Rezension: Nina Sedano, Happy End – Die stillen Örtchen dieser Welt

In ihrem neuen Buch ist die „Ländersammlerin“ Nina Sedano nicht nur Globetrotterin, sondern vor allem „Klobetrotterin“. Ein Muss für jeden, der mal muss.

Quelle: www.edel.com
Quelle: www.edel.com

Nach dem ersten harten Brocken wird es fluffig
Nina Sedano startet ihr „Happy End“ etwas unglücklich: In dem 30seitigen Kapitel über die Kulturgeschichte der Toilette bringt sie so viele Daten und Zahlen unter, dass – effektiv wie bei einer Klospülung – jede Information sofort durchgespült und weggeschwemmt wird. Hier hätte ich mir einen knackigeren, aufs Wesentliche beschränkten Abriss gewünscht, ergänzt durch numerische Details im Anhang. Zum Glück aber raubt mir schon das nächste Kapitel die Furcht, dass es in diesem Stile weitergehen könnte. Die Autorin durchmischt sehr geschickt und abwechslungsreich eigene kurze Erlebnisberichte sowie zahlreiche griffige Anekdoten rund um die Toilette. Ihre persönlichen Erzählungen umfassen dabei zwischen drei und sechs Seiten, die Anekdoten und Fakten gar nur wenige Zeilen. Vom ersten Kapitel abgesehen ist der Rest des Buches also im wahrsten Sinne des Wortes die perfekte Klolektüre – wobei ich selbst Bücher lieber auf dem Sofa lese und davon auch hier nicht abgerückt bin.

Unnützes und Witziges über äußerst Nützliches
Von überraschenden Geburten auf dem Örtchen, verlustig gegangenen Wertgegenständen, blinden WC-Passagieren, festgesogenen Hinterteilen auf Flugzeugtoiletten, Klosprüchen und -witzen bis hin zu makabren Todesfällen auf dem Abort ist alles dabei, was man sich an Klo-Wissen wünschen kann. Ein wenig erinnern mich die skurrilen Kurzzeiler, die Nina Sedano sorgfältig nach Ländern und Städten ordnet, an die Kategorie „Unnützes Wissen“ der NEON. Obwohl ich nur selten schallend lache, muss ich doch häufig schmunzeln und den einen oder anderen Satz auch ungläubig kopfschüttelnd mehrmals lesen. Als besonders angenehm empfinde ich den Schreibstil der „Klobetrotterin“, der durch und durch wort(witz)gewandt daher kommt – bisweilen aber auch etwas zu „klolossal“ üppig. Leider hat die Autorin bei aller Wortgewalt auf jegliche anderweitige Bebilderung verzichtet. Ohne die Unterstützung durch Photo oder Skizze hinterlassen die Beschreibungen der vielen bemerkenswerten Örtchen daher nur einen diffusen Eindruck.

Ansonsten aber lässt diese sympathische Klogeschichte nichts vermissen, nicht einmal die Moral: Nina Sedano will nicht nur erheitern, während wir uns erleichtern, sondern das Thema der Notdurft und deren Örtchen enttabuisieren. Wasser, Leben, Ausscheidungen – all das spielt ineinander. Um sich die Zusammenhänge vor Augen zu führen, empfiehlt Sedano allen den Besuch einer Kläranlage und lässt die Toilette selbst einen Appell an ihre Benutzer richten. Statt sie zu verpönen oder mit Müll zu stopfen, sollten wir ihr dankbar sein, denn die Einführung von Klosetts mit Wasserspülung hat unser Leben um 40 Jahre verlängert. Daher: Hoch auf die Toilette!

Mein Fazit
Nina Sedanos gelungene Mischung aus Witzigem und Wissenswerten befriedigt den Lesehunger im Großen wie im Kleinen, zwischendurch als auch am Stück. „Happy End“ ist „Klolektüre“ vom Feinsten und dennoch zu schade für einen Standort auf dem Abort.

Nina Sedano, Happy End – Die stillen Örtchen dieser Welt
Eden Books, 2015
Online bestellen: https://www.buchhandel.de/buch/Happy-End-9783944296944
Autorin der Rezension: Katja Weber