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Matthias Jügler, 1984 in Halle geboren mit Masterstudium am Deutschen Literaturinstitut Leipzig, legt mit „Raubfischen“ seinen Debütroman vor. Der Einband sieht vielversprechend aus – ein pastellfarbenes Blaugrau mit der schönen Graphik eines Fischerbootes. Um Daniel und seinen Großvater soll es gehen, um ihren gemeinsamen Angelurlaub in Schweden und darum, dass der Großvater an ALS erkrankt – woraufhin Daniel einen „waghalsigen“ Entschluss fasst, wie es auf der Rückseite des Buches heißt. Gespannt schlage ich den Roman auf – und bin enttäuscht.
Konstruiert
Die ersten Kapitel des Buches habe ich das Gefühl, des Autors Anliegen sei es, möglichst keinen Satz mit mehr als fünf Wörtern zu schreiben. Das ändert sich zum Glück nach dem ersten Drittel. Besser wird es dennoch nicht. Denn allen Kapiteln gemeinsam bleibt die ausufernde Anhäufung von Detailschilderungen, welche mich regelmäßig den Faden verlieren lassen. Solcherlei literarische Konstruktionswut dürfen sich meines Erachtens nur Autoren wie Musil erlauben, deren Wälzer genügend Raum dafür bieten. In einer Erzählung jedoch, die vorgibt, ein Roman zu sein, scheint sie mir unangebracht.
Distanziert
Der Inhalt kommt nur mit Mühe bei mir an und verliert auf seinem Weg die Kraft, mich zu berühren: Neben den Kaffee-und-Kuchen-Schilderungen erhasche ich ein paar Sätze, aus denen hervorgeht, wie mitgenommen alle von der Erkrankung des „Großvaters“ sind. Mich lässt das ziemlich kalt. Weder wurde mir Grundlegendes zu der Krankheit ALS erzählt, noch hatte ich die Möglichkeit, eine Beziehung zu den Handlungsfiguren aufzubauen, von denen der Ich-Erzähler Daniel so verstörend förmlich („Mutter“, „Vater“, „Großmutter“, „Großvater“) berichtet.
Gleich gestelltes Vielerlei
Neben der Erkrankung geht es auch ums Hechtefangen (daher „Raubfischen“), um Daniels Ferien in Schweden und heimliches Rauchen, um eine Fehde zwischen dem Großvater und dem Verkäufer des Ferienhauses namens Åge. Aus einer Rückblende wird klar, dass die Großmutter mit diesem vor Jahren mal geliebäugelt hatte. Daher also. Drei hübsch von Tim Jockel illustrierte Kapitel handeln vom Leben unter Wasser aus Fischperspektive und fallen damit etwas aus der Reihe, sind aber durchaus angenehm zu lesen. Ansonsten stehen alle Handlungsstränge gleichberechtigt nebeneinander, alle Sätze sind gleich gewichtet. Um der Erzählung zu folgen und ihre Bedeutung zu erfassen, muss ich mich entsprechend konzentrieren und nachdenken. Dennoch erschließt sich mir nicht, was nun eigentlich so „waghalsig“ an Daniels Entschluss sein soll, mit seinem Großvater und dessen Beatmungsgerät noch eine letzte Reise nach Schweden zu unternehmen.
Mein Fazit
Auf der Rückseite bemerkt Matthias Nawrat: „Wie [Jügler] vom Ende eines Lebens erzählt, lässt uns lange nicht mehr los.“ Mich hat es gar nicht erst gepackt.
Matthias Jügler, Raubfischen
Blumenbar, 2015
Website des Autors: http://www.matthiasjuegler.de/
Online bestellen: https://www.buchhandel.de/buch/Raubfischen-9783351050146
Autorin der Rezension: Katja Weber