Rezension: Alexander Langer, Schneeschippen in Kanada

Schneeschippen in Kanada von Alexander Langer – www.randomhouse.de

Fee erzählt den Inhalt

Alexander Langer wird von seiner Mutter in Montreal allein erzogen. Im Alter von 15 Jahren sagt sie ihm, er solle sich einen Job suchen. Er findet das toll und beginnt mit Babysitten. Danach schippt er Schnee und arbeitet sich durch allerlei Jobs: Amazon in Leipzig, Inhaber eines Tretbootsverleihs, Englischlehrer, „Sachen am Computer“ und vieles andere. Glücklich ist er meistens nicht dabei, und so ist er froh, wenn wieder mal ein Job beendet ist. Und schon steht er in der Schlange für den nächsten Job…

Fee meint

Das Buch ist recht unterhaltsam, teils spannend geschrieben, fast wie ein Abenteuerroman. Ich hatte oft Verständnis für den Autor. Er steht normale Jobs durch ebenso wie völlig durchgeknallte. Den Tretbootverleih fand ich witzig und „normal“, auch das Schneeschippen. Nachteil: Das geht nur im Winter und es bringt auch nicht immer Geld ein. Am kuriosesten fand ich den Job als Taxifahrer im nächtlichen Montreal. Und ich habe jetzt die Ahnung, dass Arbeiten bei Amazon vielleicht doch nicht so schlecht ist. Und was die Deutschen so alles kaufen, das muss man selbst gelesen haben! Hier kann man sich doch tatsächlich noch weiterbilden…

Alexander Langer schildert seine Odyssee sarkastisch-humorvoll. Jedenfalls kann er seine deutschen Wurzeln nicht verleugnen: Kaum ist er arbeitslos, sucht er sich den nächsten Job.

… und das Feen Fazit

Wer sich humorvoll unterhalten lassen will, der sollte hier zugreifen. Das Buch ist recht schnell zu Ende gelesen. Next please!

Alexander Langer, Schneeschippen in Kanada
In 15 Jobs bis ans Ende der Welt
Heyne Verlag, 2016

Danke für die Leseeindrücke an „Lesezeichenfee“ Sylvia F. Wagner

Brauchen Autoren Lektoren? – ein Nachschlag

Das Thema hatte ich hier schon einmal behandelt. In diesen Tagen erreicht mich eine Kampagne „Lob der Lektoren“, angestoßen von der Initiative „Vorsicht Buch!„,  mit Aussagen von zwölf Autorinnen und Autoren zur Zusammenarbeit mit ihren Helfern in den Verlagen. Überzeugend! Am besten hat mir schmunzelnd das Statement von Carla Berling gefallen (Heyne / Random House):

„Ich bin oft total betriebsblind, eben weil ich so lange in der Geschichte lebe. Als meine Lektorin dann eine Stelle fand, in der ein Verstorbener einen Brief schreibt, hab ich ihr einen Heiratsantrag gemacht.“

Rezension: T.S. Orgel, Das Erbe von Berun (Die Blausteinkriege #1)

Sie werden als die Fantasy-Sensation des Jahres gefeiert: Bereits mit „Orks vs. Zwerge“ betrat das Autorenduo Tom und Stephan Orgel die deutsche Phantastik-Bühne. Nun machen sie mit den Blausteinkriegen, dem Auftakt ihrer neuen Reihe, erneut auf sich aufmerksam.

www.randomhouse.de
www.randomhouse.de

Ein Reich vor dem Verfall
Einst war Berun ein mächtiges Kaiserreich. Die „Löwen von Berun“ nennt man seine Kaiser, die mit ihrem schlagkräftigen Heer eine Eroberung nach der anderen verzeichnen. Magie, gewirkt durch die sogenannten Blausteine, betrachten die Beruner als verachtenswert, den Glauben an die Götter haben sie untersagt. Das schafft natürlich auch Feinde. Als sich der neue Kaiser, nicht zuletzt durch Intrigen in den eigenen Reihen, als schwach erweist, wittern sie ihre Chance und setzen zum Gegenschlag an.

Deutlich Luft nach oben
Die „Sensation“ hält nicht, was sie verspricht. Die ersten Kapitel stellen einen interessanten Einstieg in die Handlung und in die Welt dar und machen neugierig auf das, was die Orgel-Brüder erschufen. Das Magiesystem wirkt interessant und kreativ, Potenzial für Konflikte ist da. Allein schon der religiöse Aspekt eröffnet dabei allerhand Möglichkeiten. Das eindeutig weltlich veranlagte Berun hat den Glauben an die alten Götter abgeschafft und das Wirken von Magie als abnormal eingestuft. Freilich stößt das vor allem unter den eroberten Völkern auf Widerwillen, die dadurch durch den Usurpator ihre eigene Kultur bedroht sehen.

Dennoch bleibt der Roman hinter seinen Möglichkeiten zurück. Nicht zuletzt die namensgebenden Blausteine kommen dabei zu kurz. Magie spielt nur eine nebengeordnete Rolle, sodass der Leser lediglich einen oberflächlichen Eindruck von ihrer Wirkungsweise und ihren Möglichkeiten erfährt. Nach einem interessanten Einstieg flacht die Handlung ab und dümpelt gemächlich vor sich hin. Erst gegen Ende hin steigert sich die Spannung wieder. Die Handlung wird mit einem interessanten Cliffhanger abgeschlossen, der durchaus neugierig auf den Folgeband macht und hoffen lässt, dass sich Teil 2 als spannender erweist.

Peinlicherweise lassen sich auch einige formale Fehler ausmachen. So wechselt in den ersten Kapiteln die Anrede des sonst üblichen „Ihr“ ohne erkennbaren Grund auf das „Sie“. An anderer Stelle werden Wälder südlich der Stadt Tiburone erwähnt, obwohl die Karte dort nur Meer ausweist.

Fazit
Die Blausteinkriege sind leichte, nicht gerade anspruchsvolle Kost. Wer nicht allzu viel von diesem Roman erwartet, wird abends beim Einschlafen gute Unterhaltung finden. Ansonsten hat er wenig verpasst. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Folgebände zeigen.

T.S. Orgel, Das Erbe von Berun (Die Blausteinkriege #1)
Heyne, 2015
Online bestellen: https://www.buchhandel.de/buch/Die-Blausteinkriege-1-Das-Erbe-von-Berun-9783453316881
Autorin der Rezension: Maria Schönberg

Rezension: Jan Guillou, Die Brückenbauer

Knapp 800 Seiten entführen den Leser nach Norwegen, Deutschland und Afrika zu Anfang des 20. Jahrhunderts.

Drei Brüder, Fischersöhne einer westnorwegischen Insel, erleiden das gleiche Schicksal wie so viele von ihnen: Ihr Vater kommt beim Fischfang ums Leben. Da sie überdurchschnittlich intelligent und handwerklich begabt sind, nimmt sich eine Stiftung ihrer an. Sie kommen über Umwege an das renommierte Polytechnikum in Dresden, um zu den besten Ingenieuren des Landes ausgebildet zu werden. Die Brüder verpflichten sich, die Ausbildungssumme durch ihre Arbeit und Expertise zurückzuzahlen und nach Beendigung des Studiums nach Norwegen zurückzukehren. Dort sollen sie die „unmögliche Brücke“ über die Herdangervidda, die höchste und unwirtlichste Hochebene Europas, bauen.

Quelle: www.randomhouse.de
Quelle: www.randomhouse.de

Anders als geplant
Natürlich sind auch Ingenieurstudenten nicht gegen Liebe gefeit. Einer der Brüder flieht nach einem Liebesdebakel nach Deutsch-Ostafrika, der andere folgt seiner verbotenen Liebe nach England. So bleibt die Last der Rückzahlung auf dem ältesten Sohn hängen, der sich in die Pflicht fügt. Auch er kämpft um seine Liebe und will durch seine Arbeit dem voreingenommenen reichen Vater seiner deutschen Freundin beweisen, dass er für sie sorgen kann. Von hier an teilt sich der Roman in zwei Handlungsstränge – dem Bruder in England ist der zweite Teil der Trilogie gewidmet – und nimmt den Leser mit in die eisigen Höhen Norwegens und die heiße Wildnis Deutsch-Ostafrikas.

Reizvoller Wechsel
Diese Gegensätze in Natur und Menschen, die Parallele des Eisenbahnbaus – denn der mittlere Bruder ist am Bau der Tanganjikabahn beteiligt – und der Hintergrund des vibrierenden neuen Jahrhunderts mit all seinen technischen Möglichkeiten zieht den Leser in den Lesefluss hinein. Der Einfluss, den der technische Wandel auf die Gesellschaft und die Stellung der Frauen hat, die scheinbar unbekümmerte Zeit, in der alles möglich ist, wenn man es nur will, werden von Guillou in beeindruckenden Bildern beschrieben. Kleiner Clou: Sein Großvater und dessen Brüder haben 1901 das Technikum in Dresden abgeschlossen. Guillou hat die Rede des damaligen Dekans fast 1:1 in seinem Roman übernommen. Diese Verknüpfung von familiärem Hintergrund und Fantasie in historischem Rahmen hat einen großen Reiz. Doch was der Leser im Gegensatz zu den jungen und ungestümen Protagonisten weiß: Europa befindet sich am Rande des ersten Weltkrieges und Freunde werden bald zu Feinden…

Längen und Klischees
Ab diesem Zeitpunkt schwächelt das Buch dann auch. Generell beschreibt Guillou vieles sehr detailliert, aber gerade im letzten Drittel wird es extrem. Anfangs ist es noch interessant zu sehen, wie sich der beginnende Krieg auf die beiden Brüder auswirkt. Doch gerade der in Afrika spielende Teil greift arg tief in die Klischeekiste der Kolonialzeit. Das vorläufige Ende, als sich beide Brüder nach langer Zeit wieder begegnen, ist merkwürdig ungerührt und steif.

Mein Fazit
Die Brückenbauer ist der erste Teil einer Trilogie und lässt sich gefällig lesen. Er bietet interessante und auch mitreißende Einblicke in Brückenbau unter extremen Bedingungen vor dem Hintergrund des beginnenden 20. Jahrhunderts. Die Themen Familie, Verpflichtungen, Liebe, Historie und großartige Landschaften sind Garanten für ein unterhaltsames Buch. Die Charaktere sind ansprechend gestaltet, die Protagonisten bleiben allerdings oft merkwürdig flach und neutral. Im letzten Drittel habe ich häufiger quergelesen, da die detaillierten Beschreibungen strategischer Kriegskünste in diesem Rahmen einfach zu langweilig wurden. So wirkt auch das gesamte Ende etwas hastig zusammengestrickt. Alles in allem aber ein empfehlenswertes Buch für ein verregnetes Wochenende.

Jan Gulliou, Die Brückenbauer
Heyne Verlag, 2012
Online bestellen: https://www.buchhandel.de/buch/Die-Brueckenbauer-9783453268258
Autorin dieser Rezension: Dorothee Bluhm
www.wortparade.de