Anne Köhler stellte bei Lehmanns ihr Buch „Ich bin gleich da“ vor. Ich hatte es bereits gelesen, ein Autorenkollege hat für dieses Blog rezensiert. Der Verlag Dumont bewirbt den Text mit dem Schwerpunkt Küche und Kochen: „Für Elsa ist Kochen viel mehr als nur ihr Beruf oder die bloße Zubereitung einer Mahlzeit. Nur in der Küche gelingt es ihr, ihre Sorgen hinter sich zu lassen. … ein Roman über die Sehnsucht nach Familie und Geborgenheit – voller atmosphärischer Koch- und Küchenszenen.“ Doch Anne Köhler selbst setzt andere Schwerpunkte – was mich nach dem Abend veranlasst, das Buch noch einmal zu lesen.
„Ich bin ein wahnsinniger Genussmensch.“ Anne Köhler gesteht es freimütig im Gespräch. „Wenn es mit dem Buch mal nicht vorwärts ging, war Kochen eine willkommene Ausrede.“ Sie habe sich lange „gegrämt“, nicht Köchin geworden zu sein. Doch nach der Recherche vor Ort in Spitzenrestaurants sei sie froh, dass Kochen privat geblieben ist, „einfach nur Entspannung und Vergnügen.“
Anne Köhlers eigene gastronomische Erfahrungen im Service und in einer Bistroküche waren letztlich nicht genug, um die Aktionen der Protagonistin Elsa in einer Sterneküche glaubhaft zu schildern. Was macht man da? Einfach bei Sterneköchen anfragen, ob man mal zusehen darf. Kolja Kleeberg war einer der ersten, der zusagte. Verdammt eng war es in der Küche, „gerade mal ein halber Quadratmeter, auf dem ich stehen konnte, ohne zu stören.“ Laut, heiß, viel Adrenalin – „es war heilsam“, sagt Anne Köhler rückblickend. Obendrauf gab’s noch eine Woche im Zwei-Sterne-Restaurant, „wo ich alle unliebsamen Tätigkeiten übernommen habe und die Jungköche freiwillig erzählten“ – so wurde die Recherche komplett. Überraschend ist Anne Köhlers Blick auf Köchin Elsa: „Sie hätte auch einen anderen Beruf ausüben können.“ Zu Beginn sei Kochen ja nicht ihre Leidenschaft gewesen, „und da war im Prinzip jeder Beruf möglich, der Kopf und Körper fordert und das Nachdenken verhindert.“
Als Anne Köhler liest, höre ich neue Glanzlichter: die Walpurgisnacht im Dorf, als wäre ich gestern dabei gewesen, das Spiegelbild eines Kindes im Wasser, das mit einem Schlag auf die Oberfläche zerstiebt – Anne Köhlers Stimmungen und ihre Stimme schmiegen sich an meine Gefühle an. Erst der kühle Abend bringt mich wieder zur Besinnung.