Das Hörsaalzentrum auf dem Uni Campus im Frankfurter Westend ist am 4. Juni Schauplatz der „1. Internationalen Autorenmesse“. Die Tagesveranstaltung von 10 bis 17 Uhr richtet sich an „alle Autoren und die, die es werden wollen“. Versprochen wird „die Chance, sich umfassend zu informieren sowie inspirieren zu lassen.“ Schreibende, so die Ankündigung, könnten mit Lektoren, Grafikern, Illustratoren, Verlagsvertretern, Marketingfachleuten und Medienanwälten in Kontakt treten. Eine Lektoratssprechstunde ist ebenso angekündigt wie eine Erstberatung für Autoren, Schreibtraining sowie „Top-Referenten“ und Workshops. Der Eintrittspreis für Vollzahler beträgt ambitionierte 44 Euro, es gibt zahlreiche Rabatt- und Gratisaktionen. Veranstalter der Autorenmesse ist kein Akteur der Buchbranche, sondern die „Unternehmen Erfolg AG“ im bayerischen Freising. Dahinter steht Hermann Scherer, einer der gefragtesten und bestdotierten Motivationscoaches und Top-Speaker.
Was meinen Profis der Buchbranche und Autoren zu dem neuen Format? Ich habe mich umgehört.
Seine Anhänger aus der Selfpublishing-Szene nennen ihn ehrfurchtsvoll „Prinz Rupi“: Wilhelm Ruprecht Frieling schreibt, inszeniert, moderiert, bloggt und berät. Zur Autorenmesse in Frankfurt hat er eine knackige klare Meinung: „Eine Veranstaltung mit drittklassigem Personal. Da ist keiner dabei, der im Selfpublishing wirklich Erfolg hat.“ Die Messe sei nicht mehr „als ein Abklatsch des Self-Publishing-Days in München.“
„Drittklassig“ ist Karla Paul dann doch zu hoch gegriffen. Die Verlegerin (Edel eBooks, edel & electric), Bloggerin, Buchtuberin und Kolumnistin hatte zuletzt auf der Leipziger Buchmesse 2016 durch eine provokative Keynote Aufsehen erregt, als sie Literaturblogger aufforderte, mehr Selbstbewusstsein zu zeigen und die „Emo-Flauschzone“ zu verlassen. Auch ihr Urteil zur Frankfurter Autorenmesse ist eindeutig: „Ich sehe für mich persönlich keinen Grund, sie als Privatperson zu besuchen oder aber als Verlegerin dort mit meinen Projekten zu präsentieren. Sie bietet keinen Mehrwert zu den bereits existierenden Messen und Cons, die mit sehr viel Liebe und Leidenschaft organisiert werden.“
Die Preise der Frankfurter Autorenmesse seien, gerade für die erste Veranstaltung, sehr hoch. Größter Kritikpunkt ist für Karla Paul die Werbung mit unternehmen-erfolg.de: „Das hat ja nun rein gar nichts mehr mit Literatur zu tun, sondern wirkt auf mich billig und unseriös.“ Den Frankfurter Machern empfiehlt die Ikone der neuen Digitalgeneration einen Blick auf das Publishers’ Forum in Berlin: „Das sieht von der Webseite bis zur tatsächlichen Umsetzung ganz anders aus und beweist Kenntnis und Interesse des Buchmarkts bis ins Detail.“ Da überrascht das Endurteil von Karla Paul nicht mehr: „Ich würde von der Autorenmesse eher Abstand nehmen. Vielleicht irre ich mich auch – das ist immer der beste Fall, wenn man positiv überrascht wird.“
Versöhnlicher urteilt Leander Wattig. Sein Name ist verbunden mit Projekten wie #wasmitbuechern, #pubnpub und dem Virenschleuderpreis. Leander Wattig sieht das gesamte Thema Professionalisierung und Marketing für Autoren in Deutschland als noch unterentwickelt an und begrüßt deshalb Initiativen, die das adressieren: „Es gibt da großen Bedarf und großes Potenzial, weshalb so eine Autorenmesse grundsätzlich sicher gute Chancen hat.“ Allerdings kritisiert er, dass weder bei den Referenten noch bei den Ausstellern die Internationalität zu erkennen sei, welche der hochgestochene Name suggeriere, und dass inhaltlich bisher auch ein Alleinstellungsmerkmal im Vergleich zu Events ähnlicher Ausrichtung fehle.
Caroline Funke betreut im Hause Ullstein seit Oktober 2015 als Lektorin die beiden Imprints Midnight und Forever an der Schnittstelle zwischen traditionellem Verlegen und Self-Publishing. Auf der Frankfurter Autorenmesse wird sie in einem Vortrag erläutern, wie digitales Publizieren im Verlag abläuft und als Jurorin im Buchcontest mitwirken. „Wir schätzen den direkten Austausch mit Autoren“, so Caroline Funke, „und sind deshalb immer wieder bei Events auch abseits der beiden großen Buchmessen in Frankfurt und Leipzig vertreten“, so in diesem Jahr als Sponsor bei der LoveLetter Convention in Berlin und bei der Electric Book Fair. Für den Buchcontest der Frankfurter Autorenmesse hat Ullstein als Preis ein Beratungsgespräch zum Manuskript ausgelobt. Caroline Funke unterstützt das Konzept, Autoren bei ihren ersten Schritten von der Buchidee bis zur Veröfffentlichung zu begleiten. Dass der Veranstalter keiner der „üblichen Verdächtigen“ der Buchbranche ist, stört sie nicht: „Hermann Scherer ist selbst Autor verschiedener Bücher. Ich vertraue auf seine Expertise und ein atraktives Programm.“ Allerdings bliebe auf Messen über den Erstkontakt hinaus wenig Zeit für tiefe Beratungsgespräche. Deswegen ihr Rat an Autoren: „Bringen Sie Ihre Buchidee im Kopf mit, aber bitte keine Exposés, Leseproben und Manuskripte.“
Claudia Strobl wird zur Frankfurter Autorenmesse mit vier Personen im Auto aus Österreich anreisen: „Meine Family und Helfer, alles tolle Leute“. Sie hat im vergangenen Jahr ihr erstes Buch fertiggestellt, ein sehr emotionales Buch über das späte Kennenlernen des Vaters. Ein weiteres Jahr beanspruchten dann Lektorat und Korrektorat. Mit dem überarbeiteten Text will Claudia Strobl zum Buchcontest der Frankfurter Autorenmesse antreten. Das Buch liegt bisher nur als Onlinedruck vor. Kontakte zu Verlagen hat Claudia Strobl noch nicht geknüpft, auch eine Buchmesse hat sie noch nie besucht: „Schließlich habe ich fünf Jahre selbst geschrieben.“ Claudia Strobl setzt große Hoffnungen auf die Autorenmesse: „Das ist genau das, was ich brauche. Ich suche einen Verlag, der zu mir passt. Und ich denke, dass die Messe eine Superchance ist, um mit Fachleuten und Gleichgesinnten zu sprechen.“
Im kommenden Teil werde ich mit dem Veranstalter der Autorenmesse sprechen. Wie entstand die Idee, und wie geht man mit dem Gegenwind aus der Buchbranche um?