Sie könnte problemlos große Hallen füllen wie Mario Barth. Was sie zu sagen hat, ist weit entfernt von Comedy. Gabriele Krone-Schmalz redet über Russland, ihr geliebtes Land, das sie im Herzen trägt. Und ja, ich mag sie. Nicht, weil ich ihrer Sichtweise in allen Facetten zustimme. Was ich schätze, ist ihre wohltuend differenzierte Analyse weitab von Pauschalierungen und Bashing. Nicht alle Zuhörer, die in acht Reihen vor dem Blauen Sofa stehen, sehen das so.
Russland sei mehr als ein geographischer Begriff, sagt Gabriele Krone-Schmalz. Russland müsse man empfinden, und das gelte auch jenseits des Urals. Das Verhältnis Russlands zur Ukraine sei immer speziell gewesen. „Brudervolk“ habe da einen ganz besonderen Klang. Das erfordere dann natürlich auch besonderes Finderspitzengefühl bei politischen Entscheidungen. Den Menschen in der Ukraine wäre viel erspart geblieben, so Krone-Schmalz, hätte der Westen nicht auf eine Entscheidung zur Blockzugehörigkeit gedrängt. So sei eine Vorbildfunktion der Ukraine als Brücke zwischen Ost und West abgewürgt worden.
„Russland verstehen“ heißt der neue Titel von Gabriele Krone-Schmalz. „Ich kann nicht verstehen, warum die Mehrheit der veröffentlichten Meinung eine semantische Umwidmung des Begriffes vornimmt.“ Verstehen bedeute doch nicht automatisch auch Verständnis und damit Zustimmung für ein Handeln, sondern zunächst das Bestreben, den Gegenstand an sich zu erfassen. Nur dann könne man intelligent und angemessen handeln. Genau das sei die Grundaufgabe von Journalisten in einer Demokratie: Wer wählen dürfe, müsse auch wissen, worüber er abstimmt. Die Streitkultur in Deutschland, so beklagt Gabriele Krone-Schmalz, habe während der jüngsten Diskussion um Russland und die Ukraine arg gelitten. „Mit Propaganda kann man in allen Ländern gut umgehen. Ich wünsche mir eine zivilisiertere Diskussion in Deutschland, ohne pauschale Propagandakeule.“
Krone-Schmalz wirbt in aufgeheizten Zeiten um Verständnis. „Und selbst wenn die Gefahr besteht, dass ich mit meiner Meinung vor einen falschen Karren gespannt werde, so werde ich aus Angst doch nicht schweigen.“ Staatsmann Putin oder Teufel Putin? „Genau dieses Denken will ich nicht. Jeder Politiker ist machtorientiert, überall.“ In der ersten Amtszeit Putins seien viele Signale von Russland aus gesendet worden, die der Westen nicht wahrgenommen habe.“ So haben viele Russen jetzt den Eindruck, der Westen wolle sie einfach nicht. „Feindbilder sind verdammt langlebig“, warnt die Russlandkennerin. „Und alle wollen doch Frieden“.
Ob sie Angela Merkel einen Rat für ihren nächsten Besuch bei Putin geben wolle? Gabriele Krone-Schmalz souverän: „Sie können sicher sein, dass ich das hier nicht sage.“
Ein Besucher vor mir schüttelt mehrfach den Kopf. Ich frage ihn, warum. Es habe nach dem Zusammenbruch der UdSSR sehr wohl viele Versuche gegeben, Russland in den westlichen Einflussbereich einzubinden. Russland habe sich jedoch dagegen gesperrt, weil es die Rolle als gleichberechtigter Partner nicht akzeptieren wollte und dem Land eine Führungsrolle vom Westen abgeschlagen wurde.
Foto Gabriele Krone-Schmalz: Detlef M. Plaisier