Titel und Klappentext klangen mehr als interessant. Ich rechnete mit Parallelen zu meinem eigenen Leben, denn ich hatte selbst vor ein paar Jahren den großen Schritt gewagt und wanderte vorübergehend aus. Doch letztendlich gab es nur ganz wenige Gemeinsamkeiten. Ich konnte mich in Margrets Lage versetzen. Während der Mann seiner neuen Tätigkeit mit großer Begeisterung nachging, saß sie in einem tollen Haus und langweilte sich. Mir ging es ganz genau so, doch ging ich auf andere Art mit der Situation um und suchte mir schnell einen Job. Das lag sicherlich auch daran, dass ich aus voller Überzeugung diesen Weg gegangen war. Margret dagegen verspürt keine große Lust auf Afrika, sehnt sich nach dem kalten Wetter von Stockholm, vermisst ihren Liebhaber und lässt ihre ganze Wut an einem wehrlosen Dienstboten aus. Ihre Wutausbrüche hat sie immer weniger unter Kontrolle und am Ende bohrt sie dem ahnungslosen Schlangenjungen eine Stricknadel in den Oberschenkel.
Verloren in der Unabhängigkeitsbewegung Liberias
Schon bei der Ankunft in Liberia ist die Familie zerrüttet. Margret nimmt ein Geheimnis mit auf die Reise. Hektor weiß nicht nichts von ihrem Liebhaber und schon gar nichts von Margrets heimlicher Reise nach Polen. Hier ließ sie das Kind ihres Liebhabers abtreiben. Der Sohn Marten ist auf der Suche nach seinem Platz im Leben. Er vermisst seine Freundin Laura und hat einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Dieser wird ihm am Ende fast zum Verhängnis, denn er solidarisiert sich mit den Minenarbeitern, streikt und wird schließlich von den Soldaten verhaftet. Die fehlende Mutterliebe sucht er woanders und freundet sich mit dem Schlangenjungen an. Die Freundschaft festigt sich. Margret kann den Schlangenjungen nicht leiden. Sie will ihn vertreiben, denunziert ihn und attackiert ihn verbal und körperlich. Auch Hektor hat Probleme. Er kommt mit seinem Vorgesetzten nicht klar und auch die Hitze macht ihm zu schaffen. Er wagt einen Spagat zwischen Job und Familie, denn die Solidarität seines Sohnes mit den Minenarbeitern bringt ihn immer wieder in Misskredit.
Ein fragwürdiger Titel
Der Titel animiert zum Lesen. Allerdings hält er nicht wirklich, was er verspricht. Am Anfang des Buches ist die Familie noch auf der Suche nach Freiheit und Abenteuer. „…ein Schnattern und Ticken, das sie an nichts erinnerte, was sie jemals gehört hatte.“ Die erste Nacht in Liberia ist voller Spannung. Doch mit jedem Tag mehr zerbrechen die Erwartungen. Mit jeder Seite mehr werden die Familienprobleme offen gelegt. Schon bald merkt der Leser, dass Margrets Familienproblem der Grund waren, nach Afrika zu gehen und keineswegs die Liebe zur Freiheit. Margret erinnert sich schon nach wenigen Tagen daran, wie gleichgültig sie Schweden verlassen hatte: „Mit Gleichgültigkeit betrachtet Margret den Schneematsch und die Brücke über die Åstra-Inseln.“ Doch nun sehnt sie sich zurück nach dem kalten Stockholm, nach den dunklen Tagen im Winter und nach den Schneemassen, die Schweden oft schon im Oktober überziehen. Irgendwann wird allen in der Familie klar, dass sie im fernen Liberia nicht vor ihren Problemen weglaufen können.
Mein Fazit
Ich erwartete eine Familie, die nach Afrika auswandert und sich dort mit den neuen Begebenheiten vertraut machen muss. Eine Familie, die voller Erwartung und Vorfreude ist und mit Überzeugung an einem anderen Ort ganz von vorne anfängt. Zwar setzen die Agierenden sich auch mit den Ereignissen in Liberia auseinander, aber das gesamte Buch wird von Familienproblemen dominiert. Trotzdem fesselt die Spannung, und besonders Margrets Charakterzüge haben mich mitunter erstarren lassen.
Gunnar Ardelius, Die Liebe zur Freiheit hat uns hierher geführt
Karl Blessing Verlag, 2015
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Autorin der Rezension: Carina Tietz