Rezension: Sophie Sumburane, Gefährlicher Frühling. Oder: Wenn Politik unter die Haut geht

Regionalkrimis dürften allmählich ihren Zenit überschritten haben – zumindest dann, wenn der Autor seine Story nicht mit einem grundlegend neuen Aspekt anreichert, wie es Sophie Sumburane bei ihrem zweiten Krimi „Gefährlicher Frühling“ gelungen ist. Sie meistert den Kunstgriff, einen Mordfall in einem Leipziger Ingenieurbüro mit den Geschehnissen des Arabischen Frühlings zu verknüpfen. Dieser Brückenschlag via illegale Waffentransporte gelingt ihr fast hervorragend. Nur fast hervorragend deshalb, weil der Roman erzählerische Schwächen aufweist, die den aufmerksamen Leser stören. Doch die Story funktioniert, wirkt nicht konstruiert und macht „Gefährlicher Frühling“ zu einem nicht leicht verdaulichen Stück leichter Unterhaltung.

Die Gretchenfrage: Wer war der Mörder?

Quelle: www.sophie-sumburane.de
Quelle: www.sophie-sumburane.de

Die Protagonistin, Kommissarin Charlotte Petzold, wird zu einem Mordfall in einem Ingenieurbüro gerufen, in dem die Chefin Hanna Stieg durch einen Kopfschuss regelrecht hingerichtet wurde. Ganz oben auf der Liste der Verdächtigen steht ihr Lebensgefährte, der sich von ihr trennen möchte, weil er sich zum Hausmännchen degradiert fühlt. Weil er zudem eine Affäre mit Petzolds Kollegin hat, muss diese gezwungenermaßen im Team mit dem jungen Kollegen Mario Lasslo ermitteln.

Eher zufällig stoßen die Ermittler auf Fotos von Waffen, ein verstecktes Konto im Ausland und einen ägyptischen Ingenieur, dessen Rolle in diesem Fall zunächst mehr als mysteriös ist. Die Vermutung, dass hinter diesem Mord weitaus mehr steckt als ein Eifersuchtsdrama, liegt also nahe. Offensichtlich werden über das scheinbar saubere Ingenieurbüro Waffen an die Machthaber in Ägypten verschoben, die damit die sich anbahnenden Aufstände niederschlagen. Dieser Verdacht erhärtet sich erst recht, als Charlotte Petzolds Chef auf offener Straße von einem Unbekannten erschossen wird.

Die Erzählweise

Sophie Sumburane erzählt „Gefährlicher Frühling“ in zwei parallel verlaufenden Handlungssträngen. Die Haupthandlung schildert den Fortschritt der Ermittlungen im aktuellen Mordfall, während der zweite Erzählstrang zwei Jahre weit in die Vergangenheit zurückreicht. Darin wird die Geschichte von Kalem Ryshad erzählt, der nach dem Tod seines Vaters in die Fänge von Mubaraks Schergen gerät und vor die Wahl gestellt wird, gefoltert zu werden oder selbst zum Folterknecht zu werden. Erst zum Finale hin laufen die beiden Erzählstränge zusammen und präsentieren ein überraschendes Ende.

Die Schwächen des Romans

Grundsätzlich bietet „Gefährlicher Frühling“ eine sehr viel bessere Story als jede beliebige Krimiserie und die meisten Blockbuster. Die einzelnen Kapitel der verschiedenen Handlungsstränge sind etwas knapp gehalten, sodass der Leser gedanklich häufig hin und her springen muss, was es schwierig macht, das Buch an einem Wochenende in einem Zug zu lesen. Wünschenswert wäre in diesem Zusammenhang auch eine knappe Zusammenfassung über die Ereignisse während des Arabischen Frühlings, insbesondere in Ägypten. Die Autorin setzt beim Leser Hintergrundwissen voraus, welches auch ein politisch interessierter Leser aufgrund des zeitlichen Abstandes nicht vollständig haben kann.

Darüber hinaus führt die Autorin zu viele Figuren im Umfeld der Protagonistin ein, die dann keine Rolle mehr für den Fortgang der Handlung spielen. Ebenso wie die Hauptcharaktere wirken diese insgesamt eher stereotyp. Das gilt auch für die Kommissarin Charlotte Petzold. Der Leser erfährt einiges über ihr Privatleben und ihr latentes Alkoholproblem, was die Figur aber dennoch nicht lebendiger wirken lässt.

Fazit

Die Story von „Gefährlicher Frühling“ hätte in den Nebenhandlungen noch weiter ausgebaut werden müssen, um der Geschichte mehr Atmosphäre und Tiefe zu geben. Rund 280 Seiten sind zu knapp, um eine Geschichte mit Verknüpfungen zu weltpolitischen Ereignissen so zu konstruieren, dass sie dem anspruchsvollen Leser gerecht wird.

Sophie Sumburane, Gefährlicher Frühling
Pendragon Verlag, 1. Auflage 2014
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Link zur Autorin: www.sophie-sumburane.de

Autor: Harry Sochor

Rezension: Laurent Seksik, Der Fall Eduard Einstein – Genie und Gene

Albert Einstein kennt man. Seine Forschungsergebnisse versteht man je nach Standpunkt und Vorbildung mehr oder weniger – sein Privatleben allerdings ist in vielen Bezugsgrößen als relativ chaotisch einzuordnen. Wenn man denn Einsteins zwischenmenschliche Beweggründe überhaupt kennen könnte. Und eben das möchte der Autor Lauent Seksik ermöglichen. Über den Umweg der Leidensgeschichte von Eduard Einstein.

Quelle: www.randomhouse.de

Dazu die Fakten: Mit seiner ersten Ehefrau Mileva Marić hatte Albert Einstein drei Kinder; die bereits 1903 auf reichlich mysteriöse Art „verschwiegene und verschollene“ Tochter Lieserl sowie die beiden Söhne Hans Albert (1904–1973) und Eduard (1910–1965). Dieser Eduard war in seiner frühen Jugend ausgesprochen musikalisch begabt, schrieb zudem Gedichte, galt als sehr sensibel, aber auch lernbegierig und gelegentlich „anstrengend“. Bis schließlich 1933 bei ihm Schizophrenie diagnostiziert und er selbst für 14 Jahre seines Lebens in der Züricher Heilanstalt Burghölzli hospitalisiert wird. Für Albert Einstein war die Krankheit des Sohnes eindeutig genetisch bedingt – und zwar ausgehend von der Familie seiner inzwischen von ihm geschiedenen Ex-Frau Mileva.

Das Buch beginnt mit einem inneren Monolog Eduards kurz nach der Einlieferung in die psychiatrische Klinik. In der Folge teilt sich der Roman in drei Hauptstränge: die Eindrücke und Erlebnisse der Eltern Mileva und Albert aus auktorialer Perspektive sowie die Empfindungen Eduards als Ich-Erzählung. Und in den insgesamt 34 Jahren, die die Romanhandlung auf knapp 330 Seiten behandelt, passiert viel Erzählenswertes. Albert Einstein heiratet wieder, der aufkeimende Nationalsozialismus zwingt ihn zur Emigration, sein Verhältnis zu Ex-Frau und den beiden Söhnen wird schwieriger. In den USA bringt er sich durch sein soziales Engagement immer mehr in Misskredit. Seine zweite Frau stirbt, sein ältester Sohn Hans-Albert verfällt einer Sekte, auch der Enkel stirbt deshalb qualvoll, Albert Einsteins Weltekel nimmt stetig zu und er erkrankt unheilbar an einem fatalen Aneurysma der Aorta.

Parallel dazu und für mich noch faszinierender lesen sich da die Schilderungen von Eduard. Seine verquere Logik im Disput mit Psychiatern, vermeintlichen Gönnern, seiner Mutter oder den „Wärtern im Irrenhaus“ hat nahezu die Qualitäten von Alice im Wunderland. Seine Verzweifelungen über die oft brutalen Behandlungsmethoden gehen unmittelbar zu Herzen. Vor allem aber spiegelt sich das Leitmotiv seiner Schizophrenie in der allgemeinen Weltgeschichte genauso wie in der Biografie von Vater Albert Einstein. Beispielsweise in der bigotten Haltung der Schweiz gegenüber dem Nazi-Regime in Deutschland, in Einsteins Engagement erst für und dann wieder gegen den Bau der Atombombe oder in Amerikas Hysterie vor „kommunistischer Unterwanderung“ durch Intellektuelle während McCarthy’s Hexenjagd.

Alles in allem hat Laurent Seksik, übrigens studierter Mediziner, hier ein sehr genau recherchiertes und mit großer emotionaler Kraft verfasstes Werk vorgelegt. Dass er die Kunst der lebendigen Biografie beherrscht, hat Seksik schon 2011 mit einem besonders in Frankreich gefeierten Roman über Stefan Zweig beweisen. Dass er mehrere Perspektiven souverän und stimmig zu einem Gesamterlebnis verbinden kann, zeigt der „Fall Eduard Einstein“ mit fast jedem Satz. Dazu ein abschließendes Zitat aus den Gedanken des Titelhelden: “…trotzdem glaube ich zu wissen, dass ich nie Kinder haben werde. Das ist sicher die beste Methode, um zu vermeiden, dass man Vater wird.“

Laurent Seksik, Der Fall Eduard Einstein
Karl Blessing Verlag, 1. Auflage Mai 2014
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Rezension: Harald Wurst | ph1.de

Rezension: Michail Oscharow, Der große Argisch. Oder: Das literarische Zeugnis einer sterbenden Kultur

Gern wird Michail Oscharows Werk „Der große Argisch“ mit Shakespeares „Romeo und Julia“ verglichen. Der sibirische Autor erzählt eine tragische Liebesgeschichte in der von Tradition und Patriarchat geprägten Welt der Ewenken, einem ursprünglich nomadisch lebenden Volk Sibiriens. Dieser Vergleich ist wohl zu hoch gegriffen, jedoch darf „Der große Argisch“ als Nationalepos der Ewenken gelten.

Quelle: Edition Liaunigg
Quelle: Edition Liaunigg

Die Geschichte

„Der große Argisch“ erzählt die Geschichte der tragischen Liebe von Mikpantscha und seiner Schwägerin Schiktolok, die unter den Launen ihres tyrannischen Mannes Amurtscha leidet. Das junge Paar hatte keine Chance auf eine gemeinsame Zukunft, da ihre Ehe gemäß der Tradition von den Vätern – reichen Clanführern – arrangiert worden war. Moloschk hatte die Ehe für seinen ältesten Sohn arrangiert. Nach dem Tod des Vaters übernimmt Amurtscha die Führung des Clans. Er wird jedoch aufgrund seines Jähzorns mehr gefürchtet als respektiert. Zudem fühlt er seine Autorität durch den jüngeren Mikpantscha, der als stärker und klüger gilt, untergraben. Diese unglückselige Konstellation muss fast zwangsläufig in einer Katastrophe endet, als Schiktolok nach einer erneuten Eskalation in den Wald flüchtet und sich Mikpantscha auf die Suche nach ihr macht.

Legenden und Traditionen

Michael Oscharow gilt als Kenner der sibirischen Urvölker und ihrer Lebensweise. Er hat die Mythen und Legenden der Ewenken gesammelt und diese in sein Werk einfließen lassen, was die Protagonisten und ihre kleine Welt plastischer macht und lebendiger erscheinen lässt. Der Autor bettet die Geschichte in keinen zeitlichen Rahmen, was sie zunächst zeitlos erscheinen lässt. Jedoch deutet er immer wieder subtil an, dass sich große Veränderungen anbahnen.

Diese hatten zum Zeitpunkt, als Oscharow den Roman verfasste, bereits begonnen. Unter russischer Herrschaft, vor allem in der stalinistischen Ära, wurden die Nomaden sesshaft gemacht und konnten ihren ursprünglichen Tätigkeiten, also die Jagd, den Fischfang und die Zucht von Rentieren, in staatlichen Kolchosen weiter betreiben. Jedoch scheint auch die Ewenken das Schicksal anderer Ureinwohner zu treffen: Schon gegen Ende des 20. Jahrhunderts konnten nicht einmal mehr die Hälfte der Ewenken ihre ursprüngliche Sprache fließend sprechen. Heute ist der Alltag des einst stolzen Volkes von sozialen Problemen und Arbeitslosigkeit geprägt.

Eine mutige Tat

Indem Michael Oscharow die Mythen und Legenden der sibirischen Ureinwohner sammelte und erzählte, stellte er sich klar gegen die vorherrschende Meinung in der Sowjetunion der 1930er Jahre. Für sein Engagement wurde er wie viele andere Intellektuelle mit dem GULAG bestraft und 1937 hingerichtet. Sein literarisches Werk wäre fast vergessen worden. Eher zufällig stieß der Übersetzer und Herausgeber Erich Liaunigg auf den Text, den er während seines Russischstudiums bei einer Reise nach Irkutsk geschenkt bekam, Jahre später darin las und ins Deutsche übersetzte. „Der große Argisch“ ist als Trigolie angelegt. Der letzte Teil gilt als verschollen, das zweite Fragment wurde noch zu Lebzeiten des Autors veröffentlicht.

Fazit: ein Buch für Liebhaber

„Der Große Argisch“ ist kein Buch für eine breite Leserschaft. Dafür ist das Motiv der tragischen Liebesgeschichte schon zu oft erzählt worden, zumal es dem Werk an wirklich überraschenden Wendungen fehlt. Für Ethnologen stellt es hingegen eine wahre Fundgrube dar. Und auch Western- und Easternfans dürften sicher ihren Spaß beim Lesen haben. Denn stilistisch erinnert „Der große Argisch“ etwas an Jack London mit dem Unterschied, dass Oscharow aus der Perspektive der Ureinwohner erzählt. Insgesamt ist „Der große Argisch“ ein solide erzähltes Stück Unterhaltung. Zu einem vielleicht herausragenden Stück russischer Literatur machen das Buch lediglich die Hintergründe der Entstehungsgeschichte.

Michael Oscharow, Der große Argisch
Edition Liaunigg e.U., Wien

Autor: Harry Sochor

Akif Pirinçci droht mir mit Klage – ein Autor als Antisemit und Hetzer übelster Sorte

Mein letzter Beitrag über die Facebookseite von Akif Pirinçci hat verhaltene Resonanz gefunden. Ich habe einige private Nachrichten dazu bekommen, die sich nicht öffentlich auf dem Blog äußern wollten. Vielleicht ändert sich das ja heute nach dem aktuellen Eintrag von Pirinçci. Ich denke, er kann von mir unkommentiert bleiben:

BOYKOTT JETZT!

Viele fragen sich in diesen aufregenden Tagen, weshalb ich die schlimmen Vorgänge in Israel/Gaza nicht kommentiere. Ganz einfach, weil ich dann Konsequenzen ziehen und dieses Scheißjudenland boykottieren müßte… Ich müßte praktisch mein ganzes Leben auf dem Kopf stellen, wenn ich diese Scheißjuden boykottieren müßte. Am allermeisten würde es mich schmerzen, daß ich dann keine US-Filme- und Serien mehr schauen könnte, weil mehr als die Hälfte deren Drehbuchautoren Juden sind… Allerdings ist mir zu Ohren gekommen, daß es auch Leute gibt, die keine Moslems mögen. Die haben es natürlich gut. Denn sie können frank und frei jegliche Erfindungen und Errungenschaften von Moslems der letzten 100 Jahre boykottieren – die da sind: … … … … … … … … …

Nachtrag:

Herr Pirincci schickte mir zu diesem Posting folgende Stellungnahme:

Wenn du das Posting nicht in voller Länge veröffentlichst und durch Weglassung verfälschst, kriegst du eine Klage Hals, Freundchen. Darauf mein großes Indianerehrenwort.

Bitte sehr, Herr Pirincci. Eine inhaltliche Auseinandersetzung bei Ihnen findet nicht statt. Wer das Posting in voller Länge nachlesen will, kann das auf der Facebookseite von Herrn P. tun:

https://www.facebook.com/akif.pirincci?fref=ts

Von einem Propheten, der ein neunjähriges Mädchen fickt, Analhuren und Schwanzlutschern

Geht’s noch? Durchatmen und bitte weiterlesen. Das ist natürlich nicht meine Sprache. Das sind Formulierungen auf einer Facebook-Seite. Warum man diese Seite beachten sollte? Weil sie inzwischen von knapp 8.000 Personen abonniert wird. Und damit Sie so richtig tief eintauchen können, hier einige Auszüge aus den letzten zwei Wochen:

„Das gestrige Spiel Brasilien gegen Deutschland hat der Welt erneut vor Augen geführt, in welch desolatem Zustand die deutsche Mannschaft sich gegenwärtig befindet, eine verhängnisvolle Entwicklung, die allerdings bereits vor Jahren abzusehen war. Kein Wunder, wenn man schon auf türkische Gastarbeiter und Spätaussiedler zurückgreifen muß…“

„Der Islam ist keine Religion, sondern eine kollektivistische Sex- und Gewaltsekte, die im Allgemeinen geborenen Versagern ein Überlegenheitsgefühl verschaffen, im Besonderen jedoch die sexuelle und existenzielle Selbstbestimmung der Frau unterbinden soll. Er ist völlig diesseitig orientiert und entbehrt jeglicher Spiritualität. Sein Begründer Mohammed war keineswegs ein Prophet, so wir es im christlichen oder theologischen Sinne verstehen, sondern ein Kriegsherr, Massenmörder, cleverer Geschäftsmann und ein Lustmolch, der unter anderem ein sechsjähriges Mädchen geheiratet und es mit 9 Jahren gefickt hat. Also ein Pädophiler…“

„Noch vor dreißig Jahren hätte man so eine Alte in den Knast gesteckt und sie solange dort behalten, bis sie verrottet wäre. Heute werden die Eltern der Kinder, welche diese Arschfick-Affine ganz offiziell verderben darf, von unserer ebenfalls arschgefickten Regierung gezwungen, mit ihren Steuergeldern ihr monatlich einen Gehalt in Höhe eines Chefarztes zu zahlen – sonst kommen nämlich sie ins Gefängnis. Sie finden meine Worte zu hart? Aber mitnichten. Die kann was vertragen, diese Berufsperverse…“

„Daß die Arschficker, Schwanzlutscher, Alkoholiker und Perverse vom SPIEGEL sehr gerne an der Wahrheit rumdrehen, bis sie ihren zerknitterten Arschgesichtern gleicht, ist allseits bekannt…“

Und jetzt möchten Sie wissen, wer so etwas schreibt?

Es ist Akif Pirinçci, deutsch-türkischer Schriftsteller, der mit seinen Katzenkriminalromanen rund um Felidae bekannt wurde. Sein Machwerk „Deutschland von Sinnen“ mit dem Untertiel „Der irre Kult um Frauen, Homosexuelle und Zuwanderer“ (Rezensionen hier und hier) steht in der aktuellen Amazon-Bestsellerliste „Deutsche Politik“ zwischen Roger Willemsens Beobachtungen im „Hohen Haus“ und Anne Frank auf Platz 2. Ist dies wirklich ein Indiz dafür, wie sehr Hetze gegen Schwule und Lesben in unserer Gesellschaft schon unterschwellig salonfähig ist? In der Neonazi-Szene soll Pirinçci zu einer Gallionsfigur aufgestiegen sein. Ein Dementi habe ich bisher von ihm dazu nicht gelesen.

In seiner widerlichen Fäkalsprache mäht Pirinçci alles hinweg, was nicht in sein Bild von gesundem Volksempfinden passt. Selbst für das Mittelalter wäre er noch zu fortschrittlich. Sarrazin ist dagegen ein Vorlesebuch für Zweijährige und wohltuend intellektuell.

Aber machen Sie sich selbst ein Bild. Stöbern Sie mal ein wenig im Netz und schreiben Sie mir hier einen Kommentar, was Sie von ihm halten.

Rezension: Anne-Kathrin Behl, Matze vor, tanz ein Tor! Oder: Von der Großartigkeit des Unangepassten

Gestern ist die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 zu Ende gegangen. Und wie sehr sie uns alle begeistert hat – die Großen wie die Kleinen. Da kommt das neue Bilderbuch der preisgekrönten Illustratorin Anne-Kathrin Behl genau richtig! Gerade erst wurde die Leipzigerin in Frankreich für die französische Version ihres 2013 erschienenen Kinderbuchs „Tobi und die Alten“ mit dem Prix Chronos de littérature ausgezeichnet. Und ihr neuestes Werk „Matze vor, tanz ein Tor!“ – ein Bilderbuch für Vierjährige – birgt ebenfalls Preispotential.

Quelle: Atlantis Verlag
Quelle: Atlantis Verlag

Im Gegensatz zu den anderen Jungs in seinem Kindergarten spielt der kleine Matze nicht gerne Fußball. Nein, seine Leidenschaft ist das Ballett! Doch darüber weiß nur sein bester Freund Emil Bescheid, denn die anderen Jungen finden Ballett eher doof. Und so trainiert Matze heimlich als einziger Junge in einer Gruppe von Mädchen. Doch plötzlich ändert sich alles: Beim Fußballspiel der Rummelsdorfer Raufbolde gegen die Kleinmunzheimer Kampfbolzer muss dringend ein Ersatz für den gestürzten Star der Raufbolde her – und die Wahl fällt ausgerechnet auf Matze. Und der hat es drauf: Mit Pirouetten und anderen tänzerischen Finessen verhilft er seiner Mannschaft zum Sieg und verblüfft damit alle: seine Mitspieler, die gegnerische Mannschaft, die Zuschauer.

Anne-Kathrin Behl erzählt eine Geschichte, in der klar wird, dass jedes Talent etwas Besonderes ist und niemand Angst davor haben sollte, dafür ausgelacht zu werden. Die Botschaft ist klar: Auch wenn Du die Gruppe, die Dir gegenübersteht, nicht einschätzen kannst, und Du Angst davor hast, dass man dich für Dein Hobby verspottet – geh´ raus und mach´ Dein Ding! Unangepasstheit birgt nichts Negatives in sich. Ganz im Gegenteil: Sie zeigt Authentizität und ist eine Quelle der Überraschungen für die anderen, die letztlich sogar von dieser „Andersartigkeit“ profitieren können. So, wie es auch bei Matze passiert ist, der es geschafft hat, dass am Ende alle sehr glücklich sind – und sich mit ihm für sein Talent freuen.

Der eine oder andere Leser mag zunächst etwas skeptisch sein, denn die Illustrationen zeugen nicht von Perfektion und Grazilität, sondern erinnern in ihrem Stil an das spielerische Gekritzel von Kindern. Doch schnell wird klar: Die Autorin trifft mit ihren Bildern den Nagel auf den Kopf, denn sie sind wie die Geschichte selbst einfach nah dran an den kleinen Bücherwürmern. Der schnelle Strich wirkt nicht etwa stümperhaft, sondern geradezu liebevoll. Seite für Seite tun sich den Betrachtern wahre kleine Wimmelbilder auf, man findet in der einen großen Geschichte rund um Matze noch ein paar weitere – so etwa die von dem Elefantenmädchen im rosafarbenen Kleid, das in den Spieler mit der Trikotnummer 1 verliebt ist. Anne-Kathrin Behl lässt den Kindern somit die Möglichkeit, Geschichten selbst zu „finden“. Dadurch stellt sie sicher, dass das Buch stets spannend bleibt und sicherlich oftmals aufgeschlagen wird – denn wer will schon etwas verpassen? Auch die Aufmachung von „Matze vor, tanz ein Tor!“ fällt positiv auf. Die Seiten sind dick und robust, die Schriftgrößen variieren und passen zu den jeweiligen Situationen.

Im Gesamtbild strahlt das Buch über den kleinen ballettbegeisterten Matze Lebendigkeit und Spaß aus, lädt zum Staunen ein und ist rundum zauberhaft. Ich drücke Anne-Kathrin Behl die Daumen, dass sie auch mit diesem Werk die eine oder andere Siegestrophäe abräumen kann!

Anne-Kathrin Behl, Matze vor, tanz ein Tor!
Atlantis Verlag, 1. Auflage 2014
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Link zur Illustratorin: http://www.22forestlane.com/

Autorin: Kathrin Demuth

Rezension: Hannah Winkler, Fe-Male. Oder: Geschlecht spielt eine Rolle

Was passiert, wenn der eigene Körper nur eine Maske und ein Käfig zu sein scheint? Wie weit geht man, um der Gesellschaft zu beweisen, was sich hinter der Fassade befindet? Wer hat die Kraft und den Mut, um sich damit auseinanderzusetzen, wenn der Selbstzweifel wie ein Teufel auf jedermanns Arm sitzt?

Hannah Winkler, Fe-Male Cover
Quelle: Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag

Hannah Winkler, eine hübsche transsexuelle Frau, beschreibt in „Fe-Male“ eindringlich ihren Weg der Verwandlung. Sie spricht davon, wie sehr sie das unnötige Teil zwischen ihren Beinen gehasst hat, weil es nie wirklich zu ihr gehörte. Seit dem sechsten Lebensjahr wusste sie schon ganz genau, dass sie sich nicht im richtigen Körper befindet. Die gesamte Umgebung zwingt sie, Familie und Schulkameraden dies zu beweisen, weil niemand der vermeintlich abnormalen Erscheinung ein Recht auf unabhängige Existenz in der Gesellschaft gibt. Selbst der Vater, der sie seit dem sechsten Lebensjahr allein erzieht, kommt mit ihrer tatsächlichen Identität nicht zurecht. Die verständnisvolle und kluge Mutter lebt in Hannas Erinnerung dagegen als Schutzheilige und beste Freundin.

Kurz bevor Hannah in die Pubertät eintritt, im Alter von 13 Jahren, gerät sie nach dem Tod ihrer Mutter in eine tiefe Depression, die das Gefühl des Selbstzweifels stärkt. Dennoch entscheidet sich das Mädchen, den schwierigen Weg zu gehen. Für Hannes, den Vater des transsexuellen jungen Mädchens, ist die Situation unvorstellbar schwer. Er kann die besondere Sexualität seiner Tochter nicht begreifen. Schnell überlässt er die Sorge für Hannah den Ämtern. Das deutsche Jugendamt schickt das Mädchen nach Perugia in Italien zu einer Pflegefamilie. Es kommt zum ersten selbstdestruktiven Impuls bei dem noch sehr jungen und emotionalen Mädchen. Der hilflose Versuch, “die verhaltensauffällige Jugendliche zurück ins normale Leben zu führen”, endet mit einer Flucht in die grünen Wiesen eines dem Mädchen unbekannten Landes. Getrieben von Angst geht Hannah weiter ihren Weg. Sie begegnet Menschen, die sie zum weiteren Kampf ermutigen, und anderen, die ihre langsam sich ausbreitenden Flügel wieder abschneiden.

Hannah bleibt Siegerin. Schließlich beteiligt sich der Staat an den Kosten ihrer Geschlechtsumwandlung. In der Tagesklinik, in der Schule und bei der Therapie begegnen ihr Menschen, die ihr Schicksal teilen und verstehen. Von nun an wird Angst nicht mehr ihre Motivation sein. Treibende Kraft ist jetzt die Vorfreude und die Zustimmung ihrer guten Freundinnen, die den Ekel der Gleichaltrigen und die schmerzhafte Abneigung der jungen Männer lindert. Hannah hat den Mut zu träumen und ihre Träume zu verfolgen. Nun im richtigen, ihr bestimmten Körper leben zu können und nicht mehr gefangen zu sein, gibt ihr nie gekannte Selbstsicherheit. Geschlecht spielt eine Rolle.

Hannah Winkler zeichnet in ihrem Buch ihre eigene Traumwelt nach – eine Traumwelt, die schließlich Wirklichkeit wurde und sie zu ihrem neuen, glücklichen Leben führte. Das Buch ist mit einem persönlichen Bildteil ausgestattet, der den Eindruck des Textes noch verstärkt. „Fe-Male“ ist ein außergewöhnliches autobiographisches Werk, das unterhaltsam zu lesen ist und allen Mut machen kann, die ihre wirkliche verborgene Identität suchen.

Hannah Winkler, Fe-Male – Hinein in den richtigen Körper
Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, 1. Auflage 2014
Link zu Amazon: http://amzn.to/1zr87Hs
www.hannah-winkler.de

Autorin: Jolanta Drywa

Rezension: Mel Wolfen, Vaterliebe

Cover Mel Wolfen, Vaterliebe„Was tun, wenn einem die Werkzeuge, die man fürs Leben braucht, nicht in die Wiege gelegt werden? Wohin kann die Reise dann gehen und wird sie zwangsläufig in einer Irrfahrt münden? Die Erzählung „Vaterliebe – Eine Reise in die Vergangenheit“ ist mein Versuch, diese Fragen zu beantworten…“ (Mel Wolfen)

Der Klappentext des Autors gibt einige Rätsel auf. Ist es ein Buch über das Leben eines Versagers? Oder eine Art Roadmovie über die Irrwege eines Orientierungslosen? Leider erklärt der Text nicht genauer, was den Leser erwartet. Denn die Geschichte, die Mel Wolfen erzählt, ist lesenswert.

Die Reise, die darin angedeutet wird, ist nicht nur ein Ausflug in die Vergangenheit. Es ist hauptsächlich eine Reise in die Gefühlswelt von Max Engel, dessen Leben aus der Ich-Perspektive erzählt wird. Die Geschichte beginnt an dem Tag, an dem er sich nach jahrelangem Zögern mit seinem Vater trifft. In einer längeren Rückblende erfährt der Leser, wie es zu dieser Entfremdung kam. Max verbrachte eine trostlose Kindheit bei seiner alleinerziehenden Mutter und deren wechselnden Lebensgefährten. Danach folgten Alkohol- und Drogensucht und die mühsame Suche nach einem Platz in der Gesellschaft. All das wird in einer knappen und anschaulichen Sprache erzählt, die glücklicherweise nicht in den Sozialkitsch abgleitet.

Den meisten Raum in dieser Novelle nimmt das Fehlen des leiblichen Vaters ein. Als Mutter einer Tochter kann ich die Beziehung zwischen Vater und Sohn nur erahnen. Mel Wolfen gelingt es jedoch, mir diese Gefühlswelt näherzubringen. Mit klaren, manchmal auch poetischen Worten schildert er Max Engels‘ Suche nach seinen Wurzeln und den Schmerz über das Fehlen der Vaterfigur. Schade ist nur, dass es der Autor bei so wenigen Seiten bewenden ließ (wenn man Vorwort, Impressum, Anmerkungen und Danksagung weglässt, bleiben 162 Seiten Text). Ich hätte gern mehr über Max Engels‘ bewegtes Leben erfahren.

Mel Wolfen, Vaterliebe – Eine Reise in die Vergangenheit
MM Felis Self Publishing, 2014

Autorin: Petra Gugel

Rezension: Harald Gilbers, Germania. Oder: Ein Krimi erklärt den Krieg

Das Buch tanzt Pogo mit dem Leser. Zumindest ging’s mir so bei der Lektüre. Denn die Aufs und Abs inhaltlicher wie stilistischer Art haben hier eine hohe Frequenz. Da folgen Passagen von eindringlichster Intensität und Dichte auf leider oft arg schlichte Dialoge oder innere Monologe – da werden bestialische Grausamkeiten detailverliebt geschildert und ein paar Seiten später Sentenzen wie aus einer Seifenoper präsentiert – und da stehen teilweise brillant gezeichnete Charaktere im einer vollkommen durchschnittlichen „Whodunit-Handlung“, die vom Autor eben kurzerhand in eine Welt mit in jeder Hinsicht extremen Konditionen transferiert wurde. Die Gesellschaft ist nicht nur korrupt, es sind Nazis. Der Underdog ist nicht einfach ein Außenseiter, er ist Jude. Das tägliche Leben ist nicht nur eine Zumutung, es hagelt Bomben.

Quelle: Droemer Knaur
Quelle: Droemer Knaur

Worum handelt es sich konkret? Nun, den Plot kann man relativ kurz abhandeln. Und weil das Werk als „Thriller“ firmiert, will ich auch nicht allzu viel verraten. Die Handlung spielt im Berlin des Jahres 1944, zwischen dem 7. Mai und dem 25. Juni. Die Stadt zerbröselt zusehends unter den andauernden Angriffen alliierter Bomber. Ein Serienmörder geht um und verstümmelt und ermordet nicht nur junge Frauen – er legt die Leichen auch noch an Mahnmalen zum Gedenken an den 1. Weltkrieg ab. Die Behörden sind ratlos, erinnern sich dann aber an den Juden Richard Oppenheimer, der früher mal Kriminalkommissar war. Oppenheimer leidet zwar unter der Verfolgung durch die Nazis, sieht sich aber immer noch als pflichtbewusster preußischer Beamter und macht sich unter dem Schutz der SS auf die Tätersuche. Sein Problem dabei: wenn er den Täter hat, dürfte seine Gandenfrist abgelaufen sein.

Nun gut. Krimis, die ins Berlin der 20er, 30er und 40er Jahre verlegt werden, kennt man. Nicht zuletzt durch den Gereon-Rath-Zyklus von Volker Kutscher. Harald Gilbers geht allerdings härter zur Sache. Der Autor ist Jahrgang 1969, studierte Anglistik und Geschichte und arbeitete erst als Feuilleton-Redakteur, bevor er Theaterregisseur wurde. Das macht sich in der nicht immer gelungenen Dialogdichte des Romans bemerkbar – aber erfreulicherweise eben auch in seiner akribischen Recherche zu den Rahmenbedingungen des Lebens in Berlin zur Endzeit der Naziherrschaft. Sprachliche Wendungen, Witze, U-Bahnverbindungen, Wetter, Nachrichten… all das ist stimmig in die Handlung integriert. Und Gilbers kann durchaus ergreifend schreiben. Die Sequenz über einen Bombenangriff, den der Held Oppenheimer zusammen mit seinem SS-Partner Vogler im Bunker übersteht, gehört für mich zu den stärksten Stellen des ganzen Buchs. In seiner ganzen expressiven Wucht durchaus vergleichbar mit der Beschreibung des Bombardements von Dresden im Roman „Schlachthof 5“ von Kurt Vonnegut. Trotzdem: die Fallhöhe danach ist dann wieder entsprechend hoch. Und schmerzt.

„Germania“ ist der erste Roman von Harald Gilbers und für die Kenner der Szene offenbar ein ausgezeichneter Start in die Krimiautor-Karriere: nämlich prämiert mit dem Glauser-Preis 2014 für das beste Debüt. Mir hat’s im Ganzen nicht ganz so gut gefallen.

Harald Gilbers, Germania. Knaur TB, 2013.

Autor: Harald Wurst | ph1.de

Rezension: Cornelia Lotter, Elstertränen

Elstertränen: sensibel, schockierend, intim… einfach nur gut!

Wer ist eigentlich die Hauptfigur in Cornelia Lotters Krimi „Elstertränen“? Ist es Martin Bender, der die Ermittlungen der Sonderkommission „Elster“ leitet und den Mord an einem kleinen Mädchen aufklären soll, während alle Spuren scheinbar ins Leere laufen? Ist es seine Partnerin Kirsten Stein, die ihn mit ihren oft unorthodoxen Ermittlungsmethoden unterstützt? Oder ist es gar der Unbekannte, der die Mädchenleiche aus der Elster fischt, ihre Blöße mit einem Weißdornzweig bedeckt und schließlich verschwindet?

Bender und Kirsten, kurz Ki genannt, stehen ebenso wie die Beamten der Mordkommission vor einem schier unlösbaren Rätsel: Die kleine Ilka war auf dem Weg zum Spielplatz, hat diesen jedoch nicht erreicht und ist scheinbar spurlos verschwunden, bis ihre Leiche am Elsterufer gefunden wird. Das ist bereits der vierte Mord an einem kleinen Mädchen in Leipzig und Umgebung. Das Mädchen wurde sexuell missbraucht und starb vermutlich an einer Überdosis K.-o.-Tropfen.

… doch der Unbekannte schweigt

Der unbekannte Finder der Leiche gibt sich zunächst nicht zu erkennen. Er hat Angst, als Täter abgestempelt zu werden, weil er selbst pädophil veranlagt ist, jedoch immer verzweifelter gegen seine Neigungen ankämpft. Dass er schließlich doch mit der Polizei zusammenarbeitet, ist lediglich einem Zufall zu verdanken: Er ist beim selben Therapeuten in Behandlung wie Ki, die einige unschöne Kapitel aus ihrer Vergangenheit aufarbeiten möchte und sich von Martin sehnlichst ein Kind wünscht. Schließlich gelingt es diesem ungleichen Trio, einen Pädophilen-Ring zu sprengen, der Kinderpornos produziert und in der Szene verbreitet.

Einfühlsam und trotzdem temporeich

Die Story von „Elstertränen“ ist in mehrfacher Hinsicht ein Wettlauf gegen die Zeit: Martin Bender will den Täter fassen, ehe noch weitere Morde passieren oder sich die wenigen Spuren endgültig im Nichts verlieren. Ki spürt ihre biologische Uhr in rasantem Tempo ticken und hat ihre eigene Vergangenheit – vor allem eine Abtreibung – noch nicht richtig aufgearbeitet. Und der Unbekannte schließlich fürchtet, dass er irgendwann seinen unterdrückten Neigungen nachgehen könnte. Erst recht, als eine neue Nachbarin im Mietshaus einzieht, deren Tochter genau in dem Alter ist, das zu seinem Beuteschema passt.

Das Tempo macht Cornelia Lotter mit kurzen Kapiteln und raschen Szenewechseln, die stilistisch etwas an die Arbeitsweise des Regisseurs Quentin Tarrantino erinnern. Trotzdem nimmt sie sich die Zeit, um die Protagonisten tiefgründig zu charakterisieren. Darüber hinaus geht sie das Thema Pädophilie äußerst sensibel an.

Trotz des direkten Einstiegs in die Thematik verzichtet die Autorin auf jegliche Effekthascherei und darauf, die betreffenden Szenen unnötig auszumalen. Durch ihre einfühlsame Charakteristik des Unbekannten macht sie deutlich, dass pädophil veranlagte Menschen nicht zwangsläufig Täter oder Monster werden müssen, sondern sich unter Umständen selbst in einer Opferrolle befinden.

Cornelia Lotter wagt mit der Thematik einen äußerst schwierigen Spagat, den sie mit Bravour meistert. Sie verpackt die schwierige Thematik in eine spannende und gut erzählte Geschichte. Mögen ihre Leser dazu animiert werden, genauer hinzuschauen, wenn in seiner eigenen Nachbarschaft etwas seltsam erscheint.

Cornelia Lotter, Elstertränen – Ki und die verlorenen Kinder.
Ein Krimi um Privatdetektivin Kirsten Stein
Link zu Amazon: http://amzn.to/1swoZM2

Autor: Harry Sochor