Die Autorin stellt den Lebensweg einiger Menschen aus Teheran vor. Sie stellt ihre Stadt vor und die geschichtlichen Hintergründe. Viele Geschichten sind wahr, manche aus verschiedenen lebenden Charakteren zusammengesetzt, die aber verfremdet wurden.
Fee meint
Als westliche Frau bin ich total geschockt. Was für Verbote im Iran, und dazu noch die Todesstrafe! Ich hatte so viel Mitleid mit den Menschen, und es fiel mir sehr schwer, das Buch zu lesen. Tatsächlich gab es „Happy Ends“, die ich aber nie so vorhergesehen hätte. Überall Sex und Prostitution – ja, in dieser Stadt würde ich auch zur Lügnerin, denn es gibt keine andere Chance, dort zu überleben! Wieder einmal zeigt sich, dass man auf keinen Fall als Frau geboren werden sollte. Trotzdem kann ich verstehen, dass manche Menschen das pulsierende Teheran nicht verlassen wollen, weil ihnen zum Beispiel London mit den doch etwas steifen und weniger herzlichen Engländern auf Dauer nicht gefiele. Der faszinierendste Charakter war für mich Pari. Aber um nichts in der Welt hätte ich mit ihr tauschen wollen!
… und das FeenFazit
Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich froh, dass ich in Deutschland als Christin geboren wurde, auch wenn ich nicht wirklich gläubig bin. Ich kann hier nur eine stille Leseempfehlung geben und keinerlei Kritik äußern. Ich bin einfach sprachlos und geschockt.
Ramita Navai, Stadt der Lügen
Kein & Aber, 2016
Danke für die Leseeindrücke an „Lesezeichenfee“ Sylvia F. Wagner
Ekzem Homo ist ein Buch mit Bühnentexten, vielen Musikstücken samt Text und Noten. Bissig satirisch werden Nachbarn, Feuerwehr, Reiche und andere Mitbürger kritisch beäugt und bitterböse kommentiert. Wie schlimm muss es doch für die Frau im Pelz sein, wenn sie nach dem Pelzkauf nur noch ein paar tausend Euro im Monat für ihren Lebensunterhalt zur Verfügung hat…
Insgesamt leider ein Buch, mit dem ich nicht wirklich warm wurde. Es ist aber eine Empfehlung für Menschen, die Kabarett, Politik und Satire mit musikalischer Würze lieben. Hauptinteressenten dürften Leser sein, die mit dem Bühnenwerk der Truppe vertraut sind.
Gerhard Polt & die Well Brüder, Ekzem Homo
Kein & Aber, 2016
Eine Kurzkritik von „Lesezeichenfee“ Sylvia F. Wagner
Der Autor Chris Nolde hat in Bonn und Berlin u.a. Literatur und Philosophie studiert. In seinem Roman „Eigentlich ist mein Leben gar nicht so übel“ beschreibt er auf humorvolle Weise das Leben eines Schriftstellers in Berlin.
Der Inhalt
Max Baum ist Autor und Lebenskünstler, wohnt in Berlin und tritt seinen Problemen mit Witz und Ironie entgegen. Davon hat er genug. Mit seiner Art zu leben und seinen Panikattacken kann er keine Frau halten. Mit seinem veröffentlichten Roman hat er den Hass seiner Leser provoziert und muss täglich mit Beschimpfungen und Bedrohungen leben. Das Schreiben des nächsten Romans fällt schwer. Er verliert seine Arbeit. Doch dann begegnet er Emma, die seinen Humor nicht versteht und Max den Kopf verdreht. Kann er sich selbst treu bleiben ohne Emma zu vergraulen?
Meine Beurteilung
Der Leser begleitet den Schriftsteller Max ein Jahr lang auf seinem Lebensweg und bei der Entstehung seines neuen Romans. Zu Beginn hatte ich Schwierigkeiten, den Protagonisten sympathisch zu finden. Doch im Laufe des Romans verstand ich ihn immer besser und erkannte sogar einige seiner Eigenschaften in mir wieder.
Chris Nolde versteht es, seine Leser einerseits mit seiner humorvollen Geschichte zu amüsieren, andererseits zum Überdenken des eigenen Lebens anzuregen. Dieser Tiefgang ist zu Beginn der Geschichte noch nicht ersichtlich, nimmt jedoch in dessen Verlauf stetig zu. Auch das Verständnis für Max wächst, der trotz aller Widrigkeiten an seinem Lebenstraum, als Schriftsteller zu leben, festhält.
Die Figuren sind liebevoll gezeichnet, manchmal vielleicht etwas überzeichnet, wie beispielsweise der Verleger, der Bauchkrämpfe bekommt, wenn er die neuen Texte von Max liest. Doch dies ist der Situationskomik geschuldet und daher verzeihbar. Sehr gelungen fand ich die Ausdrucksweise, Metaphern und Beschreibungen, durch die sich der Roman sehr flüssig liest und der Geschichte Leben einhaucht.
Offen bleibt, was Max Baums Erstling so schrecklich macht, dass er nicht nur beschimpft, sondern auch bedroht wird. Ebenso vermisse ich die Entwicklung des Protagonisten, der am Ende noch immer seinen Lebenstraum lebt, ohne sich den Anforderungen seiner Familie und der Gesellschaft zu beugen. Doch gerade dadurch erhält der Roman seine tiefere Bedeutung, durch die man über sein Leben und seine Träume nachdenkt.
Mein Fazit
„Eigentlich ist mein Leben gar nicht so übel“ ist eine humorvolle Geschichte über das Schreiben, die Liebe und das Leben in Berlin. Empfehlenswert für Leser, die Humor und Geschichten über das Schreiben mögen.
Vordergründig erzählt Robert Seethaler in „Der Trafikant“ die Geschichte der Freundschaft zwischen dem 17jährigen Franz Huchel und dem mehr als 60 Jahre älteren „Deppendoktor“ Sigmund Freud. Doch es geht um mehr: Der Wiener Autor schildert das Wien der 1930er Jahre und den erschreckenden gesellschaftlichen Wandel nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten.
Die Handlung
Als während eines Gewitters der Großgrundbesitzer Alois Preininger vom Blitz erschlagen wird, ändert sich das Leben des 17jährigen Franz Huchel radikal: Preininger war der Liebhaber seiner Mutter und unterstützte diese finanziell, nachdem der Vater ihres Sohnes bereits kurz vor der Geburt gestorben war. Deshalb schickt die Mutter ihren Sohn nach Wien zur Ausbildung beim Trafikanten Otto Trsnjek, weil dieser ihr noch einen Gefallen schuldet.
Otto Trsnjek, ein Kriegsversehrter, nimmt den Jungen bei sich auf und weist ihn in die Aufgaben eines Trafikanten ein. Vor allem legt er Franz nahe, sorgfältig die Zeitungen zu lesen, weil er über ihren Inhalt ebenso gut Bescheid wissen müsse wie über die Tabakwaren.
Eines Tages kauft Sigmund Freud eine Zeitung und Zigarren, vergisst jedoch seinen Hut. Franz läuft ihm deshalb nach, die beiden kommen ins Gespräch und im weiteren Verlauf entwickelt sich eine Art Freundschaft zwischen den beiden Männern. Das Leben aller Beteiligten nimmt schließlich eine tragische Wende, als die Nationalsozialisten die Macht über Österreich übernehmen: Otto wird von der Gestapo abgeholt, Freud muss nach London emigrieren und Franz die Geschäftsführung der Trafik übernehmen.
Eine wahre Geschichte?
Robert Seethaler erzählt seine Geschichte unaufgeregt und schnörkellos. Gerade deshalb gelingt es ihm meisterhaft, den Leser in das Wien der 1930er Jahre und in die handelnden Charaktere zu versetzen. Der Leser staunt mit dem einfachen Burschen aus dem Salzkammergut, als er die Wunder der Großstadt kennenlernt und sich im Prater in eine Böhmin verliebt, die ihn jedoch nur ausnutzt. Und schließlich bekommt der Leser auch einen Eindruck davon, wie es gelungen sein könnte, dass ein totalitäres System Besitz von den Menschen und all ihren Lebensbereichen nimmt.
Robert Seethaler pflegt schwarzen Humor, wie er für viele Wiener Erzähler charakteristisch ist, und gibt seinem Werk gerade dadurch mehr Tiefe. Er erzählt eine Geschichte aus einem der düstersten Kapitel der deutschen und österreichischen Historie, die sich genauso zugetragen haben könnte. Gerade das macht den Text auch für die jüngere Generation von Lesern interessant, welche diese Epoche nur noch aus Geschichtsbüchern kennt.
Mein Fazit
Die Charakteristik „typisch wienerisch“ trifft für die Tragikomödie mit manchmal märchenhaften, oft bitterbösen Passagen, voll und ganz zu. Seethaler gelingt das Kunststück, eine Geschichte vor realem, tragischem Hintergrund charmant zu erzählen, indem er die Absurdität des Geschehens anhand einzelner Szenen vor Augen führt. Angesichts der jüngsten politischen Entwicklungen in Europa wirkt „Der Trafikant“ zugleich erschreckend aktuell.