Nach fünf Lesungen rund um die Buchmesse in Leipzig stand mir gestern die Feuertaufe in Ostfriesland bevor: Der Heimatverein Overledingerland hatte zum turnusmäßigen Klönabend in das Fehn- und Schiffahrtsmuseum Westrhauderfehn geladen. Programmpunkte: Lesung aus „Bubis Kinnertied“, Teetied, der Lesung zweiter Teil und gemeinsames Singen von „Kein schöner Land in dieser Zeit“ auf Plattdeutsch. Es ist ein großes Kompliment für mich, dass dieser Klönabend der bestbesuchte in der Saison war. Rund 100 Zuhörer wollten Auszüge aus der Biografie meines Vaters hören, der Saal reichte nicht aus, eine Verbindungstür wurde zusätzlich geöffnet.
Wie bei allen meinen Lesungen, hatte ich die Textauszüge individuell auf das Publikum abgestellt. Es gab ein Wiedersehen mit vertrauten Personen und Orten aus der Vergangenheit des Fehns. Die älteren Zuhörer kommentierten dies mit Raunen oder Zustimmung: Ja, den kenn ich auch noch…. Ein wirklicher Heimatabend, gar nicht kitschig oder gar spießig, und selbst das schwierige Thema Emslandlager und Kriegsenkel wurde offen aufgenommen. Nach der Lesung kamen Zuhörer zu mir und berichteten aus ihrer Familie. Das hatte ich schon in Leipzig erlebt: Ich berühre Menschen, und sie öffnen sich für mich. Kann es für einen Autor größere Erfüllung geben?
Gibt es noch die Liebe auf den ersten Blick? Zumindest versprechen viele Speed-Datings gute Chancen auf das perfekte Date. Eine Plattform der ganzen anderen Art bietet seit einigen Jahren die Leipziger Buchmesse. Dort treffen jedoch nicht einsame Singles aufeinander, sondern junge Autoren und Verleger. Kann es auch auf dem Büchermarkt das perfekte Match geben?
Wenn am Sonntag, dem letzten Tag der Leipziger Buchmesse, einige Besucher schon die Heimreise antreten, fiebern andere im Congress Center Leipzig (CCL) noch einem ganz besonderen Speed-Dating entgegen. Dabei geht es nicht um die große Liebe einen schnellen Flirt. Vielmehr sollen bei der mittlerweile dritten Auflage des „Meet & Greet“ zwischen Autor und Verleger die Funken sprühen. Die Veranstaltung wird seit 2015 vom Bundesverband junger Autoren und Autorinnen e.V. (BVjA) organisiert. Die Interessenvertretung ist im 30. Jahr ihres Bestehens stolz darauf, dass sich die Idee des „Meet & Greet“ zu einem festen Bestandteil im Angebot der Leipziger Buchmesse geworden ist.
Mehr als 80 Teilnehmer hatten sich dieses Jahr für die Veranstaltung angemeldet, dem standen 15 Verlage gegenüber. Neben großen Häusern wie Ullstein befanden sich auch eBook-Publisher unter den Verlegern. In der lesenden Öffentlichkeit werden häufig nur gedruckte Bücher als „richtige Bücher“ bewertet. EBooks gelten dagegen eher als „Sammelbecken für den Rest“, um es diplomatisch auszudrücken. Stimmt dieses Vorurteil wirklich?
„Man darf das eBook nicht als Konkurrenz zum Print sehen. Gedruckte Bücher haben weiterhin Potenzial und werden bestehen bleiben“, erklärt Ruth Atkins von der Neukirchener Verlagsgesellschaft, die auch am Meet & Greet teilnimmt. „Entscheidend ist die Message des Buches: Wen möchte der Autor erreichen? Besonders schön illustrierte Skripte mit Bildern oder innovativer Aufmachung und Gestaltung, die man Freunden zum Geburtstag schenkt, zwängen sich im Print nahezu auf, weil es unglaublich schön ist, darin zu schmökern. Andere Bücher wie Ratgeber oder informative Literatur, beispielsweise technische Sachbücher, wollen viele junge Leute auf ihrem Smartphone haben, um es rasch und mobil abrufen zu können. Aber es gibt auch viele Romane, die man gerne digital mit sich herumträgt. Printbücher stellen daher vor allem eine physische Komponente dar.“
Immerhin wird schon rund ein Drittel aller Bücher für den Bildschirm und nicht für die Druckerpresse konzipiert. Ob digital oder Print, dem Initiatoren des BVjA war es vorrangig wichtig, nur seriöse Anbieter zur Veranstaltung zuzulassen. „Sogenannte Druckkostenzuschussverlage haben keine Chance auf eine Beteiligung“, versicherte Rechtsanwalt Tobias Kiwitt, Vorstandssprecher des BVjA. „Schließlich begleiten wir die Autoren auch nach Abschluss eines Vertrages, um sie bei der Ausgestaltung ihrer Konditionen zu unterstützen. Bisher verlief alles reibungslos; nur bei einem Verlag mussten wir mal im Vertrag etwas nachbessern, damit es den Wünschen des Autors entsprach.“
Erfreulich: Die Verlage im „Meet & Greet“ sehen junge und unsichere Autoren nicht als „leichte Beute“ für ihr Verlagsgeschäft. So erzählt Britta Voß vom Frankfurter Größenwahn Verlag, dass ihr Haus schon seit dem ersten Meet & Greet mit von der Partie sei, es aber bisher noch nie zu einer Kooperation kam, weil Mr.oder Mrs. Right nicht auftauchte. Ob man dieses Jahr mehr Glück hatte?
Natürlich hoffen auch Neulinge der schreibenden Zunft auf den großen Wurf. Letztes Jahr konnten immerhin 18 Vertragsabschlüsse nach dem „Meet & Greet“ verbucht werden, 2015 waren es sogar 21 Verträge. Eine jener Erfolgsgeschichten wurde beim Hamburger Acabus Verlag geschrieben, für den Programmleiterin Daniela Sechtig Ansprechpartnerin vor Ort war. Ob dieses Jahr ein Debutautor überzeugen konnte, wird sich erst nach Prüfung der Exposés herausstellen. Aufmerksame Besucher konnten am Acabus-Stand den Titel „13“ in die Hand nehmen. Dessen junger Autor Carl Wilckens nahm bereits 2015 beim ersten Meet & Greet teil, konnte jedoch mit seiner Idee zunächst bei keinem Druckhaus punkten. Er nahm die Absage sportlich, setzte das Feedback der Lektoren um und verbesserte seinen Schreibstil. 2016 stellte er sich erneut beim „Meet & Greet“ mit einem Fantasy-Buch im Gepäck vor. Diesmal griff der Acabus Verlag zu und präsentiert nun den Debütroman von Carl Wilckens mit der infernalischen Nummer 13 im Programm.
Auch 2017 waren viele bunte Genres beim „Meet & Greet“ vertreten, mehr als 200 Dates fanden statt. Und die erinnerten wirklich an den typischen Ablauf von Speed-Datings: An Tischen warteten die Literaturagenten und Verlagslektoren. Nach Aufruf hatten die Jungautoren zehn Minuten Zeit, ihre Idee zu pitchen. Eine Klingel beendete unbarmherzig das Gespräch, die „Reise nach Jerusalem“ setzte sich am nächsten Tisch fort. Einige Verleger, wie der Hein-Verlag, boten interessanten Kandidaten nach dem Speed-Dating Einzeltermine an, um in gelöster Atmosphäre die Manuskripte zu besprechen. Überaus zufrieden kehrte Dörte Schmidt von ihrem Treffen mit dem Kohl-Verlag zurück. Dort hattee sie ihr Manuskript „Vitaminchen oder Maja und die Zuckerpiraten“ vorgestellt, eine Kombination aus Kinderbuch und Ernährungsratgeber.
Nicht alle Autoren werden dieses Jahr ihr Match finden. Doch bei allen steht am Anfang das Wort. Ihnen ergeht es ähnlich wie Dr. Frankenstein aus dem Roman von Mary Shelley: Sie wanken zwischen Schockstarre und genialischen Triumph, wenn sie bemerken, dass ein zuvor untotes Etwas, zusammengesetzt aus vielen Sätzen, Absätzen und Kapiteln, plötzlich die Augen aufschlägt und atmet. Die Rollen sind klar verteilt: Der Leser entscheidet, ob sich diese Kreatur als mordhungriges Monster entpuppen oder sich als ein Wunder der Schöpfung herausstellen wird. Den Verlagslektoren hingegen kommt die Rolle der Rechtsmediziner zu, die über Leben und Tod des Wesens urteilen. In ganz seltenen Fällen verlieben sich Ärzte ja auch in ihre Patienten…
Danke für die Einschätzung an Gordon McBane. Er nahm mit dem Manuskript seines Mystery-Thrillers „Die Kinder von Bragolin“ am „Meet & Greet“ 2017 teil. Fotonachweis: Gordon McBane (2)
Trefft mich auf der Leipziger Buchmesse am Stand des Acabus Verlages (Halle 2, H 325, direkt neben der Phantastik-Insel). Ich freue mich darauf, viele von euch kennenzulernen!
… auf ein erstes Gefühl, wie sich das Buch dann in der Hand anfühlt. Und dann kommt da ein schnöder „Buchblock“ elektronisch als pdf angeflattert. Aber nun weiß ich, wie der Satz aussehen wird mit allen Fotos. Sehr gelungen!
Nun muss ich bis Ende Oktober alles durchgehen und meine Kommentare abgeben. Spannend, was ich eventuell so alles vor Begeisterung und „Betriebsblindheit“ übersehen habe….
Bis zum 1. September muss ich nun die Endfassung beim Verlag abliefern. Also, liebe Freunde und Testleser vom Fehn: Wenn ihr noch etwas ergänzen wollt, vielleicht einige Fotos, wäre jetzt die Zeit dafür!
Eben gerade ist mein Verlagsvertrag vom Acabus Verlag für „Bubis Kinnertied“ angekommen. Ich freue mich riesig! Als Erscheinungstermin vorgesehen ist März 2017. Alle Planungen für die Buchmesse und für die Premiere auf dem Fehn können also weitergehen. Ich glaube, ich realisiere das erst in den nächsten Tagen…