Premiere in Ostfriesland: 100 Zuhörer in Westrhauderfehn zur Lesung aus „Bubis Kinnertied“

Nach der Lesung im Fehn- und Schiffahrtsmuseum: Entspannt mit Acabus-Verleger Björn Bedey, der aus Schleswig-Holstein angereist war. Foto: Sandra Gräfenstein

Nach fünf Lesungen rund um die Buchmesse in Leipzig stand mir gestern die Feuertaufe in Ostfriesland bevor: Der Heimatverein Overledingerland hatte zum turnusmäßigen Klönabend in das Fehn- und Schiffahrtsmuseum Westrhauderfehn geladen. Programmpunkte: Lesung aus „Bubis Kinnertied“, Teetied, der Lesung zweiter Teil und gemeinsames Singen von „Kein schöner Land in dieser Zeit“ auf Plattdeutsch. Es ist ein großes Kompliment für mich, dass dieser Klönabend der bestbesuchte in der Saison war. Rund 100 Zuhörer wollten Auszüge aus der Biografie meines Vaters hören, der Saal reichte nicht aus, eine Verbindungstür wurde zusätzlich geöffnet.

Wie bei allen meinen Lesungen, hatte ich die Textauszüge individuell auf das Publikum abgestellt. Es gab ein Wiedersehen mit vertrauten Personen und Orten aus der Vergangenheit des Fehns. Die älteren Zuhörer kommentierten dies mit Raunen oder Zustimmung: Ja, den kenn ich auch noch…. Ein wirklicher Heimatabend, gar nicht kitschig oder gar spießig, und selbst das schwierige Thema Emslandlager und Kriegsenkel wurde offen aufgenommen. Nach der Lesung kamen Zuhörer zu mir und berichteten aus ihrer Familie. Das hatte ich schon in Leipzig erlebt: Ich berühre Menschen, und sie öffnen sich für mich. Kann es für einen Autor größere Erfüllung geben?

Danke an alle. Ich bin endgültig angekommen.

Heute heißt es KippKappKögel

Kinder laufen mit ihren selbst gebastelten Laternen von Tür zu Tür, singen und bekommen als Belohnung kleine Gaben wie Süßigkeiten und Obst. Es bleibt zu hoffen, dass diese Tradition in Ostfriesland noch lange erhalten bleibt.

Hier, in Surwold, hat heute niemand geklingelt und gesungen. Aber ist das verwunderlich, wenn abends um sechs an der gesamten Straße die Laternen gelöscht werden und die Jalousien unten sind? Versprochen: Nächstes Jahr komme ich nach Westrhauderfehn und verteile an die fleißigen Sänger!

Aber Moment mal …. Morgen ist doch erst Martinstag! Die Erklärung ist einfach: Luther wurde am 10. November 1483 geboren und am folgenden Martinstag, dem 11. November, getauft. Während das evangelische Martinisingen in Ostfriesland am 10. November auf Martin Luther zurückgeht, ist das katholische Martinssingen am 11. November der Festtag des Heiligen Martin von Tours.

Auch mein Vater hat in seinem Buch über Kipp Kapp Kögel geschrieben:

„Fast überall hatte es sich eingebürgert, zu jeder Zeit im Monat November Umzüge mit erleuchteten Laternen zu veranstalten und bereits ab dem 9. November von Haus zu Haus zu ziehen und um Gaben zu bitten. Wir hielten uns streng an den Religionskalender. Zu Ehren des großen evangelischen Reformators Martin Luther wurde alljährlich an seinem Geburtstag, dem 11. November , die Laterne angezündet. Die Kinder der Nachbarschaft trafen sich, um in einem wohlgeordneten Umzug dem großen Reformator ihre Reverenz zu erweisen. Es ging von Haustür zu Haustür, wobei kein Nachbar ausgelassen wurde. Wer keinen Besuch von den Martinisingern erhielt, fühlte sich übergangen.

„Martinus Luther war ein Christ, ein glaubensstarker Mann
Weil heute sein Geburtstag ist, zünd‘ ich mein Lichtlein an…“

Klopften wir woanders als bei Nachbarn oder Verwandten an, dann wurde dieses einfache Lied auf Platt gesungen:

„Kipp Kapp Kögel, ich bün mien Mamas Vögel
Ick bün mien Mamas lütje Maid, de mit Kipp Kapp Kögel geiht…“

Nach dem Singen bekamen die Kinder Obst und Süßigkeiten. Das Obst kam meistens aus dem eigenen Garten. Es waren in der Hauptsache Äpfel und Birnen. Um all die leckeren Sachen unbeschadet nach Hause zu transportieren, hatte jeder Sänger eine Tasche aus Leinen bei sich.

Schon Tage vor dem Martinsfest wurde an der Herstellung der Laternen gewerkelt. Ich habe immer eine ausgehöhlte Runkelrübe, in deren Schale ein Gesicht mit Mund, Nase und Augen eingeritzt war, stolz voran getragen. Durch eine obere Öffnung konnte eine Kerze aus Wachs in das Innere der Rübenlaterne eingebracht werden…“

Danke für das Foto an Christa Stumpe.

Bubis Kinnertied steht auf der Website beim Acabus Verlag

Das Paperback, etwa 400 Seiten stark, wird zum Preis von € 15,90 voraussichtlich ab Februar 2017 lieferbar sein. Unter der ISBN 978-3-86282-470-0 kann „Bubis Kinnertied“ jetzt schon beim Buchhändler des Vertrauens vorbestellt werden, zum Beispiel bei Fehnbuch Inh. Helga Kruse-Lahmeyer in Westrhauderfehn. Aber wir sehen uns doch auf einer meiner Lesungen, oder? Für die Leipziger Buchmesse 2017 wird es voraussichtlich vier Lesungen geben. Die Termine gebe ich rechtzeitig hier bekannt.

Und damit der Tag schön rund wird, habe ich heute den ersten Covervorschlag bekommen. Zwei kleine Änderungen besprochen – und schon weiß ich, wie „Bubis Kinnertied“ in den Auslagen aussehen wird! Ein toller Tag!

http://www.acabus-verlag.de/autoren_31/plaisier-detlef-m_1130.htm

Bald ist Fehntjer Herbstmarkt

In drei Wochen ist es wieder soweit: Dann steigt vom 23. bis 25. September der Fehntjer Herbstmarkt auf dem Markt von Westrhauderfehn. Da bin ich gerade zwei Tage in mein neues Zuhause eingezogen. Für alle, die das bunte Treiben nicht erwarten können, hier ein kleiner Vorgeschmack: Das Foto zeigt „Meyers Karussell“, wahrscheinlich im Jahr 1932, als der Antrieb vom „Zugtier Pferd“ auf Traktor umgestellt wurde.
Danke an Heinz J. Giermanns für das Foto aus seiner Sammlung.

Ein Texthäppchen für die Westerfehntjer

Zum Sonntag gibt’s heute ein Texthäppchen für alle, die Westrhauderfehn kennen oder dort wohnen:

„An der anderen Wiekenseite, etwas in Richtung Untenende versetzt, wohnte unser Schneidermeister. Er hatte dort auch seine Schneiderwerkstatt. Sein Name war Ecken. Er kümmerte sich um Neuanfertigungen und Änderungen großen Stils. Reparaturen des täglichen Lebens, wie etwa das Aufsetzen eines Flickens oder das Kürzen einer Hose, erledigte meine Mutter selbst. Sie setzte für solche Näharbeiten ihre Nähmaschine der Marke Singer in Gang. Die Inbetriebnahme erfolgte durch Treten auf dem unten befindlichen Tritt. Die so erzeugte Kraft wurde mittels eines Keilreimens nach oben übertragen und setzte die eigentliche Nähmaschine in Gang. Meine Mutter achtete darauf, dass ihre Füße bei dieser Arbeit immer mit Strümpfen bekleidet waren…

Nicht weit von Schneidermeister Ecken entfernt war zur damaligen Zeit noch ein #Kolonialwarengeschäft in Betrieb. Hier wurden allerlei Gebrauchsgegenstände und der Bezeichnung des Ladens entsprechend Waren aus den Kolonien feilgeboten. Ich wurde auch schon zum Einkaufen geschickt. Bei dem Böskop-Loopen kaufte ich zum Beispiel Margarine der Marke „Schwan im Blauband“. Waren Waschmittel fällig, so holte ich IMI, Ata und Persil sowie das Bleichmittel SIl für meine Mutter. Waren für meinen Vater oder meine Brüder Rasierklingen gefragt, so kam nur die Marke Rotbart Be-Be infrage.

Geraucht wurde bei uns nicht. Zumindest habe ich es nicht wahrgenommen. Von den Nachbarn und den größeren Jungs konnte ich bei Gesprächen ablauschen, dass sie die Marke Salem bevorzugten. Es war eine Zigarette mit goldenem Mundstück. Der Rauch, der mir in die Nase stieg, war süßlich. Es muss mit dieser Marke etwas Besonderes auf sich gehabt haben, denn man sang sogar ein Lied von dieser Reemtsma-Sorte:

Hallo MacBrown, was macht Ihr Harem?
Tanzt man noch Swing, raucht man noch Salem?…“

Was essen wir an Heiligabend?

Morgen ist Heiligabend. Da geht es wieder um die Frage: Was essen wir? Viele bevorzugen Kartoffelsalat mit Würstchen und essen erst die beiden folgenden Tage Fleisch. So auch die Familie aus der Weihnachtsgeschichte, die von Christa Stumpe in Plattdeutsch verfasst wurde. Einige von euch kennen Christa aus dem Bürgerbüro in Westrhauderfehn und als Plattdeutsch-Beauftragte. Danke für das Lächeln, Christa!

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern frohe, ruhige und gesegnete Festtage!

„Eeen, twee, dree is ’t al weer Wiehnachten, wo de Tied docht henflügggt”, Anna kricht Tassen up Tafel. „In de Ladens stahnt de Weihnachtsmannen al lang weer up de Boorden un wachten. Un waar wi nett bi Wiehnachten bünd, wat will wi denn dit Jahr to Heilig Avend eten, wat meenst du, Vader?” De Ogen van Hein, de al dicht wassen, gahnt en Gliev weer open. Hein brummt: „Tuffelsalat mit Würstchen!” „Och nee, dat harr wi vergangen Jahr.” „En Haas?” „Nee, de is mi nich so good bekomen un mit al de Schrootkugels daar in, dat was mi gaar nix to.” „Denn maak Rolladen un nu laat mi slapen!”

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https://www.dropbox.com/s/xzono0wkoksromf/Tuffelsalat%20mit%20W%C3%BCrstchen%20Christa%20Stumpe.docx?dl=0