Rezension: Karl Ove Knausgård, Leben

Mancher Leser ist von den ersten Seiten des Romans vielleicht gelangweilt, doch andere sind von der ersten Seite an gefesselt. In „Leben“, dem vierten Teil seines autobiographischen Projekts, schildert der Autor die Zeit Mitte der 1980er Jahre, als er in einen neuen Lebensabschnitt startete.

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Darum geht es im Leben
Nachdem Karl Ove Knausgård mit 18 das Gymnasium abgeschlossen hatte, ging er zunächst mit großen Plänen in den Norden Norwegens. Dort wollte er Schriftsteller werden, sich dem Alkohol und Sex hingeben und vor allem geregelte Arbeit vermeiden. Doch sobald der Protagonist seine Stelle angetreten hat, springt der Autor auch schon in die Vergangenheit. Der Leser erfährt von den Besäufnissen des Protagonisten, welche Musik er am liebsten gehört und welche Bücher er am liebsten gelesen hat. Der Autor erzählt sein Leben also nahezu lückenlos nach. Überstrahlt wird die Geschichte von der großen Frage nach der Zukunft und dem Verhältnis des Protagonisten zu seinem Vater.

Chronologie? Unnötig!
Zwar schildert Karl Ove  Knausgård den Kampf seines Lebens, allerdings alles andere als chronologisch. Er springt zwischen den Zeiten, wie eben gerade die Erinnerungen kommen. Damit dürfte sich „Leben“ eher als Entwicklungsroman einordnen lassen, in dem ein junger Mensch versucht, seinen Platz im Leben zu finden. Dabei ist das Ziel für den Protagonisten klar: Er ist nicht in den Norden des Landes gereist, um Menschen kennenzulernen oder Erfahrungen zu machen, sondern um Ruhe zu finden. Zudem erzählt der Autor in seiner bekannt schmucklosen Weise vom Umgang mit den Schülern, die nur wenig jünger sind als er, und deren Selbstfindungsprozess. Zwar wirkt dieser Stil oft ausufernd, jedoch meist auch gnadenlos ehrlich. Es scheint, als hätte er die Reise in den Norden nur angetreten, um sich des Vaters zu entledigen. Jedoch kehrt er später zu ihm zurück, als er aus dessen Notizen zitiert.

Mein Fazit
Karl Ove Knausgård erzählt die bewegende Geschichte eines jungen Menschen, der sich von seinem zunehmend alkoholsüchtigen Vater abnabeln möchte. Er meistert dies auf eine äußerst unaufgeregte Weise und schildert in erster Linie die tatsächliche oder fiktive Realität. Wer den Stil und fiktional erzählte Realität mag, wird „Leben“ lieben.

Karl Ove Knausgård, Leben
Luchterhand, 2014
Online bestellen: https://www.buchhandel.de/buch/Leben-9783630874135
Autor der Rezension: Harry Pfliegl