried Wittwer wurde 1950 geboren. Er studierte evangelische Theologie und war Pastor in Braunschweig, Hamburg und einigen weiteren großen deutschen Städten. Im Moment leitet er das internationale Bibelstudieninstitut in Darmstadt. „Das Lächeln der Gerberstochter“ ist sein zweiter historischer Roman.

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Quelle: www.buecher.de

Zum Inhalt

Magdeburg im Jahre 1631. Die schöne Gerberstochter Rosa findet eine Leiche in der Elbe. Der Tote ist ein Kaufmann aus Magdeburg, der augenscheinlich ermordet wurde. Der junge Advokat Benno wird mit der Aufklärung des Mordes betraut.

Flammende Liebe und die Suche nach dem Mörder

Benno und Rosa sind sich von Anfang an mehr als sympathisch. Durch einen kleinen Unfall lernt er dann Anneliese kennen. Sie ist die Tochter eines Ratsherren, sehr gebildet und ebenfalls sehr schön. Er muss sich auf kurz oder lang entscheiden, ob er sein Herz der schönen blonden Gerberstochter Rosa schenkt oder der brünetten, sehr belesenen und politisch interessierten Ratsherrentochter Anneliese, die aus der gleichen Gesellschaftsschicht wie er kommt. Benno, Rosa und Anneliese sind fest davon überzeugt, dass hinter dem Tod des Kaufmanns noch viel mehr steckt. Sie forschen mit viel Abenteuerlust nach des Rätsels Lösung, ohne sich anfangs bewusst zu sein, in welche Gefahr sie sich damit begeben.

Der Sturm auf die Stadt

Vor den Toren Magdeburgs tobt unterdessen der Dreißigjährige Krieg. Die kaiserlichen Heerführer Tilly und Pappenheim stehen mit ihren Söldnern kurz davor, die Stadt zu stürmen. Dem ranghohen Offizier Georg Ackermann, der sich mit seinen Leuten Tillys Heer anschließt, wird von Tag zu Tag mehr bewusst, dass es bei diesem Krieg nicht mehr um die Religion, sondern nur noch um die Gier nach Reichtum und Macht geht. Der Leser sieht durch Ackermanns Augen die grausame und blutige Welt der kämpfenden Truppen im Krieg.

Mein Fazit

Ich fand das Buch toll und würde es jedem weiterempfehlen. Die Mischung aus Religionskrieg, einem Mord und der großen wahren Liebe, die wächst und am Ende doch siegt, fesselt von der ersten bis zur letzten Seite. Es ist weit mehr als eine langatmige Niederschrift über die Kriegswirren um Magdeburg. Autor Siegfried Wittwer beschreibt sehr anschaulich, wie die Menschen auf beiden Seiten der Stadtmauer die Zeit des Krieges erleben.

Siegfried Wittwer, Das Lächeln der Gerberstochter
Verlag: SCM Hänssler, 2012
Link zu Amazon: http://amzn.to/VMzYSr

Autorin: Sarah Czerwa

Am siebten Tage sollst du ruhen

So steht es im 2. Buch Mose. So versuche ich es auch im Berufsalltag zu halten (nicht immer konsequent), und so soll es auch auf der Burg bleiben. Ein Frühschoppen im Ort nach dem Kirchgang ist ja keine Sünde… Der wirklich freie Tag des Burgenbloggers ist der Montag. Dann ist die Burg für Besucher geschlossen, und er kann sich als wirklicher Burgherr fühlen, wenn er von der Zinne ins Tal blickt. Ob die Besucher in der Woche wohl auch mal an seine Tür klopfen? Gibt es da eine Klingel? Oder sogar ein Namensschild?