Rezension: Naomi Wood, Als Hemingway mich liebte. Oder: Niemals ohne Frau

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Was hatte er an  sich, dieser Hemingway, dass jede dieser interessanten Frauen sich seinem Leben so unterwarf? Das Buch ist keine Biografie, eine Erzählung vielmehr, angelehnt an das Leben Hemingways und das seiner vier Ehefrauen, einiger Freunde und Freundinnen. Ich mag seinen Stil und erwünschte mir eine unterhaltsame Klärung der Frage, was ihn zu einem solchen Menschen machte. Vielleicht hätte ich das Buch lediglich als das nehmen sollen, was es ja letztlich ist: einen Roman. Fiktion. Angelehnt an einige Personen, deren Namen einem vertraut erscheinen. War Hadley wirklich so naiv, so duldsam und schlicht?  War Fifi so glamourös, so begierig und enttäuscht? Martha Gellhorn, war sie so anders als ich sie mir immer vorgestellt habe, tatsächlich so oberflächlich? Und warum hat Mary überhaupt keinen Eindruck bei mir hinterlassen?

Es mag an der Geschichte liegen, es mag an der Realität liegen. Richtig warm geworden bin ich mit keiner von  ihnen, sie verblassen schnell in meiner Erinnerung. Hemingway selbst war so blass in der Geschichte, dass er zwar der Punkt war, der alle Frauen zusammefügte, mehr aber auch nicht. Die 366 Seiten waren mühselig, das Buch brachte ich oftmals ungelesen wieder mit nach Hause, was das Lesen dort dann nicht einfacher machte.

Die Geschichte um Hemingway wird in vielen Rückblicken erzählt, häufig musste ich zurückblättern, um sicher zu gehen, in welchem Jahr wir uns gerade befanden, zusammengefügt wurde die Geschichte zudem aus den jeweiligen Perspektiven der Frauen, so dass sich auch dadurch Wiederholungen ergaben, nur die Perspektive änderte sich. Das Lesen gestaltete sich dadurch  zäh, ein wenig mehr Erzählfluss hätte der Geschichte gut getan. So kam ich mir teilweise wie in einer mittelmäßigen Seminararbei vor, die Fakten ordentlich zusammengestellt, Aufbau und Darstellung aber unterdurchschnittlich. Immerhin habe ich die zeitliche Abfolge  der Lebensgeschichte letztlich doch verinnerlicht und einen Eindruck über ein unstetes Leben gewonnen. Sonderlich sympathisch ist mir Hemingway nun nicht mehr, zu Martha Gellhorn habe ich eine Biografie herausgekramt und insgesamt betrachtet hätte ich etwas anderes lesen sollen.

Naomi Wood, Als Hemingway mich liebte
In der Übersetzung von Gerlinde Schermer-Rauwolf und Robert A. Weiß
Hoffmann und Campe, 2016

Vielen Dank für die Leseeindrücke an Milagro!

Rezension: Antoine Laurain, Der Hut des Präsidenten. Wie eine Kopfbedeckung das Leben verändern kann.

Der französische Autor Antoine Laurain nimmt den Leser mit auf eine Zeitreise ins Frankreich des Jahres 1986. Er schildert die Träume verschiedener Menschen und wie sie durch scheinbar wundersame Begebenheiten wahr werden können.

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Wie ein Abendessen das Leben verändert
Eine der tragenden Figuren der Geschichte ist der unscheinbare Buchhalter Daniel Mercier. Er träumt davon, selbst Chef zu werden, jedoch mangelt es ihm an dem nötigen Selbstbewusstsein für eine Karriere. Das ändert sich schlagartig, als er sich zu einem spontanen Abendessen in einer vornehmen Brasserie entschließt. Denn plötzlich setzt sich Präsident François Mitterrand, von dem Daniel Mercier äußerst fasziniert ist, mit zwei Begleitern an den Nebentisch. Der Präsident vergisst jedoch nach dem Essen seinen Hut, den Daniel Mercier kurzerhand an sich nimmt – und schon bald soll sich Leben schlagartig ändern: Allein das Wissen, dass er den Hut des Präsidenten trägt, gibt Daniel Mercier Selbstbewusstsein und Zuversicht. Doch der Hut bleibt nicht in seinem Besitz. Wie von Zauberhand geführt, wechselt der Hut seine Träger in rascher Folge und zeigt immer dieselbe Wirkung: Das Leben der jeweiligen Besitzer ändert sich radikal zum Besseren.

Eine charmante Erzählung
Es gelingt Antoine Laurain, nicht zuletzt dank seiner knappen und dennoch präzisen Erzählweise, die Schicksale von fünf Menschen zu einer kurzweiligen Geschichte zu verweben. Ich habe mich in so manchem Charakter und dessen rascher Verhaltensänderung wiedererkannt. Der eigentliche Held der Geschichte ist der rote Filzhut des Präsidenten, um den Antoine Laurain den roten Handlungsfaden webt. Dass der Autor gegen Ende der Erzählung noch einen Bogen über alle handelnden Charaktere spannt, rundet die Geschichte gelungen ab.

Mein Fazit
Antoine Laurain ist ein kurzweiliges Buch gelungen, in das sich der Leser schnell hinein findet. Vor allem Liebhaber des französischen Charmes in Erzählungen dürften ihre wahre Freude haben.

Antoine Laurain, Der Hut des Präsidenten
Aus dem Französischen übersetzt von Claudia Kalscheuer
Hoffmann und Campe, Hamburg 2016
Online bestellen: https://www.buchhandel.de/buch/Der-Hut-des-Praesidenten-9783455650228
Autor der Rezension: Harry Pfliegl