Rundgang zu jungen Independent-Verlagen: Klassiker, Regionales und ganz schön Mutiges

Die Kurt Wolff Stiftung, benannt nach dem legendären Verleger und Entdecker Franz Kafkas, fördert vielfältig die unabhängige Verlags- und Literaturszene. Unabhängig heißt meist klein, aber auch genauso kreativ wie in der Welt der Großen. Stefan Weidle, Mitglied im Stiftungsvorstand, führte humorvoll und schnellen Schrittes eine kleine Lesergruppe zu ausgewählten Verlagen. Hier einige kurze Einblicke:

32_zuKlampen_FJ15_Allgemein_web„Leipzig? Großartig. Hier können wir mit ganz normalen Lesern plaudern.“ Verleger Dietrich zu Klampen aus dem wunderschönen Springe am Deister , unweit von Hannover, ist gut gelaunt. Er präsentiert mit Herzblut regionale Bücher mit Hannover-Bezug, Lyrik, Krimis, Texte zu Wissenschaft und Essays. Essays? „Ja, wir halten das für eine unterschätzte Form. Und wir lieben es, gegen den Mainstream geistige Stinkbomben zu werfen.“

Meine Buchempfehlung aus dem zu Klampen Verlag:
Ingeborg Prior, Sophies Vermächtnis. Die Lebensgeschichte der Kunstsammlerin Sophie Lissitzky-Küppers, Ehefrau des Künstlers El Lissitzky (Wiederauflage). Weitere Informationen hier.

logoPeter Hammer hat es nie gegeben. Die französische Form „Pierre Marteau“ war ein Pseudonym, das kritische Schriftsteller und Drucker im ausgehenden 17. Jahrhundert als Schutz vor Verfolgung durch die Obrigkeit nutzten. Diese Tradition,  gegen den Strich gebürstet und politisch provokant, nimmt der Peter Hammer Verlag mit einem breit gefächerten Programm auf. Es reicht vom Gesamtwerk Ernesto Cardenals in deutscher Sprache über anarchistische Philosophie, afrikanische und lateinamerikanische Literatur bis zum kleinen Maulwurf. „Unsere Autoren wissen, dass sich ein kleiner Stab trotz kleinen Werbebudgets mit guten Kontakten um sie kümmert.“

TZy89BHnAndré Gstettenhofer gründete den Salis Verlag 2007 mit dem Ziel, junge Schweizer Literatur zu fördern. Inzwischen umfasst das Programm auch Autoren aus Österreich und Deutschland, die in Deutsch schreiben; Übersetzungen gibt es nicht. Verlegt wird, was am Herzen liegt, von Belletristik über Wortakrobatik bis zum Kinderbuch. Spannend: „Zehn wichtigste Ereignisse meines Lebens„, ein Langzeitprojekt im Internet.

Meine Buchempfehlung aus dem Salis Verlag:
Tilman Strasser, Hasenmeister. Weitere Informationen hier.

fruehjahr-2015Am meisten hat mich der Guggolz Verlag beeindruckt. Einzelkämpfer Sebastin Guggolz hat gerade sein zweites Programm vorgelegt. Sein Credo: „Ich glaube fest daran, dass die Verlagsbranche nicht stirbt.“ Man dürfe als kleiner Verlag nicht mit den Großen in Konkurrenz treten und müsse sein Programm in höchstens zwei Sätzen beschreiben können. Seine Sätze? „Ich veröffentliche Neuentdeckungen und Wiederentdeckungen.“ Schwerpunkte sind Ost- und Nordeuropa. Coup zum Verlagsstart: Sebastian Guggolz erwarb die Rechte für Frans Eemil Sillanpää, den bisher einzigen finnischen Nobelpreisträger für Literatur (1939). Zum Frühjahr 2015 ist das Meisterstück der färöischen Literatur der Star.

Dies ist auch meine Buchempfehlung:
Heðin Brú, Vater und Sohn unterwegs. Leseprobe und weitere Informationen hier.

Leipziger Buchmesse 2015: Die unabhängigen Verlage entern das Berliner Zimmer

Prof. Hellmuth Karasek im Berliner Zimmer 2013. Foto: Detlef M. plaisier
Prof. Hellmuth Karasek im Berliner Zimmer 2013. Foto: Detlef M. Plaisier

Das Berliner Zimmer auf der Leipziger Buchmesse ist Geschichte. Zur letzten Auflage 2014 waren unter anderem Marianne Birthler, Eva-Maria Hagen, Sigrid Löffler und Wiglaf Droste zu Gast. Roger Willemsen hielt die Laudatio auf Insa Wilke, Trägerin des Alfred-Kerr-Preises für Literaturkritik. Der freie Geist des Berliner Forums soll auch 2015 weiterleben: Die Leipziger Buchmesse wird erstmals durch das Forum „DIE UNABHÄNGIGEN“ bereichert. Es siedelt sich mit Lesepult und Lounge in Halle 5 mitten unter den unabhängigen Verlagen an.  

Dahinter steckt  ein gemeinsames Projekt der Leipziger Buchmesse mit der Kurt Wolff Stiftung. Das Programm des Forums wird mit Lesung und Diskussion an das „Berliner Zimmer“ anknüpfen und will das Potential der unabhängigen Verlage und jungen Talente einem breiten Publikum vorstellen. So hat Subkultur wieder ein Stück mehr Platz auf der Leipziger Buchmesse erobert – und lässt auch der Tradition weiter Raum: Am Messefreitag findet im Unabhängigen-Forum die Verleihung des Kurt Wolff Preises statt. Möge der Preisträger nicht abergläubisch sein: Dieser Freitag ist der 13.